Mehr illegale Einreisen als Abschiebungen

  25 Dezember 2019    Gelesen: 936
Mehr illegale Einreisen als Abschiebungen

Abschiebungen sind Ländersache und offenbar läuft es dabei trotz anderslautender Wünsche aus dem Bundesinnenministerium nicht rund. Der Chef der Bundespolizei schlägt nun Alarm: 2019 reisen deutlich mehr Ausländer illegal nach Deutschland ein, als abgeschoben werden.

Mit der zögerlichen Abschiebepraxis der Bundesländer zeigt sich Bundesinnenminister Horst Seehofer seit längerem unzufrieden. Die Statistik der Bundespolizei für 2019 belegt allerdings keine Besserung, sondern eine wachsende Kluft zwischen Abschiebungen und illegalen Einreisen. Laut einem Bericht der Zeitungen der Funke Mediengruppe übersteigen die unerlaubten Einreisen im laufenden Jahr die Zahl der Abschiebungen deutlich. Von Januar bis Oktober 2019 registrierte die Bundespolizei demnach 20.996 Rückführungen - etwa 1000 weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Ihnen standen 32.945 unerlaubte Einreisen nach Deutschland gegenüber. Im November verzeichnete die Bundespolizei rund 3700 weitere unerlaubte Einreisen.

Die Bundespolizei spricht von einer "Stagnation der Rückführungszahlen" und nennt als Grund "ein erhebliches Maß" an stornierten Abschiebungen durch die Bundesländer. Dieter Romann, Präsident der Bundespolizei, kritisierte auch die geringe Zahl der Abschiebehaftplätze in den Ländern. "Gemessen an den rund 248.000 ausreisepflichtigen Drittstaatsangehörigen sind die 577 Abschiebehaftplätze, die es in den Ländern gibt, viel zu wenig", sagte Romann den Zeitungen.

Die meisten illegalen Einwanderer reisten in den ersten drei Quartalen laut Bundespolizei über deutsche Flughäfen (9183), die deutsch-österreichische Grenze (8344) und die deutsch-tschechische Grenze (3560) ein. Die meisten illegalen Einwanderer kamen aus Afghanistan (2399), Nigeria (2133), der Türkei (1721), Syrien (1691), Albanien (1682) und dem Irak (1651). Insgesamt war die Zahl der unerlaubten Einreisen von Januar bis November 2019 leicht rückläufig. Es wurden 36.654 unerlaubt eingereiste Personen festgestellt. Im Vorjahreszeitraum waren es 38.580 gewesen.

Seit Oktober Schleierfahnungen an der Grenze

Zumindest das könnte sich Seehofer als eigenen Erfolg anrechnen. Anfang Oktober hatte der CSU-Minister die Bundespolizei angewiesen, die Schleierfahndung im Grenzgebiet auszuweiten. Einen Monat später folgte ein Erlass von Seehofer, wonach die Bundespolizei ab sofort ihre Kontroll- und Fahndungsmaßnahmen intensivieren solle - vor allem unmittelbar an den Grenzen. Abgeschobene Asylbewerber mit einer Einreisesperre für Deutschland sollten so möglichst schon an der Grenze zurückgewiesen werden.

Dass sich Seehofer diesem Phänomen vordringlich widmete, hat auch mit dem vorbestraften Bremer Clan-Chef Ibrahim Miri zu tun. Miri war in Deutschland 19 Mal rechtskräftig verurteilt worden, unter anderem wegen Raubes, schweren Diebstahls, Hehlerei und bandenmäßigen Drogenhandels. Im Juli wurde er in den Libanon abgeschoben. Ende Oktober tauchte er plötzlich in seinem alten Wohnort Bremen auf und stellte einen Asylantrag. Er wurde festgenommen und rund einen Monat später wieder abgeschoben. Anfang Dezember wurde er in Istanbul abgefangen, möglicherweise wieder auf dem Weg nach Deutschland.

Anders als bei Extremisten und Straftätern zeigen sich die Innenminister der Länder bei Abschiebungen von abgelehnten Flüchtlingen etwa nach Afghanistan sehr zögerlich. Bis Ende September seien 22.331 afghanische Staatsangehörige ausreisepflichtig gewesen, teilte das Bundesinnenministerium Anfang Dezember mit. Zurückgeführt worden seien bis dahin lediglich 317 Afghanen, meldete der "Tagesspiegel". Über die enorme Diskrepanz wird Seehofer mit den Länderkollegen wohl weiter sprechen müssen.


Quelle: ntv.de


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