Der Blitzbesuch der Bundeskanzlerin in Moskau hat Symbolkraft und ist vielleicht die letzte Gelegenheit, das europäische und globale Schicksal zu wenden. Der Grund ist ebenso simpel wie dramatisch. Nach Jahren der berechtigten Annahme, Präsident Trump wurde in den amerikanischen Beziehungen zur Welt von der ewigen amerikanischen Kriegführerei Abstand nehmen, hat er mit seinem Auftrag zur Ermordung des iranischen Friedensemissärs, General Soleimani, die Welt direkt an den Abgrund eines Krieges geführt.
Manch einer erinnert sich noch daran, wie sich der Kandidat Donald Trump von seiner Widersacherin, Hillary Clinton, mit seinen Versprechen an das amerikanische Volk von Frau Clinton absetzen konnte. Fast die ganze Welt war der Ansicht, bei einem Wahlsieg von Frau Clinton unmittelbar vor einem globalen Kriegsbeginn zu stehen. Herr Trump hob sich fast wohltuend von diesem Bild für Jahre ab. Wenn man heute nach Washington blickt, sieht man geradezu die Kriegsgeilheit, die die Vereinigten Staaten regierungsseitig geradezu auszeichnet. Präsident Trump ist in die Rolle von Hillary Clinton geschlüpft. Die Welt steht jetzt da, wo sie glaubte, bei einer Wahlsiegerin Clinton sich wiederzufinden.
Die Ermordung von General Soleimani stellt eine Zäsur im Zusammenleben der Staaten und damit der Regeln des Völkerrechtes dar. Daraus leiten sich Konsequenzen für Iran gegenüber dem Land ab, das den Mordbefehl gegeben hat und vor dieser Situation steht die Welt um den Preis eines Krieges, der die Region zerfetzen und die Welt in den Abgrund reissen wird. Da ist jede Bemühung zu begrüßen, das Schlimmste anzuwenden, auch der Besuch der Bundeskanzlerin in Moskau. Frau Dr. Merkel sollte sich allerdings fragen, ob sie durch die seit Jahren laufende Kollaboration mit den innenpolitischen Hassern von Präsident Trump nicht wesentlich zu heutigen Situation, in der sich offenkundig Präsident Trump befindet, beigetragen hatte und hat?
Jahrelang legte Präsident Trump Wert darauf, sich nicht auf den „deep state" (Tiefer Staat) abzustützen und den Nachrichtendiensten nicht das Monopol für sein eigenes Handeln zu überlassen. Er hat geradezu einen Kampf gegen den „deep state" geführt, um jetzt als dessen oberster Vollstrecker dazustehen. Es geht und ging darum, die Bereitschaft von Präsident Trump, in Anbetracht der globalen Probleme, die das „Aus" für die gesamte Menschheit bedeuten können, Verständigung mit anderen Staaten, vornehmlich Russland zu finden, in die Tat umsetzen zu können.
Man kann jeden Tag bestaunen, was zur Verhinderung eines Treffen mit Präsident Putin und Präsident Trump unternommen wird. Da geht ein Präsident hin und will Frieden und muss erleben, dass gegen ihn geradezu „blank“ gezogen wird. An der Spitze der europäischen Bündnis-Fronde gegen Präsident Trump befindet sich ausgerechnet die deutsche Bundeskanzlerin. Nicht dass die alleinige Antwort von Präsident Trump darauf besteht in seinen Versuchen, Nord Stream 2 zu torpedieren. Der Besuch von Frau Dr. Merkel in Moskau macht eigentlich nur Sinn, wenn sie einen Termin für das Treffen zwischen Präsident Putin und Präsident Trump im Gepäck hat oder sich das aus ihrem Besuch entwickeln kann.
Fast hat man den Eindruck, dass sie sich damit beeilen sollte. Unmittelbar vor der Ermordung von General Soleimani beeilte sich in einer Dankbotschaft an Präsident Trump der russische Präsident Putin, auf die glückliche Verhinderung eines Anschlages in St. Petersburg über die Festtage hinzuweisen. Dies war den russischen Behörden möglich, weil die zielführenden Hinweise von amerikanischen Behörden gekommen waren. Kurz zuvor hatte es in der Schweiz ein Treffen zwischen zwei Kollegen gegeben. Der amerikanische und der russische Generalstabschef waren zu einer beruflichen Abstimmung in Bern zusammengetroffen. Man kann also miteinander.
