Mit viel Lob für Bundeskanzlerin Angela Merkel und einem Aufruf zur stetigen Arbeit am Zusammenhalt der EU hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban im westungarischen Sopron den 30. Jahrestag der ersten Massenflucht von DDR-Bürgern gen Westen gewürdigt. Merkel und Orban trafen sich aus Anlass des Jubiläums zu einem ökumenischen Festakt in der Evangelischen Kirche der Stadt.
Merkel genieße "die Wertschätzung der ungarischen Nation", zumal sie stets für den europäischen Zusammenhalt gearbeitet habe und immerhin zum 4. Mal zur Bundeskanzlerin gewählt worden sei, sagte Orban in einer Rede nach dem Gottesdienst. Die Ungarn hätten immer gewusst, dass die eigene Befreiung von den Sowjets nur durch die deutsche Wiedervereinigung gelingen könne. Daher sei der deutsche Wiedervereinigungsgedanke seinerzeit in Ungarn mehr unterstützt worden als in Deutschland. Allerdings solle Europas Einheit nie als "vollendet" betrachtet werden. Vielmehr müsse sie "von Konflikt zu Konflikt" stets neu erschaffen werden, sagte der rechtsnationale Regierungschef mit Blick auf die deutsch-ungarischen Verstimmungen wegen der Migrationspolitik.
Merkel dankte den Ungarn daraufhin für die Unterstützung bei der Öffnung der Grenzen 1989 und bei der folgenden Deutschen Einheit. Das von der ungarischen Seite ermöglichte Paneuropäische Picknick sei zum Symbol für die großen Freiheitsbewegungen damals geworden, sagte Merkel am Montag im ungarischen Sopron bei einem Festakt zum 30-jährigen Jubiläum des historischen Tags.
Merkel mahnt zu Kompromissfähigkeit
"Aus dem Picknick wurde die größte Massenflucht aus der DDR seit dem Bau der Mauer 1961. Aus dem Picknick wurde ein Weltereignis", sagte Merkel. Mehr als 600 DDR-Bürgern war am 19. August 1989 die Flucht über die für das Picknick kurzzeitig geöffnete Grenze gelungen. Das Geschehen war der Vorbote zum Fall der Berliner Mauer im November. "Sopron ist ein Beispiel dafür, wie viel wir Europäer erreichen können, wenn wir für unsere unteilbaren Werte mutig einstehen", sagte die Bundeskanzlerin. Außerdem mahnte sie die Kompromissfähigkeit der EU-Staaten gerade in strittigen Fragen an. "Wir sollten uns stets bewusst sein, dass nationales Wohl immer auch vom europäischen Gemeinwohl abhängt."
Nach dem Festakt trafen sich Merkel und Orban beim Mittagessen im Rathaus der Stadt zu einem kurzen Gespräch. Dieses knappe Programm gilt als Zeichen dafür, wie sehr das deutsch-ungarische Verhältnis derzeit abgekühlt ist. Während Orban seit Jahren strikt gegen Zuwanderung eintritt, kritisiert Deutschland die illiberalen Tendenzen in Ungarn.
Quelle: n-tv.de
Tags: