Ohne die geldpolitischen Schritte der Europäischen Zentralbank (EZB) würde es dem Euro-Raum erheblich schlechter gehen, sagte sie am Dienstag auf einer Veranstaltung in Karlsruhe laut Redemanuskript. “Eine grundsätzliche Abkehr von dieser Politik erscheint in der derzeitigen Situation nicht zweckmäßig.” Dies gelte nicht zuletzt aufgrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland, aber auch in anderen Teilen der Euro-Zone.
Die Ökonomin, die vor ihrem Wechsel zur EZB Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung war, sitzt seit Januar im sechsköpfigen Notenbank-Direktorium. Alle geldpolitischen Maßnahmen seien mit Nebenwirkungen verknüpft, räumte Schnabel ein. Sie führten zu Verteilungseffekten, hätten Auswirkungen auf das Überleben unprofitabler Unternehmen und würden Risiken für die Finanzstabilität bergen. “Um solchen Nebenwirkungen zu begegnen, sind aber primär andere wirtschaftspolitische Akteure gefragt”, sagte sie.
Viele der Erzählungen über die Geldpolitik würden einer sorgfältigen Analyse nicht standhalten, sagte Schnabel. In Deutschland wird der expansive Kurs der EZB häufig besonders scharf kritisiert. So klagen Banken schon seit längerem über die Negativzinsen, die sie zahlen müssen, wenn sie bei der EZB über Nacht überschüssige Gelder parken. Zudem kritisieren Sparer, dass sie wegen der ulttratiefen Sätze kaum noch Zinsen auf ihre Ersparnisse erhalten.
Schnabel zufolge kann beispielsweise von einer “Enteignung” des deutschen Sparers keine Rede sein. So gebe es kein Anrecht auf hohe Sparzinsen. “Und es ist nicht Teil des Mandats der EZB, dem Sparer auskömmliche Zinsen zuzusichern”, sagte sie. Außerdem sei nur kleiner Anteil der Einlagen von Privatpersonen hierzulande direkt von den negativen Zinsen betroffen.
In der “Welt” erklärte Schnabel, die EZB werde bei der Einschätzung der künftigen Entwicklung auch die ökonomischen Folgen des neuartigen Coronavirus berücksichtigen. Die nächsten Projektionen der EZB würden im März vorgelegt. “Bis dahin beobachten wir sehr genau, wie sich die Lage entwickelt.” Die Unsicherheit sei enorm, sowohl was die Gefahr einer Ansteckung als auch die Letalität dieser Krankheit angehe.
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