Nachdem der Dissident und Künstler Ai Weiwei in China inhaftiert worden war, ging er ins Exil nach Berlin. Dort lebte er von 2015 bis 2019 und war als Gastprofessor an der Universität der Künste tätig. Mittlerweile wohnt der Konzeptkünstler und Bildhauer in Cambridge und lässt kein gutes Haar an seiner ehemaligen Wahlheimat.
In einem Interview mit der britischen Tageszeitung „The Guardian“ verglich der Künstler die gegenwärtige deutsche Gesellschaft mit den Zuständen im Dritten Reich:
„Beim Faschismus geht es darum, dass eine Ideologie als höherwertig als die andere aufgefasst wird und dass man diese Ideologie rein hält, indem man andere Arten des Denkens abwertet. Das ist Nazismus. Und dieser Nazismus existiert im deutschen Alltag von heute.“
Der Zugang zum chinesischen Markt hat Priorität
Ai glaubt, dass das Land dem Leid anderer gleichgültig gegenüberstehe. Deutschland sei es egal, was in Hongkong passiert, denn der Zugang zu chinesischen Märkte habe Priorität.
Deutschland sei intolerant, bigott und autoritär. Ähnlich wie in China möge man die Bequemlichkeit, die Unterdrückung mit sich bringe. In China war Ai Weiwei 2011 verhaftet worden, ihm drohte eine jahrelange Gefängnisstrafe, er wurde jedoch nach 81 Tagen entlassen und unter Hausarrest gestellt.
Trotz allem unterhält Ai weiterhin ein Atelier am Berliner Pfefferberg. Nach Cambridge sei er vor allem wegen seines zehnjährigen Sohnes Lao gezogen:
„Ich möchte nicht, dass er in einem rauen Klima lebt. Ich denke nicht, dass Deutschland ein gutes Umfeld für Ausländer bietet.“
Dreimal aus dem Taxi geflogen
In Großbritannien seien die Menschen „wenigsten höflich – in Deutschland waren sie es nicht. In Deutschland sagen sie, du musst Deutsch sprechen. Sie sind sehr unfreundlich in alltäglichen Situationen. Sie mögen Ausländer dort gar nicht.“ Sein Sohn sei kürzlich von einem Ladenbesitzer bedroht worden.
Als persönlicher Beleg für seine Ansichten über Deutschland berichtet Ai, dass er in seiner Berliner Zeit dreimal aus einem Taxi rausgeflogen sei. Einmal weil er das Fenster aufmachen wollte, worauf der Fahrer ihn aus seinem Taxi geschmissen hätte. Ein anderes Mal habe er seine Mutter am Telefon gehabt und der Fahrer habe ihn angehalten, das Gespräch zu beenden.
sputniknews
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