Nein, ein leichter Gipfel werde das nicht, hieß es am Freitagmittag bei deutschen Regierungsbeamten, so viele Themen, so viele außenpolitische Konflikte, alleine schon die Frage, wie die G7-Staaten auf die massiv gestiegene Zahl an Waldbränden im Amazonas reagieren sollen, ist im Vorfeld umstritten: Der Gastgeber, der französische Präsident Emmanuel Macron, droht Brasilien die Blockade des Freihandelsabkommens Mercosur an, Deutschland hält von dieser Idee wenig.
Macron hat die Brände jedenfalls noch auf die Tagesordnung des Gipfels setzen lassen, neben anderen, nicht gerade unterkomplexen Themen, die alleine beim ersten gemeinsamen Termin am Samstagabend um 19 Uhr, dem informellen Abendessen, zur Sprache kommen sollen: Ukraine, Sahel, Libyen, Iran, Syrien, Nordkorea und natürlich die Frage des Welthandels: Die USA und China bauen gerade eine Drohkulisse mit gegenseitigen Strafzöllen auf. Die Bedingung eines freien Handels aber ist für die Exportnation Deutschland essenziell, gerade auch in Zeiten eines drohenden Abschwungs.
Der Welthandel ist neben der Außenpolitik eines der beiden Schwerpunkte des Treffens der Regierungsschefs der USA, Japans, Kanadas, Großbritanniens, Italiens, Frankreichs und Deutschlands, das mit rund zwei vollen Tagen länger als die bisherigen G7-Gipfel dauert. Die deutsche Delegation wird am späteren Nachmittag in dem französischen Badeort eintreffen, US-Präsident Trump wird als letzter erst am späteren Abend erwartet. Er ist bekanntermaßen kein Freund solcher Veranstaltungen.
Hinzu kommt, dass die Runde der Regierungschefs, die Kanzlerin Angela Merkeleinmal als "Wertegemeinschaft" bezeichnet hat, massive Friktionen aufweist: Italien schickt einen Regierungschef zu den Verhandlungen, der bereits zurückgetreten ist. Der britische Premierminister Boris Johnson wird seine eigene Rolle in dieser Gemeinschaft suchen, vermutlich eng an der Seite von Trump, dessen Stab bereits am Donnerstagabend verlauten ließ, wie sehr sich der Präsident auf das erste Treffen mit dem Briten und auf eine "sehr enge" Zusammenarbeit freue. Wie der US-Präsident auf dem Gipfel agieren wird, ist ohnehin unvorhersagbar. Beim G7-Treffen in Kanada 2018 hatte Trump seine Zustimmung zum Abschlussdokument auf der Rückreise wieder zurückgezogen. Als ein mögliches Konfliktthema auf diesem Gipfel haben Trumps Berater bereits die Digitalsteuer, also die Besteuerung weltweiter Internetunternehmen, ausgemacht, die in der Vergangenheit vor allem Frankreich vorangetrieben hat.
Immerhin hat der Gastgeber die Gefahr eines erneuten Eklats gebannt, indem er die Erwartungen bereits im Vorfeld des Gipfels dämpfte. Ein vorab ausgehandeltes Abschlussdokument werde es nicht geben, hatte Macron verkündet, "kein Mensch" lese diese Kommuniques. So soll es höchstens in den vier kleineren Arbeitsgruppen zu den Themen Ungleichheit, Digitalisierung, dem Komplex "Klima, Biodiversität, Ozeane" und Afrika gemeinsame Erklärungen geben.
Afrika wird auch das Thema sein, bei dem Angela Merkel auf dem Gipfel versuchen wird, eine Duftmarke zu setzen. Der Kontinent ist einer der Schwerpunkte in der letzten Phase ihrer Amtszeit, erst im Mai hatte sie Niger, Mali und Burkina Fasobesucht, die zu den ärmsten Ländern der Welt zählen. Im Herbst steht womöglich die nächste Reise an.
Gemeinsam mit Frankreich will Deutschland eine neue Initiative für mehr Sicherheit in den Ländern der Sahelzone vorstellen: Es geht um mehr Geld, mehr Ausrüstung, mehr Ausbildungshilfe. Die beiden Länder hofften, so hieß es gestern aus deutschen Regierungskreisen, auf dem Gipfel viele Mitstreiter für die Idee zu gewinnen. Es sind solche Initiativen und Bündnisse, die den Gipfel am Ende zu einem kleinen Erfolg werden lassen könnten. Mit einem Durchbruch in einem der großen Konflikte jedenfalls rechnet niemand.
Donald Trump wird sich für Afrika vermutlich wenig interessieren, wenn er mit Merkel in einem seiner sechs angekündigten bilateralen Treffen auf dem Gipfel zusammenkommen wird. Seine Berater haben die Agenda bereits vorgegeben: der Präsident wolle mit der Kanzlerin über das Zwei-Prozent-Ziel bei den Nato-Ausgaben sprechen, über Handel und die Dringlichkeit, die europäische Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren - gemeint ist das Projekt der Gaspipeline Nordstream 2, das die USA klar ablehnen. Aus deutschen Kreisen hieß es gestern lapidar: Ein Treffen mit Trump werde gerade diskutiert, über Themen könne man noch gar nichts sagen.
spiegel
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