Feuer lodern vor Uni - Sturmversuch der Polizei misslingt

  18 November 2019    Gelesen: 934
  Feuer lodern vor Uni - Sturmversuch der Polizei misslingt

Polizisten werden mit Pfeilen beschossen - und drohen ihrerseits mit scharfer Munition: In Hongkong eskaliert die Lage weiter. Demonstranten verschanzten sich in Uni-Gebäuden, davor brannten Barrikaden.

Es war ein Wochenende der Gewalt in Hongkong - und bisher ist von einer Entspannung der Lage nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die gewalttätigsten Zusammenstöße der vergangenen fünf Monate dauerten auch am Montagmorgen an. Neben Angriffen auf die Polizei mit Pfeil und Bogen, warfen die Demonstranten auch Molotow-Cocktails und Brandbomben.

Die Polizei setzte Wasserwerfer mit einem hautreizenden Wirkstoff sowie Tränengas ein. Den Ordnungskräften zufolge wurde ein Polizist am Sonntag von einem Pfeil ins Bein getroffen und ins Krankenhaus gebracht.

Viele Demonstranten trugen Gasmasken oder Tücher über Mund und Nase, um sich vor Tränengaswolken zu schützen. Einige zogen sich bis auf ihre Unterwäsche aus, nachdem sie zuvor von einem Wasserwerfer durchnässt wurden, dessen Wasser Augenzeugen zufolge ein Reizmittel enthielt. Ein gepanzertes Polizeifahrzeug, das bei den Ausschreitungen am Sonntag von Benzinbomben in Brand gesteckt worden war, wurde am frühen Montag abgeschleppt.

Erst im Laufe des Vormittags legte sich kurzzeitig angespannte Ruhe über das Areal. Doch Protestteilnehmer und Sicherheitskräfte sammelten sich bereits für die nächste Runde.

Einer der Schwerpunkte ist weiterhin die Polytechnische Universität in der Finanzmetropole - die letzte der fünf Universitäten der Stadt, deren Campus noch besetzt ist. Augenzeugen zufolge wirkt die Universität wie eine Festung. Von den Dächern wurden die Pfeile abgefeuert.

Als sich die Polizei in den Morgenstunden (Ortszeit) dem verbarrikadierten Eingangstor der Universität genähert hatte, zogen sich die Demonstranten in den Campus zurück und entfachten Brandsätze am Eingangstor sowie auf einer Fußgängerbrücke. In der Hektik des Aufruhrs wollten einige Demonstranten das Gebäude verlassen, andere verstärkten die Barrikaden und positionierten Kisten mit Benzinbomben rund um den Komplex. Tausende von Bewohnern und Demonstranten strömten über Nacht in verschiedene Bezirke rund um die Universität, um die Reihen der Bereitschaftspolizei zu durchdringen und die eingeschlossenen Studenten zu retten.

"Die Konfrontation ist vorerst ausgesetzt", sagte der demokratische Abgeordnete Ted Hui, der seit Sonntag mit den Studenten ausharrte, am Morgen der Zeitung "South China Morning Post". "Die Polizei kann nicht reinkommen, aber die Demonstranten können auch nicht raus."

In der Erklärung vom Montag warnte die Polizei die Demonstranten, nicht mehr mit tödlichen Waffen vorzugehen und weitere Gewalttaten einzustellen. Die Beamten würden sonst mit Gegengewalt reagieren und gegebenenfalls scharfe Munition einsetzen.

Der Bürgerrechtler Joshua Wong hat den Einsatz von Gewalt durch die Demonstranten in Hongkong hingegen verteidigt. "Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen", sagte Wong der "Süddeutschen Zeitung". "Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides."

Sorge um das weitere Vorgehen der Armee

Seit Juni demonstrieren immer wieder Zehntausende Menschen für Demokratie und gegen die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone, der sie zu große Nähe zur Führung in Peking vorwerfen. Die anfangs friedlichen Proteste arten immer mehr in Gewalt aus - auf beiden Seiten.

Für zusätzliche Unruhe sorgte ein Auftritt chinesischer Soldaten am Samstag in den Straßen der Metropole: Zum ersten Mal seit Beginn der Proteste im Juni verließen die Soldaten ihre Kaserne. Bilder zeigten, wie sie unter anderem Steine von einer Straße räumten. Die Aktion fand große Beachtung, weil es Befürchtungen gibt, China könnte die Proteste vom Militär niederschlagen lassen.

Die kommunistische Führung in Peking hatte zuletzt angedeutet, die Gangart in dem Konflikt zu verschärfen. Eine militärische Intervention halten die meisten Beobachter dennoch für unwahrscheinlich, weil China dann mit internationaler Ächtung rechnen müsste.

spiegel


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