Wahlen im Osten: Ein Gewitter zieht auf!

  11 Auqust 2019    Gelesen: 694
  Wahlen im Osten: Ein Gewitter zieht auf!

In drei Wochen finden in Sachsen und Brandenburg Wahlen statt, zwei Monate später in Thüringen. Und es zeichnet sich ab: Der Urnengang wird zu einem politischen Gewitter, dessen Auswirkungen in ganz Deutschland zu spüren sein werden. Viele Parteien schienen das bisher zu ignorieren, doch im Osten startet nun ein gefährliches Donnerwetter.

Der Countdown läuft. Nur noch drei Wochen, bis rund drei Millionen Wahlberechtigte in Brandenburg zur Wahlurne gerufen werden, in Sachsen sind es zeitgleich gut drei Millionen Wahlberechtigte. Alles in allem eigentlich eine überschaubare Zahl, wenn man bedenkt, dass Deutschland insgesamt über 60 Millionen wahlberechtigte Bürger verfügt. Die rund 1,7 Millionen Thüringer, die nur kurz danach ebenfalls zur Wahl aufgerufen werden, verändern das Verhältnis wenig. Und dennoch – so die Prognose – werden diese drei Landtagswahlen verheerend auch für die politische Landschaft in der übrigen Republik sein.

Trübe Aussichten in Sachsen

Blicken wir zunächst nach Sachsen. Hier tritt Ministerpräsident Michael Kretschmer erstmals als Spitzenkandidat zu einer Landtagswahl an, denn sein Vorgänger Stanislaw Tillich hatte 2017 nach der vergangenen Bundestagswahl und miserablen Werten der CDU im Freistaat vorzeitig das Handtuch geworfen. Wie im Bund regiert in Sachsen eine schwarz-rote GroKo und wie im Bund wird das nicht mehr lange der Fall sein. Mit Glück kann sich die CDU eventuell noch als stärkste Kraft halten, doch die Sozialdemokraten werden vermutlich unter zehn Prozent landen.

Farbenspiele…

Großer Gewinner dürfte im Freistaat die AfD sein, die der CDU in Umfragen nur knapp auf den Versen ist. Die Grünen können zwar ein zweistelliges Ergebnis erwarten, von dem Höhenflug auf Bundesebene sind sie aber weit entfernt. Doch nach der Wahl wird sich die Frage stellen: Und nun? Wer will mit wem regieren? Schwarz-Rot? Keine Chance auf Mehrheit. Grün-rot-rot? Das reicht nicht. Schwarz-rot-grün? Schwer vorstellbar. Schwarz-grün-gelb? Reicht wohl auch nicht. Bliebe eine schwarz-blaue Koalition aus CDU und AfD. Doch das hatte die Union auf Bundesebene eigentlich kategorisch ausgeschlossen.  

Merkel entmachtet?

Doch was, wenn Kretschmer darauf pfeift? Was, wenn er den AfD-Landesvorsitzenden Jörg Urban zu seinem Innenminister macht und die panischen Rufe aus dem Berliner Konrad-Adenauer-Haus in der sächsischen Schweiz ungehört verhallen? In diesem Fall haben genau zwei Personen ein Problem: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Denn ihre Glaubwürdigkeit und Akzeptanz innerhalb der eigenen Partei wäre vollends zerstört. Schluss. Aus. Ende. Eine Regierungsbeteiligung der AfD in Sachsen wäre außerdem das Einfallstor weiterer schwarz-blauer Kooperationen, die CDU würde ihren Ruf als „Partei der Mitte“ verlieren und damit auch Wählerstimmen. Eine kaum zu lösende und erdrückende Zwickmühle für Michael Kretschmer und seine CDU, wenn das Wahlergebnis denn so aussehen sollte.

Brandenburg am Scheideweg?

Dieses erdrückende Gefühl kennt auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Seine SPD dümpelt als Regierungspartei in Umfragen unter 20 Prozent. Die Linkspartei als Partner in der rot-roten Regierung liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Grünen knapp hinter den Sozialdemokraten. Zwar wird es für eine Fortführung von Rot-Rot nach der Wahl kaum reichen, aber zusammen mit den Grünen hätte dann eine Dreierkonstellation eine bequeme Mehrheit – wenn man sich denn einigen kann.

Zwischen Rechts und Links…

Doch auch die AfD liegt in aktuellen Erhebungen bei rund 20 Prozent, könnte mit ihrem Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz sogar stärkste Kraft werden. Wenngleich sie an einer neuen Landesregierung in Brandenburg mit Sicherheit nicht beteiligt wird – als stärkste Partei könnte sie den Landtagspräsidenten stellen, ein ebenfalls mächtiges Amt. Auch das dürfte eine große Signalwirkung in Richtung Berlin haben. Und falls Sie sich fragen: Was ist eigentlich mit der CDU in Brandenburg? Nun ja, Spitzenkandidat dort ist Ingo Senftleben, ein Verfechter von Angela Merkels Kurs in der Flüchtlingspolitik. Eine eher unpopuläre Haltung im Osten Deutschlands, und daher braucht Senftleben sich mit Sicherheit keine Hoffnungen auf den Job eines Ministerpräsidenten machen. 

