„BlackRock – Die unheimliche Macht eines Finanzkonzerns“: Was der neuen Doku fehlt

  28 September 2019    Gelesen: 782
  „BlackRock – Die unheimliche Macht eines Finanzkonzerns“: Was der neuen Doku fehlt

Mitte September strahlte der Sender „Arte“ die Premiere der TV-Dokumentation „BlackRock – Die unheimliche Macht eines Finanzkonzerns“ aus. Der bekannte „BlackRock“-Kritiker, Finanz-Experte und Autor Werner Rügemer aus Köln hat sich für Sputnik die Doku angeschaut. Im Interview nennt er Positives. Aber betont auch: „Die Doku lässt Wichtiges weg.“

„In der neuen Doku sind ganz aufschlussreiche Informationen enthalten“, sagte Werner Rügemer im Sputnik-Interview kurz nach Ausstrahlung des Films. „Für mich war neu, dass ‚BlackRock‘ auch einen Zugriff auf Mexiko versucht und weiter ausübt. Um dort in die Privatisierung der mexikanischen Energie-Versorgung einzudringen. Das ist im Film sehr gut dokumentiert. Auch sehr viele andere Informationen zu ‚BlackRock‘ – die man ja kaum noch überblicken kann – werden gut dargestellt.“

Am 16. September zeigte der deutsch-französische TV-Sender „Arte“ die Doku „BlackRock – Die unheimliche Macht eines Finanzkonzerns“ (Dokumentarfilm von Tom Ockers, D 2019, 90 Min). Sie ist außerdem auf dem YouTube-Kanal von „ARTEde“ zu sehen und hat mittlerweile schon über eine halbe Million Klicks gesammelt.

„Es heißt: Geld regiert die Welt.“ Mit diesen Worten – gesprochen von einer tiefen Frauenstimme und untermalt von bedrohlich wirkender Musik – beginnt die neue Doku über den weltgrößten Kapitalakteur mit Sitz in den USA. „Keiner hat mehr Geld als der Finanz-Investor ‚BlackRock‘. Über sechs Billionen Dollar stehen dem Konzern zur Verfügung. Das meiste stammt von großen Anlegern. Aber auch von Millionen kleinen Sparern weltweit. Wer so viel Geld bewegt, hat Einfluss auf Firmen, Politiker und ganze Länder. Was genau bedeutet das für uns alle? Warum wissen wir so wenig über den größten Finanz-Giganten von allen?“

„Daran mangelt es der neuen Doku“

„Einen Mangel in der Doku“ benannte Rügemer im Sputnik-Gespräch: „Die großen Medien greifen sich sozusagen einen hauptsächlichen Täter heraus. Und die konzentrieren sich dann ganz auf ‚BlackRock‘. Das ist diese typische Leitmedien-Darstellung eines Problems. Aber die Breite dieser Investoren-Gruppe wird dabei verdrängt oder einfach nicht dargestellt.“ Denn: „Die Deregulierung der Finanzmärkte hat seit den 1990er Jahren zu dieser Entwicklung geführt.“ Das werde im Film verschwiegen.

Seine Kritik an der neuen Doku: „Dass man sich eben nur auf diesen einen US-Kapitalorganisator konzentriert. Da wird eben die gesamte System-Änderung in der Finanzwelt ausgeblendet, die es auf breiter Front gibt.“ Damit bezieht sich der kritische Finanz-Experte auf die „neue Liga“ der Kapitalorganisatoren, in der der US-Finanzriese „BlackRock“ zwar der größte sei – aber eben auch nicht der einzige seiner Art: „Im gesamten westlichen Finanz- und Bankenwesen gibt es neben ‚BlackRock‘ noch mindestens 50 weitere Akteure dieser Art. Viele sind ein wenig kleiner. Aber: Die treten ja immer gemeinsam auf. Schauen Sie: Wem gehören Coca-Cola, IBM, General Motors, Vonovia, die Deutsche Bank? Da sind überall neben ‚BlackRock‘ selbstredend noch weitere wie ‚Vanguard‘, ‚Wellington‘, ‚Norges‘ oder ‚State Street‘ mit Anteilen beteiligt.“

Selbst diese Beschreibung greife zu kurz, betonte er im Sputnik-Gespräch. Es gebe letztlich Hunderte Private-Equity-Investoren wie „KKR“ und weitere Finanz-Spekulanten, die die Welt und deren Unternehmen sozusagen „aufkaufen“ und unter sich aufteilen. Ganz nach der „BlackRock“-Strategie. „Die krempeln – auch in Deutschland – die Unternehmensstrukturen um und strukturieren sie neu. Und dieser Systemwechsel in der westlichen Wirtschaft kommt kaum in dieser Doku zur Geltung. Auch wegen der Fokussierung auf ‚BlackRock‘.“ Nebenbei bemerkt: Der US-Großinvestor „KKR“ mit Sitz in New York hat erst im Sommer große Anteile am Springer-Verlag (darunter die „Bild“-Zeitung) gekauft.

