Diese unerwartete Erkenntnis über die US-Strategie bringen Putins Luftangriffe

  05 Oktober 2015    Gelesen: 834
Diese unerwartete Erkenntnis über die US-Strategie bringen Putins Luftangriffe
Russische Jets greifen in Syrien nicht nur die Terrormiliz Islamischer Staat, sondern alle Gegner von Diktator Baschar al-Assad an. Damit fordert Präsident Wladimir Putin die USA heraus – und die amerikanische Reaktion bringt eine unerwartete Erkenntnis.

Seit Wochen war zu sehen, dass Russland einerseits die eigenen Truppen in Syrien aufrüstete, andererseits der von den USA geführten Anti-IS-Allianz ein gemeinsames Vorgehen gegen den Islamischen Staat (IS) zu bestimmten Bedingungen anbot.
Zu einem vereinten Vorgehen kam es nach einem Gespräch zwischen dem amerikanischen und dem russischen Präsidenten nicht. Einseitige Maßnahmen waren deshalb zu erwarten. Die Allianz Russlands und der von Präsident Assad beherrschten Teile Syriens mit Irak und Iran hat entweder die westlichen Dienste überrascht, was erneut Fragen nach ihrer Arbeit aufwirft, oder dokumentiert nochmals nachdrücklich den aktuellen enormen Einflussverlust der USA.

Armeen sind schwerfällig

Als der russische Truppenaufbau in Syrien öffentlich wurde, war dies ja das Ende einer längeren Vorbereitung auf den militärischen Einsatz. Armeen sind ziemlich schwerfällige Instrumente. Sie planen ausführlich, bereiten den Einsatz logistisch, materiell und konzeptionell vor.
Scheinbar konnte dies geschehen, ohne von den alle Kommunikation aufsaugenden amerikanischen Diensten entdeckt zu werden. Denn es scheint kaum vorstellbar, dass die amerikanische Regierung um die geplanten russischen Schritte wusste und nichts unternommen hätte, diesen entgegenzuwirken.

Amerikas Verbündete schutzlos?

Denn was immer die Folgen des russischen Vorgehens in Syrien sind, eines wurde am ersten Tag schlagartig dokumentiert: Die USA sind derzeit eine Macht mit nur eingeschränkter Fähigkeit zur Machtprojektion, die sogar eigene Verbündete nicht schützen und das militärische Ausgreifen gegnerischer Staaten nicht unterbinden kann. Das stellt die internationale Machtverteilung auf dem Gebiet der Sicherheit vor eine neue Lage.

Militärisch nicht aufzuhalten

Denn seit dem Ende des Ost-West-Konflikts waren kein Staat und keine Staatengruppe in der Lage, die USA vom Einsatz militärischer Macht abzuschrecken oder gar abzuhalten. Wenn die USA ihre Macht militärisch in andere Regionen projizieren wollten und die amerikanische Bevölkerung dies unterstützte, gab es kein Hindernis mehr.
Präsident George W. Bush nutzte dies breit aus und führte zwei Kriege. Präsident Obama versuchte diese zu beenden und verlagerte die militärische Handlungsfähigkeit stärker in den heimlichen Krieg der Drohnen. Auch in Libyen hielt er sich eher im rückwärtigen Raum auf.

Russland fordert die USA heraus

Dazu gehörte auch, dass andere die Bodentruppen stellen mussten. Dass solche von den USA unterstützten, sogar ausgebildeten Truppen nun (angeblich, man muss mit der Nachrichtenlage vorsichtig umgehen) von russischen Kampfjets angegriffen wurden und sich die amerikanische Regierung nur eine Kritik des diplomatischen Stils der russischen Regierung vorbehält, verändert die Position der USA drastisch.
Denn Russland fordert die USA heraus und erst jetzt wird sichtbar, dass diese bereit sind Russland gewähren zu lassen. Solange in der internationalen Politik gesprochen wird, können Staaten Rollen einnehmen, die über ihre Fähigkeiten hinausgehen. Wenn gehandelt wird, werden die wirklich eingenommenen Positionen deutlich.

USA: Russland wird in Syrien scheitern

Die Reaktion der USA kann aber auch damit zusammenhängen, dass man in Washington gar nicht unglücklich darüber ist, wenn sich Russland immer tiefer in die syrischen Kriegswirren verstrickt. Die anfänglichen Hurra-Meldungen – das weiß man aus eigener Erfahrung – werden schon bald von tief zerknirschtem Blick abgelöst, der sich im chaotischen syrischen Gewaltraum verliert.
Dazu aber müsste man wissen, welche Planungen Russland vorhat, welche Zwecke es erreichen will und welche Mittel es einsetzen kann. Darüber besteht, soweit ich das sehe, keine Gewissheit. Vieles wird man im weiteren Verlauf der Handlungen sehen. Die USA kalkulieren, dass Russlands Planungen scheitern und der weltpolitische Höhenflug in Syriens unwegsamem Gelände bricht.

Putin gegen Obama

Russland hat die USA militärisch herausgefordert. Amerikanische Zeitungen sehen das noch drastischer: Putin hat Obama persönlich herausgefordert. Rainer Hermann nimmt in der FAZ das Ergebnis schon vorweg: „Putin demütigt Obama“.
Wenn das so stimmt, hat die internationale Ordnung in den letzten Tagen einen grundlegenden Wandel erfahren. Die amerikanische Regierung hingegen kalkuliert, dass es am Ende anders ausgeht, ohne dass sie selbst eingreifen muss. Schlicht deshalb weil sich Putin in Syrien militärisch verrennt und in den Fallgruben dort seinen internationalen Anspruch begraben muss

Eine politische Initiative der EU?

Für Syrien heißt dies, dass beide Großmächte nun mit erhöhtem Einsatz agieren. Das muss man in Europa mit großer Skepsis betrachten, denn es wird die Lage in Syrien weiter destabilisieren.Entweder, weil Territorium für Assad zurückgewonnen wird und die Menschen vor seinem brutalen Regime und der erwarteten Rache fliehen werden oder weil die Kämpfe eskalieren. Ob sich die Europäische Union zu einer vernehmlichen diplomatischen Initiative verständigen kann, um die Lage politisch zu verhandeln, ist derzeit offen.

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