Die neue Art, ein Auto zu besitzen

  04 Dezember 2019    Gelesen: 1120
Die neue Art, ein Auto zu besitzen

Autokauf? Zu teuer. Carsharing? Zu unbequem. Wer Autos fahren, sich aber nicht ums Fahrzeug kümmern will, wird jetzt bedient: Immer mehr Firmen bieten All-inklusive-Auto-Angebote auf Zeit an. Wie funktioniert das?

Autokauf ist eine komplizierte, zeitraubende Angelegenheit. Bis zu zehn Unterschriften sind nötig, drei davon unter jeweils separate Datenschutzerklärungen. Eine Versicherung muss abgeschlossen werden, die Zulassung organisiert und, na klar, das Auto überhaupt erst einmal ausgesucht, begutachtet, Probe gefahren werden.

"Mit unserer digitalen Buchung per Cluno App hast du dein Auto in weniger als 3 Minuten gebucht", verspricht hingegen der 2017 gegründete Münchner Auto-Abo-Anbieter Cluno. Auto-Abo? Das funktioniert so ähnlich wie andere Abos auch, etwa die Gemüsekiste vom Biobauernhof, der Mobiltelefonvertrag oder das Zeitschriften-Abo. Wer es nutzt, bucht zu einem monatlichen Festbetrag ein Auto auf Zeit.

Das Konzept Auto-Abo ist die jüngste Spielart der Fahrzeugnutzung, angesiedelt zwischen Carsharing und Leasing. Doch anders als beim Carsharing besitzt man einen eigenen Pkw für den gewünschten Zeitraum, und anders als beim Leasing ist dieser Zeitraum deutlich kürzer. Die Mindestlaufzeit eines Auto-Abos beträgt je nach Anbieter zwischen einem Monat und sechs Monaten. Immer gleich ist jedoch die Grundidee: Für einen All-inklusive-Fixbetrag pro Monat gibt's ein Auto. Lediglich die Spritkosten zahlt der Nutzer zusätzlich.

Alles Weitere, also Versicherung, Steuern, GEZ-Gebühren, die Kosten für Wartung, Instandhaltung und Verschleißteile, TÜV und Abgasuntersuchung sowie der Wertverlust sind mit dem Monatsbetrag abgegolten. Im Blick behalten sollte der Auto-Abonnent allerdings die zurückgelegten Kilometer. Bei Cluno beispielsweise sind pro Monat 1250 Kilometer inklusive, jeder weitere Kilometer kostet 20 Cent extra; nicht genutzte Kilometer wiederum verfallen nicht, sondern können im Folgemonat addiert werden.

Eine wichtige Größe: Die Anzahl der Freikilometer

Beim Auto-Abo-Anbieter Faaren wiederum können unterschiedliche Kilometerpakete pro Monat gebucht werden, von 1250 bis 3330 Kilometer. Bei Vive La Car reichen die Freikilometer-Pauschalen von 200 bis 2500 Kilometer und können, je nach Bedarf, monatsweise angepasst werden. Die Beispiele zeigen, dass sich ein Vergleich der unterschiedlichen Anbieter lohnt. Zumal jedes der Auto-Abo-Start-ups zwar schnellen, unkomplizierten und flexiblen Autobesitz verspricht, es aber doch Unterschiede gibt bei der Preisgestaltung, dem Fahrzeugangebot, der Wartezeit bis zur Verfügbarkeit des Wagens, den Kündigungsfristen und beim Geschäftsmodell.

Cluno beispielsweise verlangt bei der ersten Anmeldung eine einmalige Gebühr von 299 Euro und die Autos, die im Abo angeboten werden, gehören dem Unternehmen. Auch Carminga vermittelt eigene Autos, während die Firma Faaren Abos vermittelt für Pkw, die von kooperierenden Autohäusern, Autovermietungen oder Herstellern dafür bereitgestellt werden. Das vor einem Jahr gegründete Start-up Vive La Car wiederum arbeitet ausschließlich mit Marken-Vertragshändlern zusammen. Derzeit sind es 108 Betriebe mit insgesamt 300 Standorten von mehr als 20 Automarken in Deutschland.

Vive La Car propagiert "eine neue Leichtigkeit" beim Autobesitz

Vermittelt werden von Vive La Car fast ausnahmslos Neuwagen. Das Konzept ist nicht nur für Kunden attraktiv, sondern auch für die Markenhändler. Der Grund: Von den etwa 3,4 Millionen Neuzulassungen in Deutschland sind rund ein Drittel sogenannte Tageszulassungen. Die Autos tauchen damit in den Verkaufs- und Zulassungsstatistiken auf und stützen den Marktanteil der jeweiligen Marke, stehen de facto aber nach wie vor beim Händler. "Und die Standkosten eines Neuwagens beim Händler belaufen sich auf mindestens 20 Euro pro Tag", sagt Stephan Lützenkirchen, Sprecher von Vive La Car. Ziehe man dazu die durchschnittliche Standzeit von Neuwagen beim Markenhändler von aktuell 94 Tagen in Betracht, verstehe man sofort, weshalb die Betriebe ein hohes Interesse daran hätten, die Autos beispielsweise durch ein Abo-Modell auf die Straße zu bringen, erklärt Lützenkirchen.

Auf jeden Fall erhalten die Hersteller wertvolle Kundendaten. Und im besten Falle wird aus einem Auto-Abonnenten ein Autokäufer. Denn das Abo-Modell bietet auch eine unverbindliche Möglichkeit, sich auszuprobieren. Zum Beispiel, ob neue Technologien wie Elektroautos zum eigenen Nutzungsprofil passen. Bei Vive La Car etwa kann man einen Citroën Berlingo Electric ab 258 Euro pro Monat abonnieren, einen Renault Zoe ab 386 Euro. Für Kunden wiederum ist ein E-Auto-Abo eine risikolose Gelegenheit um auszuprobieren, ob ein Wagen mit Akku-Antrieb in ihren Alltag passt.

spiegel


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