Dr. Christian Johannes Henrich: Armenien geht den Weg der Homogenität und Assimilation

  14 Dezember 2019    Gelesen: 1139
    Dr. Christian Johannes Henrich:   Armenien geht den Weg der Homogenität und Assimilation

Dr. Christian Johannes Henrich, Leiter des Forschungszentrums Südosteuropa und Kaukasus gab Dr. Anar Allahverdi, dem AZERTAC-Korrespondenten ein exklusives Interview. In seinem Interview beantwortete der deutsche Forscher Fragen von AZERTAC zur Rolle Aserbaidschans in den internationalen Beziehungen, seiner multikulturellen Politik und den jüngsten Reformen in Aserbaidschan. AZERTAC präsentiert dieses Interview.

-Sehr geehrter Herr Dr. Christian Johannes Henrich, Sie sind Leiter des deutschen Forschungszentrums Südosteuropa und Kaukasus und forschen seit Jahren über die Kaukasusregion. Wie schätzen Sie die Rolle Aserbaidschans in den internationalen Beziehungen ein?

-Aserbaidschan spielt eine sehr wichtige Rolle bei der westlichen und europäischen Sicherheitspolitik. Darüber hinaus ist Aserbaidschan aktiv am NATO-Programm Partnerschaft für den Frieden beteiligt. Auch die Mitgliedschaft im GUAM-Abkommen zeigt Aserbaidschans besondere Rolle in der Sicherheitspolitik. Traditionell steht Aserbaidschan in Sicherheitsfragen auch dem Bruderland Türkei sehr nahe. Auch dadurch sind die Kontakte zum Westen gefestigt. Dazu hat Aserbaidschan ein militärisches Beistandsabkommen mit Pakistan geschlossen und weitreichende Militärabkommen mit den Vereinigten Staaten. Eine weitere wichtige Rolle auf der internationalen Bühne fällt Aserbaidschan in der Energiepolitik zu. 2006 und 2011 unterzeichneten die Europäische Union (EU) und Aserbaidschan strategische Verträge, in denen Aserbaidschan die Gas-Lieferungen nach Europa zusagt. Somit ist Aserbaidschan ein enger und wichtiger Partner in der EU-Energiepolitik. Dadurch gewinnt das Land auch an Bedeutung und Einfluss in Europa. Zukunftsweisende Projekte wie die Transkaukasische Hauptexportpipeline Baku-Tiflis-Ceyhan (2006) und die Transanatolische Pipeline (TANAP), die 2018 in Betrieb genommen wurde, verbinden die aserbaidschanischen Gasfelder mit der 2020 fertiggestellten Trans-Adria-Pipeline (TAP). Die oben genannten Projekte werden zur Energieversorgung in Europa wesentlich beitragen. Die 2017 in Betrieb genommene Bahnlinie Baku–Tiflis–Kars, ist als Teil des Transportkorridors Europa–Kaukasus–Asien ebenfalls eine wichtige Infrastrukturmaßnahme und Tür zu Europa.

-Multikulturalität nimmt einen Stellenwert in der neuen Staatspolitik in Aserbaidschan. Was meinen Sie dazu?

-Das offene Bekenntnis zum Multikulturalismus ist ein wichtiger Schritt in der Kaukasus-Region. Nicht zu Letzt, da Armenien in der Vergangenheit eher den Weg der Homogenität und der Assimilation geht. Beispielsweise kann man hier die kurdischen Armenier nenne, die fast vollständig vertrieben oder assimiliert wurden. Gleiches gilt für ethnische Aserbaidschaner. Armenien hält seit 1992 mehr als 20 Prozent der aserbaidschanischen Territorien völkerrechtswidrig besetzt. Alle Einwohner wurden aus den besetzten Gebieten vertrieben. Kein Aserbaidschaner lebt heute weder in jenen besetzten Siedlungen der Republik Aserbaidschan noch in Armenien. Hier verfolgte man eine ethnische Säuberungs-und Deportationspolitik. Im Gegenteil leben in Aserbaidschan 120.000 Armenier mit Vertretern von anderen ethnischen Minderheiten, Religionen, Konfessionen und Kulturen friedlich zusammen. Baku, die Hauptstadt der Republik Aserbaidschan, seit Jahren zum Tagungsort internationaler Konferenzen, die nach neuen Wegen in einem weltweiten interkulturellen Dialog suchen. In diesem Kontext konstatierte die aserbaidschanische Regierung Multikulturalität nicht nur als gelebten Alltag in Aserbaidschan, sondern mahnte Multikulturalismus auch als ein Modell für mehr Sicherheit und eine friedliche Zukunft an.

- In letzter Zeit wurden in Aserbaidschan grundlegende Veränderungen in der Staatsverwaltung vorgenommen. Viele gut ausgebildete junge Führungskräfte werden zu höchsten Posten ernannt. Es wäre interessant, Ihre Meinung darüber zu wissen.

-Dieser Reformkurs von Präsident Ilham Aliyev kann ein entscheidender Schachzug auf internationalem Parkett sein. Junge, gut ausgebildete Aserbaidschaner, die zahlreiche internationale Kontakte geknüpft haben, können zukünftige Ideen und Probleme ganz anders angehen und lösen, als die alten Funktionäre. Präsident Ilham Aliyev hat sich hier sehr gut und richtungsweisend positioniert. Die Verwaltung wird durch die eigene Erneuerung das Land erneuern. Neue Denkansätze und Erfahrungen bringen am Ende dieses großartige Land einen weiteren Schritt nach vorne.

 


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