So was gilt neuerdings auch in der Politik: "Du kriegst die Frau aus dem Pfarrhaus, aber du kriegst das Pfarrhaus nicht aus der Frau." Jahrelang betreibt sie empathielose Realpolitik, lässt sich von darbenden griechischen Rentnern so wenig rühren wie von Ukrainern, die nach Waffen verlangen, und plötzlich, BAMM!, fängt sie unvermittelt an zu lächeln, macht Selfies mit Syrern und holt Millionen Flüchtlinge ins Land.
Plötzlicher Ausbruch angestauter Mitleidsgefühle – so etwa wird derzeit Angela Merkels merkwürdige Flüchtlingspolitik erklärt, die in Europa fast niemand mehr unterstützt. Und auch auf die Frage, warum das Land sich diesem Irrsinn zunächst willig ergeben hat, gibt es eine psychoanalytische Antwort: Die an ihrer traumatischen Vergangenheit leidenden Deutschen wollten sich von ihrem Makel befreien und haben sich darum in eine völlig irrationale Willkommenskultur gestürzt. Gewissermaßen von Auschwitz direkt zum Münchner Hauptbahnhof.
Umgekehrt stehen auch die Unterstützer der Merkelschen Politik vor einem Rätsel: Wieso um Himmels willen sind alle anderen plötzlich so hartherzig? Und, noch mysteriöser: Warum sind politisch und kulturell so grundverschiedene Länder wie Ungarn und Spanien, Dänemark und Tschechien, Norwegen und Italien sich plötzlich in einem Punkt so einig: Bloß keine Flüchtlingspolitik wie die Deutschen!
Mit anderen Worten: Wer ist nun verrückt – Merkel oder alle anderen? Die vorläufige Antwort darauf lautet: weder – noch.
Schließlich hat alles ganz vernünftig angefangen. Aus Merkels Sicht stellte sich die Lage so dar: Der Mittlere Osten ist ein einziges Chaos, es werden dauerhaft viele Menschen gen Europa fliehen. Deutschland ist das stärkste Land in Europa mit dem größten demografischen Problem; von einer Abschottungspolitik würde es den größten Schaden davontragen, ökonomisch, weil Deutschland Exportweltmeister ist, und moralisch, weil man niemandem eine hartherzige Politik gegenüber Flüchtlingen so übel nehmen würde wie den Deutschen. Zudem hat man mit der Integration der türkischen Muslime unterm Strich eher gute Erfahrungen gemacht. Nicht zuletzt hatte sich im Laufe des vergangenen Jahres gezeigt, dass die Bevölkerung mehrheitlich durchaus bereit war zu helfen. Warum also nicht den Versuch starten, Europa in eine moderne Flüchtlingspolitik zu führen, die größten Lasten selbst zu schultern, um sie dann vernünftig zu verteilen?!
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