Nach einer tagelangen Odyssee durch asiatische Gewässer ist für 2300 Menschen an Bord des Kreuzfahrtschiffs "Westerdam" buchstäblich Land in Sicht: Das aus Hongkong kommende Schiff, das aufgrund der grassierenden Coronavirus-Angst in mehreren asiatischen Häfen nicht anlegen durfte, ist vor Kambodscha eingetroffen. Das bestätigte der Hafendirektor von Sihanoukville, Lou Kimchhun.
Das 285 Meter lange Passagierschiff mit rund 1500 Gästen und 800 Besatzungsmitgliedern an Bord lag demnach nur noch 2,5 Kilometer vom Hafen entfernt. Die Passagiere würden medizinisch untersucht und auf Fieber überprüft, hieß es. Wer Symptome des neuen Virus zeigt, wird auf Sars-CoV-2 getestet.
Laut dem Hafendirektor sollten am heutigen Donnerstag erst einmal 600 Menschen das Schiff verlassen, 800 weitere am Freitag. Unter den Passagieren sind nach Angaben der Reederei Holland America Line 57 Deutsche. Die Gäste würden in den nächsten Tagen an Land gehen und dann mit Charterflügen in die Hauptstadt Phnom Penh gebracht, um von dort die Heimreise anzutreten.
Man sei den kambodschanischen Behörden "extrem dankbar" für ihre Unterstützung, hieß es von der Reederei weiter. Wie es für die Deutschen nach der Heimreise weitergeht, war zunächst nicht bekannt. Vor Ort in Kambodscha warten Botschaftsmitarbeiter auf die Ankunft der ersten Schiffsreisenden. Die US-Botschaft zum Beispiel ist mit mehreren Kräften vor Ort vertreten, wie ein Bild bei Twitter zeigte.
Zuletzt hatten Thailand, Taiwan, Japan, die Philippinen und Guam der unter niederländischer Flagge fahrenden "Westerdam" das Einlaufen in ihre Häfen verweigert. Dabei sind bislang keine Virus-Fälle an Bord bekannt. Alle Gäste sind der Holland America Line zufolge gesund. Es gebe entgegen einiger Berichte weder bekannte noch mutmaßliche Coronavirus-Fälle an Bord. Die Reederei kündigte an, nicht nur die Heimflüge für die Gäste zu organisieren, sondern auch die Kosten für die Kreuzfahrt zurückzuerstatten.
"Diamond Princess" noch immer unter Quarantäne
Das Schiff war am 1. Februar in Hongkong gestartet und sollte seine Reise ursprünglich am 15. Februar im japanischen Yokohama beenden. Im Hafen dieser Stadt liegt aktuell ein anderes Kreuzfahrtschiff, die "Diamond Princess" - unter Quarantäne. Dort wurde mittlerweile bei 218 Menschen an Bord eine Infektion mit dem Coronavirus festgestellt. Die rund 3600 Passagiere und Crew-Mitglieder sollen nach derzeitigem Stand mindestens noch bis zum 19. Februar auf dem Schiff bleiben.
An Bord der "Westerdam" freuen sich die Passagiere unterdessen über das absehbare Ende der Reise. Das Müsli am Büffet sei ausgegangen, aber die Passagiere seien guter Dinge, schrieb die Amerikanerin Christina Kirby bei Twitter. Sie scherzte, ob sie sich nun ein Wasserbett zulegen werde. "Ich bin nicht sicher, ob ich auf trockenem Land schlafen kann."
Zuvor veröffentlichte sie ein kurzes Video, das ihren Worten zufolge Gäste beim Freudentanz zeigt. Ein Foto zeigt demnach den Zettel eines Besatzungsmitglieds, das ihr für die aufmunternden Worte dankt. Lorraine Oliveira, Urlauberin aus England, schrieb, an Bord habe es medizinische Vorsorge gegeben, außerdem verstärkte Hygiene- und Reinigungsmaßnahmen. Seit dem 4. Februar seien sie und ihre Familie nicht mehr an Land gewesen, trotzdem sei es an Bord nicht schlecht gewesen.
Viel Lob für Kambodscha
In dem Hafen in Kambodscha, der etwa 250 Kilometer von der Hauptstadt Phnom Penh entfernt liegt, ist man an Luxusliner gewöhnt. Dort kommen jedes Jahr etwa 40 Kreuzfahrtschiffe an, wie Hafenchef Kimchhun sagte.
Kambodscha selbst wird von Premierminister Hun Sen mit harter Hand regiert. Praktisch ist das Land ein Ein-Parteien-Staat. Als Reiseziel ist es vor allem wegen der Ruinen von Angkor Wat bekannt. Bislang gibt es dort einen bestätigten Corona-Fall. Das südostasiatische Land kann sich nun über einiges Lob freuen, dass es die "Westerdam" anlanden lässt, nachdem andere Länder davor zurückgeschreckt waren.
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, bedankte sich dafür bei Kambodscha und Premier Hun Sen. Es sei ein willkommener Akt der Solidarität in einer Zeit, in der die Welt noch eine Chance habe, das Virus zu stoppen sowie Stigmatisierung und Angst zu vermeiden.
Quelle: ntv.de, Caroline Bock, dpa
Tags: