"Johnson macht eine chaotische Politik"

  21 Auqust 2019    Gelesen: 563
"Johnson macht eine chaotische Politik"

Boris Johnson kann bei seinem Besuch bei Angela Merkel kaum auf einen neuen Brexit-Deal hoffen. An der Hängepartie übt die britische Handelskammer laut einem Bericht nun Kritik - und macht den Premier verantwortlich.

Der britische Premierminister will das Brexit-Abkommen nachverhandeln - und zugleich an der harten Frist für den EU-Austritt seines Landes am 31. Oktober festhalten. Die Britische Handelskammer in Deutschland hat Boris Johnson in dieser Lage laut einem Bericht nun eine chaotische Politik vorgeworfen.

Die Handelskammer warne eindringlich vor einem ungeregelten Brexit, meldet die Nachrichtenagentur dpa. "Die Stimmung unter den Unternehmen ist äußerst schlecht, weil alle befürchten, dass Johnson einen harten Brexit durchzieht ohne Rücksicht auf Verluste", wird der Geschäftsführer der Britischen Handelskammer (BCCG), Andreas Meyer-Schwickerath, zitiert.

Erst zu Wochenbeginn hatte ein Papier der britischen Regierung offenbart, wie dramatisch die Folgen eines harten Brexits wären. Demnach drohen knappe Lebensmittel, Medikamentenengpässe, lange Lkw-Schlangen.

Johnson kommt am Mittwoch in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen. Er schlug zuletzt vor, den mühsam ausgehandelten Brexit-Vertragsentwurf zu ändern. Doch das stößt in der EU auf Ablehnung. Unter anderem der CDU-Europaabgeordnete David McAllister befindet laut einem Bericht Nachverhandlungen unrealistisch. Die 27 anderen EU-Staaten seien in dieser Frage "eindeutig positioniert", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament der "Passauer Neuen Presse" zufolge.

Auch die deutsche Industrie ist nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa gegen Nachverhandlungen. "Die deutsche Industrie unterstützt die Bundesregierung und die Europäische Kommission dabei, zum ausgehandelten Vertrag zu stehen", wird der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Joachim Lang, zitiert. "Das Austrittsabkommen ist für die deutsche Wirtschaft von riesengroßer Bedeutung."

Meyer-Schwickerath sagte laut dem Bericht: "Johnson macht eine chaotische Politik." Der Premierminister habe nichts dafür getan, dass der Brexit leichter werde, ganz im Gegenteil. "Das wird nicht funktionieren." Die EU und Großbritannien müssten eine Lösung finden. "Ich bin nicht für substanzielle Nachverhandlungen des Abkommens. Aber beide Seiten haben sich sehr verhakt, und beide Seiten müssen irgendwie zu einem Kompromiss kommen."

"Riesige potenzielle Verluste"

Der Chef der britischen Handelskammer Meyer-Schwickerat sagte dem Agenturbericht zufolge: "Wenn ein No Deal kommt, dann ist die britische, aber auch die deutsche Industrie sehr betroffen. Wir haben das fünftgrößte Handelsvolumen weltweit mit Großbritannien, das bedeutet für Deutschland riesige potenzielle Verluste. Insofern wäre ein Brexit-Abkommen oder eben ein zweites Referendum in Großbritannien das Beste." Das britische Parlament werde gefordert sein, eine Lösung zu finden - oder es komme zu einer Neuwahl.

Das Wichtigste sei es nun, Besonnenheit zu bewahren. "Das kann die Bundeskanzlerin sehr gut, das hat sie oft bewiesen." Merkel müsse das Gewicht Deutschlands in die Waagschale legen, um ein besseres Ergebnis für Europa zu erzielen, wird Meyer-Schwickerat zitiert. "Man sollte hinter verschlossenen Türen ausloten, was möglich ist und was nicht."

Kanzlerin Merkel hatte am Dienstag gesagt: "Wir werden natürlich über praktische Lösungen nachdenken" - und die könne man auch "in kurzer Zeit finden". Die EU sei dazu bereit. "Aber dazu müssen wir das Austrittsabkommen nicht aufmachen." Zugleich unterstrich die Kanzlerin, dass sich die 27 EU-Staaten in dieser Frage nicht auseinanderdividieren ließen.

spiegel


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