Deutschland wird künftig einen genauso hohen Anteil an den Gemeinschaftskosten der Nato tragen wie die USA. Wie das Bündnis am späten Mittwochabend offiziell bestätigte, haben sich die 29 Mitgliedstaaten kurz vor dem Jubiläumsgipfel in London darauf verständigt, den entsprechenden Aufteilungsschlüssel zu ändern. Dies sei ein wichtiges Zeichen, dass man sich der Allianz und einer faireren Lastenteilung verpflichtet fühle, sagte eine Sprecherin.
Zu den Details der künftigen Kostenverteilung wollte sich die Nato zunächst nicht äußern. Der neue Aufteilungsschlüssel sieht allerdings vor, dass der US-Anteil an den Gemeinschaftskosten ab 2021 von derzeit 22,1 Prozent auf 16,35 Prozent gesenkt und der deutsche Anteil von 14,8 Prozent auf 16,35 Prozent erhöht wird. Die dann noch bleibende Finanzierungslücke füllen anteilig die anderen Nato-Staaten mit Ausnahme Frankreichs. Die Regierung in Paris habe den Plan als nicht zielführend abgelehnt, hieß es von Diplomaten. In Frankreich werde vermutet, dass es nur darum gehe, US-Präsident Donald Trump einen Gefallen zu tun.
Für Deutschland würde die Änderung des Verteilungsschlüssels bei konstanten Kosten eine jährliche Mehrbelastung in Höhe von mehr als 33 Millionen Euro bedeuten. Die USA könnten dagegen mehr als 120 Millionen Euro sparen. In diesem Jahr zahlen die Vereinigten Staaten von den betroffenen Gemeinschaftsausgaben in Höhe von etwa 2,12 Milliarden Euro fast 470 Millionen Euro, während Deutschland nur rund 313 Millionen Euro überweist.
Mit dem Geld aus der Gemeinschaftskasse werden zum Beispiel die Bündniszentrale in Brüssel und die militärischen Hauptquartiere finanziert. Ein Teil der Mittel ist zudem für Investitionen in gemeinschaftlich nutzbare Infrastruktur vorgesehen. Wie viel Geld ein Land zu den Gemeinschaftskosten beitragen muss, richtet sich grundsätzlich nach dem Bruttonationaleinkommen. Für die USA gibt es aber eine Obergrenze, da sie sonst rund die Hälfte der Gemeinschaftskosten tragen müssten.
In der Nato-Zentrale besteht Hoffnung, dass die Einigung auf das neue Finanzierungsmodell auch den Streit über die wesentlich relevanteren Verteidigungsausgaben etwas entschärfen kann. In diesem Konflikt geht es darum, dass US-Präsident Trump von der Bundesrepublik und anderen Bündnispartnern verlangt, ihre nationalen Militärausgaben bis 2024 auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zu erhöhen. Trump verweist dabei auf einen Bündnisbeschluss aus dem Jahr 2014. Die Bundesregierung pocht jedoch bislang darauf, dass im entsprechenden Text lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen.
Die deutschen Verteidigungsausgaben liegen nach Nato-Zahlen derzeit bei rund 47 Milliarden Euro, was schätzungsweise einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 1,39 Prozent entsprechen wird. 2014 hatten sie bei rund 35 Milliarden Euro (1,18 Prozent) gelegen. Zum Vergleich: Die USA haben der Nato für 2019 Verteidigungsausgaben in Höhe von mehr als 730 Milliarden US-Dollar (660 Mrd Euro) beziehungsweise eine Quote von 3,42 Prozent gemeldet.
Zum zweitägigen Nato-Gipfel werden am kommenden Dienstag alle 29 Staats- und Regierungschefs in London erwartet - darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der das Bündnis jüngst als hirntot bezeichnet hatte. Aus Paris heißt es nun zum neuen Kostenschlüssel, das Thema sei in der aktuellen Situation absolut nachrangig. Diskutiert werden müsse die Frage der transatlantischen Beziehungen oder der Umgang mit dem Bündnispartner Türkei. Dies ist offensichtlich eine Anspielung darauf, dass Macron die sicherheitspolitische Koordinierung im Bündnis für absolut unzureichend hält. Ein Negativ-Beispiel ist die im Bündnis nicht abgesprochene Militäroffensive des Nato-Partners Türkei in Nordsyrien, die durch einen ebenfalls nicht abgesprochenen Rückzug der USA möglich geworden war.
n-tv
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