Diktiert „BlackRock“-Chef Larry Fink die Weltwirtschaft?

Zurück zur Doku: Der US-Kapitalakteur „Vanguard“ werde zwar im Film erwähnt, „aber dass der mit fünf Billionen US-Dollar eingesetztem Kapital fast so groß ist wie ‚BlackRock’ mit einem Kapital von sechs Billionen“ werde verschwiegen, so Rügemers Kritik. „BlackRock“ und Co seien letztlich konzentriert auf die Aktiengesellschaften, also auf die börsennotierten Unternehmen. Dort soll das Geld verdient werden. Dies hat der Kölner Finanz-Experte und Autor auch in seinem immer noch aktuellen Buch „Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts“ ausführlich beschrieben und erklärt.

Zudem nannte der Kölner Autor einen interessanten Fakt: „BlackRock“-Chef Larry Fink war unter einer möglichen „US-Präsidentin Hillary Clinton als US-Finanzminister vorgesehen“. Doch 2016 wurde eben das jetzige Staatsoberhaupt Donald Trump gewählt. „Doch Leute wie Fink haben kein besonders enges Verhältnis zu einer bestimmten Partei. Sobald eine andere Partei an die Macht kommt, schalten die da sehr schnell um. Lawrence Fink hat kurz nach der Wahl gesagt: Ja, Trump ist gut für Amerika.“ Außerdem verschicke Fink regelmäßig „einmal im Jahr Briefe, um den Firmen-Chefs zu sagen, was zu tun ist“. Das sagt der „Financial Times“-Journalist Robin Wigglesworth in der neuen Doku.

In der Doku: BlackRock-Firma „Rheinmetall“

„BlackRock“ investiere dort, „wo die höchsten Renditen und Gewinne zu erwarten sind, und nicht da, wo die höchste Moral herrscht“, berichtet der Dokumentarfilm.

„So wie bei Rheinmetall.“ Das deutsche Traditionsunternehmen verdient seit Jahren stark im Waffenhandel und verkauft laut dem Film „weiterhin über Tochterfirmen Waffen an Saudi-Arabien. Trotz Export-Verbot der Bundesregierung.“ Auch trotz des Khashoggi-Skandals. Mittendrin: Rheinmetall-Anteilseigner „BlackRock“.

Der „Ausverkauf der Welt“

Das Aufkaufen mittelständischer Firmen – auch in Deutschland – sei das letztendliche Ziel solcher Finanz-Akteure, so Rügemer im Interview.

Diese Firmen im Mittelstand, die „über 90 Prozent der Volkswirtschaften in den westlichen Staaten“ ausmachen, sollen im Sinne „BlackRocks“ in Profit umgewandelt werden: „Durch Umstrukturieren, verschlanken, profitabel machen, weiterverkaufen. Oder durch das Verwerten der Grundstücke der gekauften Unternehmen. Das wird von den öffentlichen Medien verschwiegen und von den Regierungen zwar gedeckt, aber nicht thematisiert.“

Am Ende stützen sich „BlackRock“, „Vanguard“ und Co untereinander in einem riesigen globalen Netz. Gemeinsam hält man Anteile an den Unternehmen. Diese Kapitalorganisatoren halten sogar Anteile an der „Konkurrenz“ und besitzen sich damit sozusagen „selbst“ – vereinfacht gesagt. „Die sind untereinander aktien- und beteiligungsmäßig miteinander verflochten“, erläuterte er.

„Sie sind in wechselnder Zusammensetzung die Groß-Aktionäre in den wichtigsten Unternehmen der westlichen Welt. Außerdem kann ‚BlackRock‘ mit seinen knapp 1.000 Mitarbeitern gar nicht überblicken, was in den 17.000 Unternehmen weltweit alles passiert, an denen sie Aktienpakete halten.“ Auch diese Fakten würde die neue „Arte“-Doku nicht benennen, so die Kritik des Kölner Publizisten.

Was der neuen „Arte“-Dokumentation allerdings zu Gute gehalten werden muss: Sie sagt, dass man aus der Finanzkrise 2008 „nichts gelernt“ hat. Im Gegenteil: Der US-Finanzriese „BlackRock“ ist seitdem noch mehr gewachsen und zu einem echten Giganten der Weltwirtschaft geworden. Daher sind kritische Mahner wie Finanz-Experte Rügemer wichtiger denn je.

Werner Rügemer: „Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts: Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg der neuen Finanzakteure“, PapyRossa Verlag, 357 Seiten, 19,90 Euro, 1. Auflage 2018. Das Buch ist im Handel erhältlich.

sputniknews


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