Fraglich ist nur, wie weit das gehen kann und diese Frage kann nur mit Hilfe der europäischen Anführerin, der deutschen Bundeskanzlerin beantwortet werde, gerade in Zusammenhang mit dem russischen Präsidenten Putin. Die transatlantischen Speichellecker werden aufjaulen, aber es war Präsident Putin, der sich bei dem russischen Vorhaben, seit Beginn seiner Präsidentschaft, an die gültigen Regeln des Völkerrechtes gehalten hat. Der Westen ist in dieser Zeit angetreten, das Völkerrecht durch Kriege in besonderer Weise „weiter zu entwickeln“. Auf der Grundlage des Völkerrechtes ist in den deutschen und westlichen Beziehungen zu Moskau „Frontbegradigung“ angebracht.So kann es nicht weiterhin, wie es seit dem westlichen Putsch in Kiew betrieben worden ist.
Die Beziehungen zu Moskau sollten von dem Geist der guten Nachbarschaft bestimmt sein. Diese muss neu entwickelt werden, solange der Westen und auch Berlin dazu noch in der Lage ist. Die Ermordung von General Soleimani und die dadurch für den ganzen Globus heraufbeschworene Kriegsgefahr sollte im westlichen Einflussbereich für zwei Dinge genutzt werden: Israel sollte in Zusammenhang mit beabsichtigten neuen Siedlungen und der Annexion des Westjordanlandes Zurückhaltung üben. In Europa gibt es jeden Grund, das Aufmarschmanöver der Nato gegenüber Russland in diesem Frühjahr auf Dauer auf Eis zu legen. Man sollte dem russischen Beispiel folgen und Nato-Manöver in einer Größenordnung, wie sie zuletzt auch russische Truppen jenseits des Ural durchgeführt haben, nicht im grenznahen Bereich gegenüber Russland und unter Einbeziehungen aller europäischen Staaten durchzuführen.
Es sind die Bilder aus der Vergangenheit, die drohen, uns alle im Elend versinken zu lassen. Bei dem Nato-Manöver ist es die Erinnerung an „Unternehmen Barbarossa" und der amerikanische Präsident Trump sollte sich bei seinem Vorgehen nach seinen sicherheitspolitischen Richtlinien fragen, wo eigentlich der Unterschied zu früheren Zeiten liegt, wenn er selbst (iranische) Stätten des Weltkulturerbes oder der Einhegung von Konflikten in sein Vorgehen einbeziehen will? Damit kann man vielleicht den einen oder anderen nicht beeindrucken. Aber um die Frage der Selbstachtung willen kann das niemand in Europa mitmachen. Der frühere Sinn der Nato bestand darin, Werte zu erhalten. Ein Bündnis, in dem man mit den Vereinigten Staaten nur um den Preis der politisch-moralischen Selbstaufgabe zusammenarbeiten muss, hat jegliche Eigenberechtigung verloren. Es ist obsolet geworden, auch wenn die Dimension schreckt.
Für die Bundeskanzlerin, die im vergangenen Jahr alles unternommen hat, das Ereignis „Versailles" vor einhundert Jahren vergessen zu machen, ist eines bei diesem Moskau-Besuch unausweichlich. In Moskau kennt man die Geschichte, wie Präsident Putin unter Bezug auf „Versailles" und das sich daraus ergebende „deutsche Verhängnis" am 20. Dezember 2019 in St. Petersburg deutlich gemacht hatte. Der Grundfehler des Westens geht in der Beziehung zu Russland auf die arrogante Haltung in Washington Anfang der neunziger Jahre zurück, als man trunken war vom „Sieg im Kalten Krieg über die Sowjetunion". Helmut Kohl hat das wieder und wieder beklagt.
Damit machte man in Washington deutlich, den Gedanken von „Versailles" weiter verhaftet zu sein: Diktat der eigenen Regeln für ein anderes Land, das Brechen dessen nationalen Willens und damit des Selbstbestimmungsrechtes der Bürger und die Zerstörung eines anderen Landes in Friedens-und Kriegszeiten durch Infiltration und Beseitigung als Nation. In Moskau sollte die deutsche Bundeskanzlerin deutlich machen, dass Deutschland sich in Zukunft und in seinen Beziehungen zu Russland von dem Geist bestimmen lassen wird, wie er in Münster und Osnabrück 1648 und 1815 im Wiener Kongress zum Ausdruck gekommen ist: Eine Politik der guten Nachbarschaft, des gegenseitigen Vorteils und der effektiven Konfliktvermeidung nach den geltenden Regeln des Völkerrechtes und seiner einvernehmlichen Weiterentwicklung.
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