Deutschland erhebe als größte Volkswirtschaft der EU Anspruch darauf, auch weiterhin ein Mitglied im EZB-Direktorium zu stellen, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Freitag. “In Kürze” werde ein geeigneter Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Lautenschläger benannt, bevor auf europäischer Ebene darüber beraten werde. Als Anwärterinnen gelten die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel und Bundesbankvizepräsidentin Claudia Buch.
Lautenschläger tritt am 31. Oktober vorzeitig zurück. Sie hatte keinen Hehl aus ihrer Ablehnung der lockeren Linie der EZB gemacht. Auch Bundesbankchef Jens Weidmann hat öffentlich Kritik an dem vom scheidenden EZB-Chef Mario Draghi gefahrenen Kurs geäußert. Weidmann stellte nun jedoch klar, dass zumindest die jüngste Zinssenkung seine Zustimmung gefunden hat. “Angesichts des verschlechterten Inflationsausblicks hielt ich den Zinsschritt für angemessen”, sagte er in Stuttgart. Der EZB-Rat habe aber ein Paket an Maßnahmen beschlossen, das er “in seiner Gesamtheit als zu weitgehend” empfinde. Durch den umfangreichen Ankauf von Staatsanleihen drohe die Trennlinie zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik zu verschwimmen.
Die EZB hatte auf ihrer Zinssitzung am 12. September höhere Strafzinsen für Banken beschlossen, gekoppelt mit Erleichterungen für Geldhäuser. Zudem sollen die auch in der EZB intern umstrittenen Anleihenkäufe wiederaufgenommen werden. Ab November sollen pro Monat neue Käufe von 20 Milliarden Euro hinzukommen. Draghi begründete die Maßnahmen mit den zunehmend schlechten Konjunkturaussichten. Weidmann hatte Draghi wegen des Maßnahmenpakets kritisiert und ihm vorgeworfen, “über das Ziel hinausgeschossen” zu sein.
Auch aus der Berliner Politik kam Kritik am EZB-Chef: Der CSU-Politiker Hans Michelbach forderte eine fundamentale Kurskorrektur in der Geldpolitik: “Unter Draghi ist die EZB von ihrem Kurs als Hüterin der Stabilität abgekommen und auf die Abwege der verbotenen Staatsfinanzierung und der Fütterung von Spekulanten mit billigem Geld geraten”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat der EZB allerdings einen Freifahrtschein für ihre Anleihenkäufe erteilt. Sie gehörten zur Geldpolitik, seien durch das Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt und achteten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit den Käufen werde auch keine monetären Staatsfinanzierung betrieben.
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