Mitfahrt im neuen Mercedes GLE Coupé

  09 Oktober 2019    Gelesen: 1228
  Mitfahrt im neuen Mercedes GLE Coupé

Mit dem GLE Coupé 400d und dem AMG 53 Coupé bringt Mercedes zwei sehr sportliche Vertreter der Gattung in Stellung. Noch durfte n-tv.de nicht selber fahren, aber dafür mit den Entwicklungs-Chefs beider Modelle. Und die haben einiges zu erzählen.

"Bei der ersten Generation unseres GLE Coupés mussten wir noch Kompromisse machen. Das wollten wir diesmal nicht in dem Maße. Deshalb haben wir uns zum Beispiel für einen kürzeren Radstand als beim GLE entschieden und damit auch klar für die Sportlichkeit", erklärt Andreas Zygan, Chef der Gesamtentwicklung SUV bei Mercedes. Im Vergleich zum Vorgänger ist der Radstand des Coupés um zwei Zentimeter gewachsen, aber mit Blick auf den GLE liegt er sechs Zentimeter darunter.

Aber er ist nicht nur für ein sportlicheres Fahrverhalten verantwortlich, sondern hat aus der Sicht von Zygan auch ästhetische Grenzen. "Wenn du den Radstand zu lang machst, dann sieht so ein Coupé irgendwann aus wie eine Banane. Beim normalen SUV musst du hingegen aufpassen, dass das dann nicht wie ein Dackel daherkommt. Beim GLE sind wir ziemlich sicher, das richtige Maß gefunden zu haben." Sprichts und lässt das 4,94 Meter lange Sportgerät auf die ersten Kurven der legendären Transfogarascher Hochstraße in Rumänien schießen. Äußerlich sieht man dem GLE Coupé seine Größe gar nicht an. "Die Größe hat Gorden Wagener (Chefdesigner von Mercedes, Anm.d.Red.) schon sehr gut kaschiert, damit das Coupé eben auch als SUV richtig sportlich aussieht."

Für den sportlichen Vortrieb sorgt hier der OM 656, eben jener neue Reihensechszylinder-Diesel, der im GLE Coupé in zwei Leistungsstufen seine Arbeit verrichtet. Im Falle der hier beschriebenen Fahrt handelt es sich um den 400d, der mit 330 PS und einem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern anschiebt. Das klingt nicht nur sportlich, sondern ist es auch. Da muss Zygan nicht mal Worte verlieren, sondern gibt einfach Gas. Von hinten tönt jetzt ein sonores, bäriges Brummen. "Unsere Dieselkunden wollen eigentlich absolute Ruhe im Auto. Dafür sind sie in der Regel zu lange unterwegs, als dass es pausenlos knallen muss. Es gibt aber auch Kunden, die es tonal mal sportlich wollen, und genau für die haben wir erstmals einen echten Diesel-Sound entwickelt. Dafür haben wir das Soundmodul direkt an die Motorsteuerung gekoppelt", erklärt Zygan, presst das Gaspedal erneut Richtung Bodenblech und grinst, während der Sechsender röhrt, als wolle er sich mit den rumänischen Braunbären messen, die allenthalben an den Straßen auftauchen.

In den engen Kurven der rumänischen Bergstraße wird deutlich, was es mit dem Radstand auf sich hat. Neben der Optik galt es hier auch, die Sportlichkeit herauszuarbeiten. Dazu wurde zudem die Federrate um 20 Prozent erhöht, die Dämpfer anders abgestimmt und die Lenkung direkter als beim GLE ausgelegt. "Es ist bei diesen großen Autos um so wichtiger, dass sie sich leicht fahren und dass man diese Leichtigkeit spürt. Da muss zwingend ein Unterschied zum GLE sein", so Zygan. Spitzkehren lassen sich mit dem Coupé so umkurven, dass ein Umgreifen unnötig ist. Die elektronisch geregelte Lamellenkupplung sorgt für eine variable Verschiebung des Antriebsmoments von 0 bis 100 Prozent zwischen den Achsen. Wenn Zygan flott in die Kehre einsticht, beeinflusst es gezielt das Giermoment, um ein Über- oder Untersteuern zu verhindern.

