Angriff auf Weizsäcker gibt noch Rätsel auf

  20 November 2019    Gelesen: 689
Angriff auf Weizsäcker gibt noch Rätsel auf

Chefarzt Fritz von Weizsäcker hält regelmäßig Vorträge für Laien. Sein Fachgebiet sind Leber- und Gallenerkrankungen. Am Dienstagabend wird der renommierte Mediziner bei einer dieser Veranstaltungen erstochen. Am Tag danach stehen die Klinikmitarbeiter unter Schock, der Täter ist gefasst, sein Motiv ein Rätsel.

Am Tatort hängt am Tag danach noch ein Zettel: "Konferenzraum gesperrt". Vor der Berliner Schlosspark-Klinik sind Kamerateams und Polizeiautos zu sehen, ein Sicherheitsmann passt auf, dass der Betrieb weitergehen kann. Wie schockierend es gewesen sein muss, was sich am Dienstagabend hier abgespielt hat, lässt sich nur erahnen: Der Chefarzt Fritz von Weizsäcker, Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, wird während eines Vortrags mit einem Messer attackiert. Er stirbt noch vor Ort. Der Tatverdächtige ist festgenommen. Es ist ein 57 Jahre alter Deutscher, vorher noch nicht polizeibekannt. Das Motiv: noch offen. Das Opfer ist ein renommierter Mediziner, aus einer der bekanntesten deutschen Familien.

Der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker würdigt seinen Cousin Fritz am Morgen danach mit warmen Worten. "Ich fand ihn ganz wunderbar", sagte von Weizsäcker. "Ich habe ihn ungewöhnlich lieb gehabt." Er habe keine Ahnung, was hinter dem Verbrechen stecken könnte. Fritz von Weizsäckers Schwester Beatrice postet bei Instagram ein Kreuz. In der Krankenhaus-Kantine erzählt eine Angestellte am Tag danach, dass der Chefarzt ein sehr netter Mensch war.

Die Klinik hat sich da noch nicht geäußert, am Morgen berät man sich noch. Klar ist: Es ist ein Verbrechen vor Publikum, der Schock ist besonders groß. Die Notfallseelsorge Berlin schaltet sich ein. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci bekundet ihr Beileid, sie sei bestürzt über die Nachricht vom tödlichen Angriff. Sie verurteile Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte "aufs Äußerste". Dass Menschen, die anderen helfen und Leben retten, so etwas passiere, erschüttere sie besonders. "Mein Dank und Respekt gilt den Teilnehmenden der Veranstaltung, die Zivilcourage gezeigt haben", so die SPD-Politikerin.

Ein Rückblick: Ein unauffälliges Plakat lockt zum öffentlichen Vortrag in der Schlosspark-Klinik. Um "Fettleber - (K)ein Grund zur Sorge?" soll es gehen. Gut ein Dutzend Menschen finden an diesem kalten, nassen Novembertag zu dem Krankenhaus am Rande des Schlossgartens in Charlottenburg. Beim "Forum 11/2019" im Tagungsraum Haus H der Abteilung für Psychiatrie spricht Dozent Fritz von Weizsäcker.

Er ist Chefarzt an der Schlosspark-Klinik. Es geht um sein Fachgebiet, "die Fettleber, eine weitgehend unbekannte, aber zunehmende Volkskrankheit". Nach ersten Ermittlungen der Polizei löst sich während des Vortrags plötzlich ein Mann aus der Reihe der Zuhörer. Der Mann stürmt auf den Dozenten zu. Ein Polizist, der zufällig unter den Zuschauern sitzt, versucht noch, den Mann aufzuhalten und überwältigt ihn.

Der 33-jährige Beamte besucht den Vortrag in seiner Freizeit und wird dabei selbst schwer verletzt. Er wird später in ein anderes Krankenhaus gebracht, operiert und ist nicht in Lebensgefahr. Gegen 19.00 geht bei Feuerwehr und Polizei ein Notruf ein, Rettungssanitäter und ein Notarzt eilen zu Hilfe. Sie können dem schwer verletzten Spitzenmediziner nicht mehr helfen. Ein Wiederbelebungsversuch bleibt erfolglos. Fritz von Weizsäcker ist tot.

Berühmte Familie

Die Ermittlungen der Polizei laufen. Wurde er in der Rolle als Arzt angegriffen, gab es ein privates Motiv oder war der Täter psychisch krank? Auch die Familie von Weizsäckers soll befragt werden, ob es möglicherweise Hinweise auf eine Bedrohung des Internisten gab. Gerichtsmediziner, Kriminaltechniker und Ermittler einer Mordkommission sichern am Tatort mögliche Spuren. Teile der Klinik werden dafür abgesperrt. Die meisten Fenster bleiben am Abend dunkel.

Das Opfer, der 1960 in Essen geborene Mediziner Fritz von Weizsäcker, stammte aus einer berühmten Familie. Sein Vater Richard von Weizsäcker (1920-2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident, zuvor 1981 bis 1984 für die CDU Regierender Bürgermeister von Berlin (West). Seine Mutter ist die frühere deutsche First Lady Marianne von Weizsäcker (87).

Seine Eltern hatten 1953 geheiratet. Richard von Weizsäcker arbeitete damals als Jurist beim Unternehmen Mannesmann. Bis 1962 wohnte die Familie in Essen und Düsseldorf, zog dann nach Ingelheim und 1967 nach Bonn. Fritz von Weizsäcker war das jüngste der vier Kinder. Sein Bruder Andreas starb 2008, es leben noch die 61-jährige Schwester Beatrice und der älteste Bruder Robert Klaus.

n-tv


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