Wie China seine Rolle in der Welt sieht

  13 Februar 2016    Gelesen: 1066
Wie China seine Rolle in der Welt sieht
Welche Rolle spielen welche Staaten in der Welt? Das wird heute ein Thema bei der Münchner Sicherheitskonferenz sein. Wie China seine Rolle definiert, macht ein Bild aus dem Herbst ganz gut klar. Steffen Wurzel erklärt, wer da neben wem stand - und was das über Chinas Prioritäten aussagt.
Im Herbst vergangenen Jahres feierte China den 70. Jahrestag des Weltkriegsendes in Asien mit einer riesigen Militärparade. 12.000 Soldaten marschierten durch Peking, rund 500 Panzer und andere Militärfahrzeuge wurden gezeigt, außerdem Kampfflugzeuge und Hubschrauber. Ganz klar: Bei dieser Militärparade ging es nicht nur darum, an das Ende des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. China nutzte die Parade auch, um der Welt zu zeigen, wie mächtig das Militär des Landes inzwischen ist.

Auf der Zuschauertribüne direkt neben Chinas Staatschef Xi Jinping: Wladimir Putin und Nursultan Nasarbajew, die Präsidenten Russlands und Kasachstans. Die Nachbarstaaten sind wichtige Wirtschaftspartner. China schätzt Russland außerdem als Gegengewicht zu den westlichen Staaten, allen voran zu den USA. Kasachstan ist ein wichtiges Bindeglied nach Zentralasien. Die ausländischen Präsidenten auf der Ehrentribüne, damit zeigt Chinas Propaganda-Presse: Schaut her, alles in bester und freundschaftlicher Ordnung in der Region.

Inselstreit beschäftigt gleich mehrere Staaten

Szenenwechsel: Eine Pressekonferenz im Außenministerium in Peking vor einigen Wochen. Die Reporter reißen sich förmlich ums Mikrofon, denn kurz zuvor ist ein US-Kriegsschiff durchs Südchinesische Meer gefahren. Durch internationale Gewässer, sagen die USA. Durch chinesisches Gebiet, betont hingegen der sichtlich angefressene Außenamtssprecher Lu Kang.

"Wir fordern die USA dringend auf, ihren Fehler sofort zu korrigieren", sagte der Sprecher. "Die USA sollten solche gefährlichen Provokationen unterlassen. Sie gefährden Chinas territoriale Unversehrtheit und unsere Sicherheitsinteressen. Es muss vermieden werden, dass die chinesisch-amerikanischen Beziehungen und die Stabilität der Region weiter beschädigt werden."

Der Zank um die zahlreichen Mini-Inseln im Südchinesischen Meer ist das beherrschende Streitthema zwischen gleich mehreren Staaten in Südostasien. China sagt: Die Inseln gehören uns, außerdem natürlich die Gewässer drumherum. Um das zu untermauern, schüttet das chinesische Militär kräftig Land auf, um die zum Teil nur winzigen Inseln zu vergrößern. Flugplätze und Militärgebäude werden gebaut, außerdem Forschungseinrichtungen, wie es heißt.

Vietnam, die Philippinen, Malaysia, Brunei und Taiwan erheben auch Ansprüche auf einzelne Inseln - China lehnt es allerdings ab, auch nur die Argumente der Nachbarstaaten anzuhören. Es gebe schließlich nichts zu diskutieren, weil die Sache ja eindeutig sei: Die Inseln gehörten ganz einfach zur Volksrepublik.

"Es gibt hier eine Rivalität um die Dominanz im asiatisch-pazifischen Raum. Und China will sich da nicht von den USA klein halten lassen in diesem Raum", sagt Sebastian Heilmann, Direktor des Berliner China-Thinktanks Mercis. "Diese Rivalität wird uns nicht verlassen. Und sie spielt sich jetzt eben im Südchinesischen Meer ab."

China macht den USA offen Konkurrenz

Die alte Ordnungsmacht im Asien-Pazifik-Raum waren bis vor einigen Jahren die USA, mit Militärstützpunkten in Südkorea und Japan. China macht den Amerikanern nun ganz offen Konkurrenz. Der Streit um die Inseln ist dafür ein Symbol. Chinas Führung rüstet sein Militär seit Jahren massiv auf. Es werden Flugzeugträger gebaut, Tarnkappenjets entwickelt und Soldaten auf den Inseln im Südchinesische Meer stationiert. Was China den USA damit sagen will, ist klar: Ihr habt hier nichts mehr zu melden.

Sebastian Heilmann sagt dazu: "Ich glaube schon, dass beide Seiten sich bewusst sind, wie gefährlich das ist. Und deswegen rechne ich im Normalfall nicht mit einer Eskalation." Problematisch könne es aber durch "militärische Zufallsereignisse" werden - also etwa den Zusammenstoß von Militärflugzeugen oder Booten. "So etwas hatten wir schon in der Vergangenheit in Ansätzen. Das ist der eine Risikofall. Und der andere ist natürlich eine politische Krise in China, die zu härteren außenpolitischen Reaktionen führen kann."

Vergangene Woche setzte Chinas Staatschef Xi Jinping offiziell eine neue Militärstruktur in Kraft. Armee, Marine und Luftwaffe werden straffer organisiert als bisher. Aus landesweit sieben verschiedenen Militärzonen werden fünf. Gleichzeitig wird massiv in neues Gerät investiert. Chinas wichtigstes Propaganda-Blatt, die "Global Times", verkündete darauf: Mit der Neuordnung seien die Streitkräfte nun darauf vorbereitet zu kämpfen - und darauf, Kriege zu gewinnen. Offiziell betont Chinas Führung hingegen immer wieder: Unser Militär ist rein defensiv ausgerichtet.

Wirtschaft wichtiger als das Militär

"Wirtschaftswachstum ist das wichtigste Ziel der chinesischen Regierung", sagt Zhao Xijun, Professor an der Renmin-Universität in Peking. "Um unsere Wirtschaftsinteressen zu schützen, müssen wir mit unseren Partnern zusammenarbeiten." Zwar sei neben diplomatischer und politischer auch militärische Schlagkraft nötig, sagt der regierungsnahe Zhao. Aber: "Ich glaube nicht, dass die Regierung das Militär einsetzen wird. Wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen und zwischenstaatliche Kooperationen sind wichtiger als das Militärische."

Dass für China zurzeit die Wirtschaftsbeziehungen zu den Nachbarn das Wichtigste sind, zeigt sich daran, dass bei der Militärparade im Herbst Kim Jong-Un, der Machthaber des traditionell befreundeten Nachbarn Nordkorea, nicht auf der Tribüne saß. Stattdessen, direkt neben Xi Jinping und Wladimir Putin: Park Geun-Hye, die Präsidentin Südkoreas. Geld und Business sind offenbar wichtiger als alte Freundschaften.

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