Dann nimmt er den Fuß vom Gas, erwischt ein Schlagloch, das sich nur für den Bruchteil einer Sekunde für die Insassen bemerkbar macht. "Das wäre vor einiger Zeit noch nicht möglich gewesen", erklärt Zygan. "Eine solche Spreizung des Fahrkomforts von Comfort bis Sport, das macht schon echt Spaß. Nicht nur beim Fahren, auch in der Entwicklung." Und tatsächlich findet gerade ein 400d sein Publikum. Für Zygan sind es "sportliche Ästheten", die "das bärige Drehmoment lieben" und auf "übermäßigen Laderaum verzichten können". Dabei ist der mit 655 bis 1790 Litern doch recht üppig bemessen. Genau wie der Platz im Fond, wo jetzt auch mal zwei Erwachsene eine längere Strecke aushalten. Nicht nur, weil Platz ist, auch weil die Spreizung von Comfort bis Sport so gelungen ist, dass man auch als Hinterbänkler nicht damit rechnen muss, dass es einem auf kurvenreichen Strecken den Magen umdreht.

Doch bei aller Fähigkeiten, die das Fahrwerk in Abstimmung und Spreizung liefert, es ist im Falle des GLE Coupés ausschließlich für die Straße ausgelegt, nicht fürs Gelände. Deswegen gibt es hier auch keine Offroad-Programme, auch nicht optional. Wer aber etwas an den Haken nehmen muss, wird hier keine Einschränkungen erleben. Wie beim GLE kann auch das Coupé 3,5 Tonnen ziehen. "Für uns ist es schon wichtig, dass bei aller Alltagstauglichkeit auch dieses Fahrzeug ein anderes ist. Es muss sich einfach anders fahren und anfühlen als jeder andere Mercedes", so Zygan. "Ein SUV-Coupé bei Mercedes heißt also nicht nur eine neue Seitenwand", ergänzt er und visiert die nächste Bodenwelle an. "Haben Sie was gemerkt?", fragt Zygan. "Nicht, oder? Das ist es, was mich immer wieder an dieser Luftfederung fasziniert. Da guckt eine Kamera und die Federwege stellen sich in ihrer Dämpfung schon auf den kommenden Schlag ein. Da macht das auch gar nichts, dass wir mit 21-Zoll-Felgen unterwegs sind."

Da man nicht immer den Entwicklungschef an seiner Seite hat, kann man sich die Funktionsweise auch über den Zentralbildschirm mit einer Bilddiagonalen von 31,2 Zentimetern anzeigen lassen. Über das MBUX ist es möglich, die Kraftverteilung und auch die Dämpfereinstellungen grafisch zu animieren. Was nicht zu sehen ist, was aber für Diesel-Käufer noch viel wichtiger ist, ist die Abgasreinigung. Hier kommt beim 400d zusätzlich ein Selective-Catalytic-Reduction-Katalysator (SCR) mit Ammoniak-Sperr-Kat (ASC) im Abgasstrang zum Einsatz. Dadurch kann der AdBlue-Einsatz noch stärker dem individuellem Fahrverhalten angepasst werden und ein etwaiger übermäßiger Ammoniak-Überschuss wird im zweiten SCR-Katalysator abgebaut. Die CO2-Emission beträgt laut Datenblatt 212 bis 198 Gramm/Kilometer. Und weil wir die Datenblattwerte gerade bemühen: Den kombinierten Verbrauch gibt Mercedes hier mit 8,0 bis 7,5 Liter auf 100 Kilometer an.