Der Landesvater…

Auch darf man eines nicht vergessen: Dietmar Woidke ist in Brandenburg extrem beliebt, sein Bekanntheitsgrad liegt bei 94 Prozent. Entgegen dem Bundestrend hatte er zuletzt 31,9 Prozent für seine SPD in dem Bundesland eingefahren, vielleicht gelingt ihm dieses Kunststück erneut. In diesem Fall dürfte Woidke ein panischer Schrei aus dem Berliner Willy-Brandt-Haus erreichen: Viele Sozialdemokraten würden ihn dann garantiert gerne zum neuen Parteichef küren. Schaut man auf die Halbwertszeit dieses Postens, wäre es Woidke nicht zu wünschen.

Oh Thüringen…

Tja, und dann haben wir da noch Thüringen. Zwar wird bis zum Wahltermin am 27. Oktober noch sehr viel Wasser den Gera-Flutgraben in Erfurt entlangfließen, doch auch hier gibt es schon eine Tendenz: Die bisherige rot-rot-grüne Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow muss um eine erneute Mehrheit sehr hart kämpfen. Schuld daran ist vor allem die schwächelnde SPD, die in den Umfragen bisher nur mühsam den Sprung über zehn Prozent schafft. Die Linke liegt zwar stabil bei rund 25 Prozent, doch AfD und CDU stehen nur knapp dahinter.

Höcke-Land?

Es gilt als äußerst unwahrscheinlich, dass sich der CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring nach der Wahl zusammen mit dem Rechtsaußen angesiedelten AfD-Landeschef Björn Höcke in eine schwarz-blaue Koalition traut. Ein Bündnis zwischen Linke und CDU ist vollends ausgeschlossen. Vielleicht reicht es ja wieder für eine rot-grün-rote Regierungskoalition unter linker Führung, in aktuellen Umfragen haben aber nahezu alle denkbaren Konstellationen keine wirkliche Mehrheit.    

Wo ist Wagenknecht?

Für die Linke wäre es jedenfalls ein höchst übles Szenario, würde der in Thüringen beliebte Ramelow nicht erneut als Landesvater in die Staatskanzlei einziehen. Die Partei würde auch ihren einzigen Ministerpräsidenten bundesweit einbüßen, danach sieht es aktuell aber noch nicht aus. Wenig hilfreich dürfte jedoch der langsame Rückzug der im Osten beliebten Sahra Wagenknecht von der Fraktionsspitze im Bundestag sein. Auch die Linke muss sich – ähnlich wie CDU und SPD – nach den Wahlen dringend auf Bundesebene fragen, wie es inhaltlich und personell weitergehen soll.

Was wird? Was bleibt?

Als Fazit lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt also festhalten: Nach den drei Landtagswahlen im Osten wird es nicht nur in den betreffenden Bundesländern zu schwierigen Verhandlungen und politischen Veränderungen kommen. Es wird ein schweres politisches Gewitter geben, bei dem vor allem die Parteispitzen in Berlin als Blitzableiter fungieren werden.

Berlin in Bedrängnis?

Ob sich Merkel und Kramp-Karrenbauer weiter in Amt und Würden halten werden, hängt dabei von zwei wichtigen Fragen ab: Wird die CDU im Osten mit der AfD koalieren wollen und wird die nach den Wahlen noch weiter geschwächte SPD im Bund die Reißleine ziehen und die GroKo verlassen? Auch ist fraglich, ob die Grünen ihren bundesweit guten Trend fortführen können, wenn sie in Brandenburg, Sachsen oder Thüringen weitere politische Zugeständnisse machen, um an dortigen Regierungskoalitionen beteiligt zu werden.

Gewitter, Sturm und Stromausfall…

Die AfD jedenfalls dürfte mit einem breiten und erwartungsfrohen Grinsen auf den kommenden Herbst schauen. Vor allem der rechte Flügel um Björn Hocke und Andreas Kalbitz wird nach der Wahl sicher weiteren Einfluss innerhalb der Partei gewinnen. Und somit könnte das angekündigte Gewitter schnell zu einem bundesweiten Stromausfall führen, zumindest in der politischen Mitte. Denn diese hatte die vielen dunklen Wolken innerhalb der Bevölkerung in der Vergangenheit sträflich ignoriert. Ein Donnerwetter war überfällig, im Osten wird es nun beginnen.

sputniknews


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