Kopftuchstreit: Bosnische Frauen gegen Paternalismus und Diskriminierung

  09 Februar 2016    Gelesen: 1517
Kopftuchstreit: Bosnische Frauen gegen Paternalismus und Diskriminierung
Tausende Menschen, vor allem Frauen, haben am Sonntag in der Innenstadt von Sarajewo gegen ein jüngst erlassenes Kopftuchverbot innerhalb gerichtlicher Institutionen demonstriert. Bosnien-Herzegowina ist eine muslimisch geprägte Balkanrepublik.
„Wir versammelten uns, um gegen Vorurteile, Diskriminierung und Marginalisierung zu demonstrieren“, erklärte Samir Zunic, eine der Demonstrations-Organisatorinnen, gegenüber den versammelten Massen. Sie fügte hinzu:

„Das Verbot, das Kopftuch in Gerichtsgebäuden nicht tragen zu dürfen, ist ein ernsthafter Angriff gegen die Persönlichkeit und Identität, eine Verletzung […], die darauf abzielt, Frauen ihr Recht auf Arbeit zu entziehen.“

Die Demonstrationen wurden durch die kürzlich vom Obersten Justizrat Bosniens gefällte Entscheidung, „religiöse Zeichen“ zu verbieten, ausgelöst. Die Verantwortlichkeit des Justizrates beruft sich auf die Überwachung der Justiz hinsichtlich der Sicherstellung ihrer reibungslosen Arbeitsweise.

Das Verbot betrifft Richter als auch Angestellte in diesem Sektor. Der Erlass geht soweit, dass er explizit das Nichttragen des traditionellen Kopftuches, welches in der Regel religiöse muslimische Frauen zu tragen pflegen, verbietet. Dieser Umstand wurde vonseiten hochrangiger Persönlichkeiten aus Politik und Religion kritisiert. Auch lokale muslimische Vereinigungen stellten sich gegen den Erlass.

Die Demonstranten marschierten für rund eine Stunde durch die bosnische Hauptstadt. Sie führten Banner mit Aufschriften wie „Das Kopftuch ist meine tägliche Entscheidung“, „Das Kopftuch ist mein Recht“ und andere mit sich.

„Wir kamen, um mitzuteilen, dass wir keine Opfer des Kopftuches sind. Wir kamen, um unser Recht zu verteidigen. Es ist unsere Krone, unsere Freiheit, unsere Ehre“, skandierte Elisa Hamovac, eine 33 Jahre alte Hausfrau mit Kindern, die ein hellblaues Kopftuch trug.

Muslime machen rund 40 Prozent der bosnischen Gesamtbevölkerung aus, die bei 3,8 Millionen liegt. In Bosnien wird in der Regel eine moderate Form des Islams gelebt. Darüber hinaus leben in der Balkanrepublik orthodoxe und katholische Christen.

Zuletzt war das Tragen des Kopftuches zu Zeiten Jugoslawiens verboten, jenem von Serbien dominierten, kommunistischen Vielvölkerstaat, dessen Teil Bosnien-Herzegowina bis 1992 war.

Unterdessen diffamiert die deutsche Tageszeitung TAZ die Demonstrierenden als „Islamistinnen“. Der TAZ-Bericht feindet die friedlichen Demonstrantinnen für ihren Widerstand gegen säkularistische Bevormundungen unter dem Deckmantel der „Neutralität“ an. Dass es sich bei dem Demonstrationszug um eine Bewegung handelt, die durchaus in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und eigentlich kaum etwas mit islamistischen Stereotypen zu tun hat, wird vonseiten der linken Tageszeitung verschwiegen.

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