Natürlich ist der 400d noch nicht die Leistungsspitze, die bildet momentan das AMG GLE 53 Coupé. Befeuert von einem 3,0-Liter-Reihensechszylinder-Benziner mit 48-Volt-Technologie leistet er 435 PS und generiert ein maximales Drehmoment von 520 Newtonmetern. Und nur um es mal aufgeschrieben zu haben, im Boost sind es 457 PS und 770 Newtonmeter. So angetrieben beschleunigen sich zwei Tonnen in 5,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Diese 48-Volt-Technologie zeichnet auch für den Start verantwortlich. "Für den leisen vor dem Eiscafé und den, wenn du es mal richtig krachen lassen willst", erklärt Drummond Jacoy, Leiter Entwicklung Mercedes-AMG und zieht die rechte Schaltwippe während des Startvorgangs. Tatsächlich böllert der Affalterbacher jetzt los, wie es eben nur ein AMG kann.

Auf den rumänischen Bergstraßen kommt auch Jacoy nicht umhin, auf das Fahrwerk hinzuweisen. Denn der Sportlichkeit wegen müsste der Affalterbacher Bolide bretthart sein. Ist er aber nicht. "In diesem Auto ist uns ein super Kompromiss zwischen Sport und Restkomfort gelungen", erklärt er. "Die Anbindung an die Straße ist noch so dicht, dass sie dem Status eines AMG durchaus entspricht. Das Luftfahrwerk mit der kontinuierlichen Verstelldämpfung ist natürlich eine riesige Spielwiese. Zudem ist in diesem Auto noch die von AMG weiterentwickelte Wankstabilisierung drin. Wir haben hier ein Stabi drin, das elektrisch über die 48-Volt-Technologie verspannt werden kann. Im alten Auto war das noch hydraulisch. Hier haben wir eine Abtastrate von 1000 pro Sekunde, es kann also unheimlich schnell reagieren und verstellen", so der Schotte.

Vor allem in schnell gefahrenen Kehren macht sich die Geschwindigkeit bemerkbar. Spätestens hier hätte das alte hydraulische System oder eben der Fahrer passen müssen. Allerdings stellt sich mit Blick auf den zu erwartenden Preis des GLE 53 Coupé die Frage, ob es fahrtechnisch nicht auch ein Stahlfederwerk getan hätte. "Prinzipiell sind wir Fans von Stahlfederwerken", so Jacoy. "Aber bei einem solch großen und schweren Auto ist die Luftfederung schon die bessere Lösung." Allerdings darf man so einen Wagen ohnehin nicht in Comfort fahren. Deshalb hat sich der AMG-Entwicklungs-Chef ein ganz eigenes Menü der Fahrkomponenten zusammengestellt: "Ich habe alle Komponenten auf Sport + gestellt. Lediglich beim Fahrwerk empfehle ich Sport, weil ich hier genug Dämpfung und Wankstabilisierung habe, ohne mir aber den Komfort restlos zu rauben."

Dann lässt er den Boliden durch die Kurven fliegen. Hart ran an die Kurve, kurzes Einbremsen und sofort herausbeschleunigen. Gefühlt kommen hier zehn Kehren hintereinander und immer wieder das gleiche Spiel. "Was hier die Bremsen leisten, ist unglaublich", sagt Jacoy verzückt und wirft erneut den Anker. Als ob er seine Arbeit nicht kennen würde, fügt er hinzu: "Die haben echt Biss, aber das ist noch nicht final." Sagt es und lässt die Klappen der optionalen Sportabgasanlage im querliegenden Endtopf im Heck eine grollende Berg-Sinfonie anstimmen. Was für ein feines Lied.

Kann ein GLE 53 Coupé das denn auch auf der Rennstrecke singen? "Natürlich müssen wir auch für dieses Auto eine gewisse Rennstrecken-Performance bieten, weil das Auto einfach authentisch sein muss. Das heißt, dass auch bei einem GLE 53 Coupé die Komponenten wie Bremsen, Reifen et cetera eine gewisse Anzahl an Runden auf der Rennstrecke durchhalten müssen", erklärt Jacoy und fügt hinzu: "Ansonsten wäre das wie ein Geländewagen, der nicht Offroad fahren kann." Auf jeden Fall ist es für den Beifahrer beeindruckend, zu erleben, was sich mit diesem Kanten in Kurven so anstellen lässt.

n-tv


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