West-Fiction vom Feinsten: Wie ein Kampfjet aus Sowjetzeit der Wirklichkeit enteilte

  09 September 2019    Gelesen: 1415
  West-Fiction vom Feinsten: Wie ein Kampfjet aus Sowjetzeit der Wirklichkeit enteilte

Wo Wissen fehlt, lässt man halt die Fantasie spielen. Ein Beispiel dafür ist ein Kampfjet, an dem die Sowjetunion in den Achtzigerjahren gearbeitet haben soll: die MiG-37B. Schonmal was davon gehört? Das Portal „Topwar“ berichtet.

Für den Flugzeugbau waren die 1980er Jahre die Zeit des Stealth-Fiebers: Tarnkappentechnik war das Zukunftsthema überhaupt. Fachkreise in den USA und in der Sowjetunion mutmaßten darüber, wie ein Tarnkappenjet der Gegenseite wohl aussehen werde. Dass es den Experten an konkreten Informationen mangelte, heizte die Spekulationen nur noch mehr an.

1987 – die amerikanische F-117 flog längst – stellte die US-Firma Testors, ein Anbieter von Modellbaukits, den Bausatz eines sowjetischen Tarnkappenjets vor. Die amerikanischen Designer hätten echte Entwürfe und sogar geheime Daten eingesehen und auf deren Grundlage das Modell einer MiG-37B entwickelt, hieß es. Die Maschine habe sogar einen Nato-Code: „Ferret E“.

​Laut dieser Legende war die MiG-37B eine Rivalin der amerikanischen F-19 – auf maximale Unsichtbarkeit für das Radar und die Infrarotsensoren des Gegners ausgelegt und durch elektronische Störsysteme zusätzlich geschützt. Laut Testors war das sowjetische Flugzeug von den technischen Daten her dem amerikanischen Kampfjet leicht unterlegen, überflügelte es aber bei der Manövrierfähigkeit.

Das kann man auch glatt glauben, wenn man die MiG-37 sieht: Flacher Rumpf, trapezförmige Tragflächen, ein Doppelleitwerk in V-Form, eine für das Stealth-Design typische Zelle aus glatten Panels, die in unterschiedlichem Winkel zueinander angeordnet sind (abgerundete Formen fehlen nahezu völlig). Die Eckdaten:

13,5 Meter Länge;

10,2 Meter Spannweite;

16 Tonnen Abfluggewicht

Höchsttempo von Mach 5!  

Dem Modell hätten verfügbare Informationen über die künftigen Tarnkappenjets der Sowjetunion zugrunde gelegen, erklärte Testors – und ein wenig Science-Fiction: Die geheime Super-Maschine der Sowjets aus dem Actionfilm „Firefox“ habe die Designer auch inspiriert.

Die MiG-37B war als Zweistrahler ausgelegt. Die Lufteinlässe der Triebwerke – ein einziger eckiger Schlitz – waren zur besseren Tarnkappenfähigkeit oberhalb der Tragflächen angebracht. Interessant auch die Konstruktion der Düsen: flach, eckig, über einer Heckflosse versteckt. Offenbar sollte die Flosse in der Fantasie der Designer eine Vorrichtung zur Kühlung des Abgasstrahls sein oder schlicht eine Abdeckung vor gegnerischen Wärmesensoren.

Die „Ferret E“ (auch der Nato-Code war eine Erfindung der Modellbauer, wie sich rausstellte) verfügte über eine 30-mm-Bordkanone und acht Waffenstationen – vier unter den Flügeln plus je zwei in zwei Waffenschächten an den Rumpfseiten. Nach „geheimdienstlichen Informationen“ konnte die Maschine alle modernen Waffen zum Luftkampf und zur Bekämpfung von Bodenzielen mitführen.

Die MiG-37B hat nie existiert (offensichtlich auch die Rivalin F-19 nicht). Aber ihr Modell von Testors zeigt anschaulich, wie man sich Mitte der 1980er Jahre die Kampfjets der Zukunft vorstellte. Man muss sagen, die Vision war von der Wirklichkeit gar nicht so weit weg.

Die eckige Silhouette zum Beispiel ist ein charakteristisches Merkmal von Tarnkappentechnik. So eine Konstruktion verringert die Radarsignatur deutlich, schränkt aber auch die Manövrierfähigkeit des Kampfjets ein. Weshalb die heutigen Kampfjets der 5. Generation ihre Ecken und Kanten ein Stück weit abgeschliffen haben.

Was die Entwickler allerdings unverändert aus der Fiktion in die Wirklichkeit übernommen haben, sind Waffenschächte: Raketen intern im Flugzeugrumpf unterzubringen, verbessert die Stealth-Eigenschaften der Maschine – die amerikanische F-22 und die russische Su-57 nutzen solche Waffenverstecke.

Womit die Designer der imaginären MiG-37B definitiv übertrieben haben, ist indes die Geschwindigkeit. Mach 5 – das schafft bisher kein Serienflugzeug der Welt und wird es auf absehbare Zeit wohl auch nicht schaffen. Mach 3 ist bis heute die Grenze des technisch machbaren, selbst 30 Jahre nach der „Ferret E“.

Die echte Geschichte der MiG-37B, nämlich dass sie nur als Modell amerikanischer Designer existierte, ist längst bekannt.  An der Idee hält manch ein Experte trotzdem noch fest: Bis heute tauchen Publikationen auf, in denen das sowjetische Flugzeug als echte Entwicklung geführt wird. Mitunter wird auch behauptet, die Vereinigten Staaten hätten das MiG-37-Projekt gestohlen und bei ihren eigenen Stealth-Jet-Programmen verwirklicht.

sputniknews


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