Mike Mohring plant die Simbabwe-Koalition

  03 September 2019    Gelesen: 684
Mike Mohring plant die Simbabwe-Koalition

Gebannt blickt das politische Deutschland nun auf Thüringen. Die nächste Landtagswahl steht an. Die Konstellation ist noch dramatischer als in Sachsen oder Brandenburg - der CDU-Star Mohring könnte eine für Deutschland völlig neue Koalition formieren.

In der CDU gilt Mike Mohring vielen als größtes Talent der jungen Generation. Der CDU-Landesvorsitzende aus Thüringen wirkt cool wie Christian Lindner (FDP), geschmeidig wie Robert Habeck (Grüne) und autonom wie Kevin Kühnert (SPD). Er wird diese drei Eigenschaften womöglich bald brauchen, denn Mohring hat einen verwegenen Plan. Er bastelt an Deutschlands erster schwarz-rot-gelb-grüner Koalition - ab sofort als "Simbabwe-Koalition" ein Thema in Thüringen.

Die Lage bei der anstehenden Landtagswahl am 27. Oktober ist noch verzwickter als in Sachsen oder Brandenburg. Anders als dort gibt es in Thüringen keinen Zweikampf um die Rolle der stärksten Partei, sondern einen Dreikampf. Linkspartei, AfD und CDU liefern sich laut Umfragen ein Kopf-an-Kopf-an-Kopf-Rennen. Diese Konstellation führt dazu, dass womöglich AfD und Linkspartei zusammen an die 50 Prozent erreichen könnten. Eine Regierungsbildung der bürgerlichen Mitte wird damit noch schwieriger als in Dresden oder Potsdam. Da auch Mohring jede Koalition mit der AfD ausschließt, bleibt für die CDU nur eine neue, ungewöhnliche Option: die Riesen-Koalition aller anderen Parteien der Mitte - Simbabwe eben.

Mohring beschreibt seine Ausgangslage nach der Sachsen-Wahl so: "Ich bin sehr optimistisch, dass die CDU den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt und Rot-Rot-Grün keine eigene Mehrheit hat. Wir wollen eine Regierung der bürgerlichen Mitte bilden. Unsere Botschaft lautet: Wer stabile Verhältnisse will, muss CDU wählen. Wer die AfD wählt, wird am Ende nur Bodo Ramelow und die Linkspartei im Amt halten. Es geht schlicht darum, wie Thüringen künftig regiert wird - aus der Mitte oder von den Rändern." Seit fünf Jahren regiert in Thüringen ein Bündnis aus Linkspartei, SPD und Grünen unter Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) - mit nur einer Stimme Mehrheit im Parlament." Da die Linke aber in Ostdeutschland spürbar an Rückhalt einbüßt und viele Wähler an die AfD verliert, könnte Mohrings Plan tatsächlich aufgehen.

"Der Protest wandert im Osten von links nach rechts", diagnostiziert Mohring und fordert seine CDU auf, die konservativen Wechselwähler von der AfD wieder aktiv zurückzugewinnen: "Diese Wähler holen wir nicht zurück, indem ich sie ständig in die rechte Ecke stelle und ihnen keine Hand mehr reiche. Volksparteien wie die CDU haben die Aufgabe, Brücken zu bauen. Weil Höcke mit seinen extremen Positionen die Gesellschaft spaltet, heißt es für uns nicht, etwaige Wähler einfach am Rande stehen zu lassen." Das Tor zur Rückkehr stehe vielen offen: "Nicht jeder ist gleich Nazi, nur weil die Meinung nicht dem Mainstream entspricht."

Auszeichnung für "Glaubwürdigkeit in der Kommunikation"


Mohring gilt in Thüringen - ähnlich wie Michael Kretschmer in Sachsen - als eine integre Persönlichkeit. Das liegt auch am Umgang mit seiner Krebserkrankung im vergangenen Jahr. Er machte seine Krankheit öffentlich, trat nach der Chemotherapie mit Glatze auf und sprach offen über Krebs, Ängste und seine Schwächen. Er wurde für diese ungewöhnliche Offenheit den diesjährigen SignsAward 2019 für "Glaubwürdigkeit in der Kommunikation" (im vergangenen Jahr ging die Auszeichnung noch an Kevin Kühnert) gewürdigt. Mohrings mediale Präsenz und der damit verbundene öffentliche Diskurs habe vielen Erkrankten Mut gemacht.

"Meinen größten Kampf in diesem Jahr habe ich schon gewonnen", erklärt Mike Mohring nun nach überstandener Behandlung. Er twittert: "Von guten Mächten wunderbar geborgen. Am 11. Juni feiere ich künftig ein zweites Mal im Jahr Geburtstag. Von Herzen Danke allen, die bei und mit mir waren in den vergangenen reichlich sieben Monaten. In meine Gebete schließe ich die ein, die es nicht schaffen konnten."

Nun sind die Haare wieder gewachsen, doch Mohring kämpft seither weniger verbissen um die politische Macht als andere. Mehr als 1000 ermunternde Briefe und E-Mails hat er wegen seiner Krankheit bekommen. Mehr als 100 Mützen stapeln sich in seiner Wohnung in Apolda im Schrank, die ihm freundliche Menschen zugeschickt haben, damit er sein krebskahles Haupt bedecken konnte. "Im Wahlkampf erlebe ich, dass mich fremde Leute umarmen und sich freuen, dass ich wieder fit bin und uns Erfolg wünschen. So viel Mitgefühl gibt Kraft."

"Es ist nicht alles hilfreich aus Berlin"

Mohrings Beliebtheitswerte steigen, seinen ländlich-konservativen Wahlkreis im Weimarer Land wird er, wie schon bei den drei vergangenen Landtagswahlen, vermutlich wieder direkt gewinnen. Doch seine Partei schwächelt nicht bloß, sie wankt regelrecht. Vor allem die Bundes-CDU sieht er in schweren Fahrwassern. Er ist - wie viele CDU-Politiker im Osten - unzufrieden mit der Parteiführung. "Es ist nicht alles hilfreich aus Berlin", warnt er diplomatisch und meint das diffuse Profil der CDU, Kommunikationspannen im Adenauer-Haus, Fehler in der Migrationspolitik, unnötige Personaldebatten über Hans-Georg Maaßen und eine Vernachlässigung der sicherheits- und wirtschaftspolitischen Kernkompetenz der Union.

Besonders geärgert hat sich Mohring über seinen Parteikollegen Daniel Günther. Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins hatte in einem viel beachteten Interview ausgerechnet Mohrings Konkurrenten um den Thüringer Ministerpräsidentenposten hochgelobt. Bodo Ramelow sei im Bundesrat "ein netter Nachbar", hatte Günther den Linken gebauchpinselt und dessen Partei zu einer Art Ost-SPD verklärt. Mohring erklärte dazu in der Sendung "Markus Lanz" mit Galgenhumor: "Ich bin ja schon froh, wenn die beiden keinen gemeinsamen Wahlkampfauftritt machen."

Nun verlangt er von der Bundes-CDU und der Berliner Regierung, bei den drängendsten Problemen der Menschen endlich zu liefern. "Das hilft und das schafft Vertrauen. Und dann gewinnen wir auch die Wähler zurück, die wir bei dieser Wahl nicht überzeugen konnten." Zumindest zurück in irgendeine Partei der Mitte, die er dann in Deutschlands erster Simbabwe-Koalition allesamt zusammenführen könnte.


Quelle: n-tv.de


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