In der Whistleblower-Affäre um ein möglicherweise belastendes Telefonat von Donald Trump mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj kommen neue Details ans Licht.
So soll der US-Präsident in den Tagen vor dem Gespräch angeordnet haben, dass versprochene Militärhilfen an die Ukraine eingefroren werden. Das berichten die "New York Times" ("NYT") und die "Washington Post" übereinstimmend. Dabei ging es laut "NYT" um 391 Millionen US-Dollar. Auch das Konkurrenzblatt schreibt von "fast 400 Millionen" US-Dollar.
Die Zeitungen berufen sich auf namentlich nicht genannte hochrangige US-Offizielle, die mit den Abläufen vertraut sind. Demnach sei die Entscheidung des Präsidenten über dessen Stabschef Mick Mulvaney an das Außenministerium und das Pentagon weitergetragen worden. Als Begründung habe es geheißen, der Präsident habe "Bedenken", ob die Hilfen wirklich gezahlt werden müssten. Laut den Berichten wurden die Gelder erst Monate später, am 11. September, freigegeben.
Das Telefonat zwischen Trump und Selenskyj vom 25. Juli sorgt seit Tagen für große Aufregung in den USA. Medien hatten am Freitag berichtet, dass Trump Selenskyj in dem Gespräch mehrfach aufgefordert haben soll, mit seinem Anwalt Rudy Giuliani zusammenzuarbeiten, um Ermittlungen gegen Joe Bidens Sohn Hunter einzuleiten. Der Sohn des Ex-US-Vizepräsidenten arbeitete zeitweise für eine ukrainische Firma.
Der Vorfall wurde bekannt, nachdem ein Geheimdienstmitarbeiter wegen des Gesprächs so beunruhigt war, dass er die Information einer internen Kontrollbehörde meldete. Diese stufte die Beschwerde als dringend und glaubwürdig ein. Das Weiße Haus bestreitet alle Verdächtigungen. Trump räumte allerdings inzwischen selbst ein, dass es in dem Telefonat auch um Hunter Biden gegangen sei.
Die jüngsten Enthüllungen dürften den Verdacht nähren, dass Trump vom Kongress abgesegnete Hilfsgelder missbrauchen wollte, um einem potenziellen politischen Gegner zu schaden. Allerdings zitiert die "Washington Post" ihre Quelle so, dass es keine direkte Verbindung zwischen den Hilfsgeldern und der angeblich versuchten Einflussnahme auf Selenskyj gegeben habe: "Da ging es nicht um Gegenleistungen."
Der Artikel zitiert aber auch den demokratischen Senator Chris Murphy, laut dem es keine Rolle spielt, ob Trump explizit mit dem Einfrieren von Hilfsgeldern gedroht habe: "Es ist immer eine Drohung impliziert, wenn ein US-Präsident etwas von einem anderen Staat wünscht. Dieser Staat weiß, dass es Konsequenzen haben wird, wenn er sich weigert."
Murphy gab an, dass Selenskyj ihm bei einem persönlichen Gespräch seine Sorge geschildert habe, dass die Hilfsgelder zur Strafe für eine Weigerung zurückgehalten würden. Dieses Gespräch habe in der Ukraine Anfang September stattgefunden.
Unter den US-Demokraten werden die Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten immer lauter. Vor allem verlangen sie zunächst einmal die Freigabe einer Mitschrift des präsidialen Telefonats.
Trump selbst sagte am Rande der Uno-Vollversammlung, er hoffe, dass die Öffentlichkeit die Mitschrift "bald zu sehen bekommt". Wenig später erklärte er wiederum, die Freigabe könnte einen schlechten Präzedenzfall schaffen.
Der US-Präsident müht sich seit Tagen, die Vorwürfe abzuschütteln und den Fokus auf ein mögliches Fehlverhalten von Biden zu richten. Er wirft Biden unter anderem vor, als Vizepräsident die Entlassung eines ukrainischen Korruptionsermittlers betrieben zu haben, um seinen Sohn zu schützen.
Direkte Attacke auf Biden - ohne jeden Beleg
Trump deutete auch an, dass Bidens Sohn bei seinen Geschäften vom Amt seines Vaters unredlich profitiert haben soll. Am Montag verschärfte er am Rande der Uno-Versammlung noch einmal die Rhetorik und behauptete: "Joe Biden und sein Sohn sind korrupt."
Wie so häufig in der Vergangenheit blieb Trump jegliche Form von Beleg oder auch nur Indiz schuldig und beließ es bei der reinen Behauptung. Bisher gibt es keinerlei offizielle Erkenntnisse darüber, dass es sich bei den Aussagen des US-Präsidenten um mehr handeln könnte, als eine verbale Nebelkerze, um von der Affäre um die eigene Person abzulenken.
Doch Trump ging in seiner Wortwahl sogar noch weiter - und wählte einen drastischen Vergleich. Wenn ein Republikaner je das getan und gesagt hätte, was Biden getan und gesagt habe, dann wäre er auf dem elektrischen Stuhl gelandet, sagte Trump, der selbst Republikaner ist. Es werde mit zweierlei Maß gemessen. Was konkret "das" sei, was Biden angeblich getan hätte, erklärte Trump dann aber nicht.
spiegel
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