Wolfsburgs Elektro-Drillinge

  24 Januar 2020    Gelesen: 803
Wolfsburgs Elektro-Drillinge

Doppelte Reichweite und günstiger im Preis. Damit lockt Volkswagen beim VW e-up!, Seat Mii electric und Skoda Citigo e iV. Die City-Stromer sollen helfen, den CO2-Flottenausstoß zu senken - und dies möglichst schnell.

Der e-up!, schon seit 2013 im Programm von VW, gilt nicht gerade als Bestseller unter den Elektroautos. Nur knapp 10.000 der kleinen City-Stromer fanden Käufer - in sechs Jahren. Was nicht wundert, denn neben seiner nicht alltagsfreundlichen Reichweite von rund 130 Kilometern kostete der elektrische up! mit fast 27.000 Euro mehr als doppelt so viel wie seine konventionellen Benzin-Brüder. In der deutschen Zulassungsstatistik fährt der Mini-VW weit abgeschlagen hinter Modellen wie BMW i3, Tesla Model 3, Renault ZOE und auch dem e-Golf.

Doch jetzt ist Besserung in Sicht. Künftig sind für den e-up! nur noch 21.975 Euro zu berappen. Dafür gibt es sogar die doppelte Reichweite. Möglich wurde das durch eine höhere Energiedichte der Batterie, sagt Entwickler Thomas August, "die Kapazität des Akkus stieg von 18,7 auf 36,8 kWh."

Darüber hinaus kauft VW die Zellen günstiger ein als zuvor. Sicher spielen auch höhere Stückzahlen eine Rolle. Denn neben dem e-up! steckt der Elektroantrieb erstmals in den nahezu baugleichen Schwestermodellen Seat Mii und Skoda Citigo. Sowohl die spanische als auch die tschechische VW-Tochter haben sogar ihre Verbrenner-Versionen aus dem Programm genommen und bieten ihre City-Stromer noch günstiger an als VW es macht. Der Mii electric kostet 20.650 Euro, der Citigo e iV ist ab 20.950 Euro zu haben. Zieht man dann noch die 4.380 Euro Elektro-Bonus ab, zahlt der Käufer 16.270 Euro für den Seat, 16.570 Euro für den Skoda und 17.595 Euro für den VW.

Günstiger ist derzeit ein vollwertiges Elektroauto mit einer solchen Reichweite und in dieser Fertigungsqualität nicht zu bekommen. Im gleichen Revier (A00-Segment) tummelt sich nur einer: der Smart EQ Forfour. Allerdings liegt dessen Reichweite mehr als 100 Kilometer unter jener der Volkswagen-Drillinge, zudem ist der EQ Forfour teurer. Renault schickt Ende 2020 den zum Smart baugleichen Twingo als Elektrovariante an den Start. Gern wären die Franzosen früher mit diesem Modell auf dem Markt gewesen, doch der Kooperationsvertrag mit Daimler schloss dies aus.

Die Strategie zeigt, wie zügig der Volkswagen-Konzern den CO2-Flottenverbrauch senken will. Kein großer Autokonzern bekennt sich deutlicher zur Elektromobilität als das Wolfsburger Unternehmen, keiner tätigt höhere Investitionen in diesem Bereich. Mehrere Milliarden Euro stecken bereits in einer neuen Architektur, dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB). Auf ihm wird die gesamte ID-Familie basieren. Außerdem werden nicht nur Audi, Seat und Skoda den MEB für ihre Elektromodelle nutzen, sondern auch Ford. Volkswagen kann so Teile der Entwicklungskosten wieder einspielen.

In einer Vorstandssitzung hatte CEO Herbert Diess dem Management bereits nahegelegt, den e-up! als Dienstwagen zu wählen, um die Glaubwürdigkeit der Marke zu unterstreichen - und um Stückzahlen zu machen. Doch daraus wurde nichts. Der Vertrieb erwartet zwar eine deutliche höhere Nachfrage als beim ersten e-up!. Die Neuwagen sollen jedoch zunächst an die Kunden gehen. Motto: "Customer First". Für interne Dienstwagen, so ist aus Wolfsburg zu hören, reicht die derzeitige Produktionskapazität in Bratislava nicht.

Dass e-up!, Mii electric und Citigo e iV auch Geld in die Konzernkasse spülen, ist nicht zwingend notwendig. Dafür sorgen derzeit die Millionen VW-Modelle mit Verbrennungsmotoren. Wichtiger ist den Volkswagen-Strategen der CO2-Wert. Lieber die kleinen Stromer auch mit Verlust in den Markt drücken, als hohe Strafzahlungen wegen Überschreitens der Flottengrenzwerte nach Brüssel zu überweisen. Außerdem sind die Entwicklungskosten der drei Minis längst abgeschrieben, ein willkommener Nebeneffekt für die knappe Kalkulation und den günstigen Verkaufspreis.

Dieser soll verstärkt auch gewerbliche Kunden ansprechen. Up! und seine Brüder wurden bislang als Benziner gerne von Liefer- und ambulanten Pflegediensten genutzt. Genau diese Zielgruppe will Christian Schenk, beim up! zuständig fürs Produktmarketing, vom Umstieg auf Elektroantrieb überzeugen. "Die TCO, die Total Costs of Ownership, sind beim e-up! nicht höher als beim Verbrenner," sagt Schenk, "das Leasing ist beim Verbrenner monatlich zwar etwa 30 Euro günstiger als bei der Elektroversion, spart mithin 360 Euro im Jahr, der Betrag aber wird durch geringere Service- und Kilometerkosten wieder hereingeholt."

spiegel


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