Weltgemeinschaft verurteilt nordkoreanischen Raketenstart

  08 Februar 2016    Gelesen: 1377
Weltgemeinschaft verurteilt nordkoreanischen Raketenstart
Einen Monat nach seinem Atomwaffentest hat Nordkorea mit dem Start einer Langstreckenrakete erneut weltweite Empörung ausgelöst. Die Rakete habe erfolgreich einen Satelliten ins All befördert, berichtete das Staatsfernsehen am Sonntag. Die USA, die EU und Südkorea werteten den Raketenstart als verdeckten Test zur Entwicklung von Interkontinentalraketen und als Verstoß gegen UN-Resolutionen. Der UN-Sicherheitsrat wollte noch am Sonntag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.
Die Rakete sei am Sonntagmorgen gegen 09.00 Uhr Ortszeit (01.30 Uhr MEZ) vom Stützpunkt Dongchang-ri abgefeuert worden, teilte das südkoreanische Verteidigungsministerium mit. Nach Angaben des nordkoreanischen Staatsfernsehens verlief der Abschuss der Rakete nach Plan. Die Trägerrakete habe den "Erdbeobachtungssatelliten Kwangmyong 4 erfolgreich in die Umlaufbahn gebracht", verkündete eine Nachrichtensprecherin. Machthaber Kim Jong Un erteilte demnach persönlich den Befehl zum Start.

Nordkorea habe das Recht, das Weltall "friedlich und unabhängig" zu nutzen, sagte die Sprecherin. Der Raketenstart sei aber auch ein "Durchbruch bei der Steigerung der nationalen Verteidigungsfähigkeiten".

Es gab zunächst keine unabhängige Bestätigung dafür, dass die letzte Stufe der Trägerrakete tatsächlich die Erdumlaufbahn erreichte. Ein Vertreter der US-Armee sagte, dass die Rakete "anscheinend" das Weltall erreicht habe.

Die internationale Gemeinschaft wertet den Start der Weltraumrakete als Schritt zur Entwicklung einer mit atomaren Sprengköpfen bestückbaren Interkontinentalrakete. US-Außenminister John Kerry sprach von einer "abscheulichen" Verletzung von UN-Resolutionen. Die Nationale Sicherheitsberaterin der USA, Susan Rice, bezeichnete den Raketenstart als "destabilisierend und provokativ".

Auch die ständigen UN-Sicherheitsratsmitglieder Frankreich und Großbritannien verurteilten den Schritt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warf Pjöngjang eine "verantwortungslose Provokation" vor. Diese "offene Herausforderung der Weltgemeinschaft" dürfe nicht ohne "spürbare Konsequenzen" bleiben, erklärte Steinmeier.
Die EU-Außenbeauftragte Ferderica Mogherini sprach von einer Bedrohung des "internationalen Friedens und der Stabilität in der Region". Nach Aussage von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verstieß die nordkoreanische Führung mit dem Raketentest gegen fünf UN-Resolutionen zu ihrem Atom- und Raketenprogramm. Nordkoreas wichtigster Verbündeter China äußerte hingegen lediglich sein "Bedauern" darüber, dass Nordkorea ungeachtet internationaler Proteste darauf bestehe, eine Rakete abzufeuern.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief Pjöngjang dazu auf, seine "provokativen Aktionen" zu beenden. In New York wollte nach Angaben von Diplomaten noch am Sonntag (17.00 Uhr MEZ) der UN-Sicherheitsrat zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye forderte das höchste UN-Gremium auf, "schnell harte Strafmaßnahmen" gegen Nordkorea zu verhängen.

Auch die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel dürften sich nun weiter verschärfen. Seoul kündigte an, mit Washington über den Aufbau eines US-Raketenschilds in Südkorea zu verhandeln. China und Russland lehnen die Stationierung von Abwehrraketen in der Region vehement ab. Südkoreas Armeeführung kündigte außerdem ab, die nächste Militärübung mit den USA, die jedes Jahr den Zorn Nordkoreas hervorruft, werde größer ausfallen als je zuvor.

Nordkoreas Führung hatte erst vor einem Monat weltweit Empörung ausgelöst, als sie die Zündung einer Wasserstoffbombe verkündete. Der vierte Atomwaffentest des Landes seit dem Jahr 2006 wurde vom UN-Sicherheitsrat scharf verurteilt. Auf eine Reaktion konnte sich das UN-Gremium aber bislang nicht verständigen, da die Vetomacht China harte Strafen gegen Nordkorea blockierte.

Atomexperten und die US-Regierung bezweifeln allerdings, dass es sich damals tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte. Auch die Entwicklung einer Interkontinentalrakete ist offenbar noch nicht so weit fortgeschritten wie von Pjöngjang behauptet.

Nach Einschätzung des Raumfahrtingenieurs John Schillingo bringen die nordkoreanischen Raketen keine "ballistische" Flugkurve zustande, die für einen Angriff auf weit entfernte Ziele nötig wäre. Fraglich ist auch, ob Nordkorea bereits einen Atomsprengkopf entwickelt hat, mit dem eine Rakete bestückt werden kann.

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