Auf der IAA im vergangenen Jahr vorgestellt, soll der Corsa-e jetzt die Erfolgsstory des nach dem Abgang von Adam und Karl wieder kleinsten Opel fortsetzen. Und tatsächlich ist der Corsa über 38 Jahre und sechs Generationen das meistverkaufte Modell der Rüsselsheimer. Unterdessen steht der Blitz im Opel-Logo aber für einen elektrischen Antrieb. Doch kann der die potenzielle Kundschaft auch elektrisieren?
Schützenhilfe von PSA
Schützenhilfe hat Opel beim Corsa-e von der neuen Konzernmutter PSA bekommen. Die Franzosen hatten ja bereits eine Idee entwickelt, wie sich der Peugeot 208 elektrisieren lässt. Diese Grundlage nutzt Opel in Form der CMP-Plattform jetzt auch für den Corsa-e. Um die Kosten klein zu halten, wird der Stromer mit seinen Verbrenner-Brüdern gemeinsam auf einer Produktionsstrecke im Werk im spanischen Saragossa gebaut.
Auch die 50 kWh starken Batterien, die den Corsa-e nach WLTP 337 Kilometer antreibt, werden in Spanien gefertigt. Und zwar dort, wo PSA auch die Akkumulatoren für den 208e zusammenschrauben lässt. Auch das ein Ressourcen und Finanzen schonender Schachzug der Franzosen. Doch am Ende ist auch der Corsa-e bei aller Effizienz noch kein Schnäppchen. Verglichen mit den Einstiegspreisen für einen Corsa mit 1,2-Liter-Benziner, 75 PS und 5-Gang-Handschaltung, der für 13.990 Euro zu haben ist, sind die 29.990 Euro für den Corsa-e schon ein gewaltiger Sprung.
Die Milchmädchenrechnung
Nun sind solche Rechnungen immer irgendwie die des berühmten Milchmädchens, denn in der Regel will der Autokäufer mehr als vier Räder und ein Lenkrad und der oben angeführte Preis summiert sich dann schnell auf 19.000 Euro. Rechnet man jetzt noch die vom Staat offerierte Umweltprämie von 6570 Euro ein, landet man für den Corsa-e bei einem Preis von 23.330 Euro. Ja, das ist immer noch deutlich mehr als für einen Verbrenner, aber noch ist die E-Mobilität ohnehin etwas für Enthusiasten.
Insofern sieht Opel seine Kundschaft auch klar in Singles mit entsprechendem ökologischen Bewusstsein, Familien, die sich einen solchen Stromer als Zweitwagen zulegen oder bei Unternehmen, die sich hier entsprechend dem Fahraufkommen ihrer Mitarbeiter einen preiswerte Alternative zu den Verbrennern anschaffen möchten. Denn natürlich hat so ein E-Mobil auch deutliche steuerliche Vorteile gegenüber einem Benziner oder Diesel.
365 Kilogramm mehr auf den Rippen
Doch was erwartet die Käuferschaft hier fahrtechnisch? Nun, etwas anders als ein Verbrenner fährt so ein relativ reichweitenstarker Stromer schon. Schließlich ruht in seinem Chassis ein Akkumulatoren-Paket, das ein zusätzliches Gewicht von 365 Kilogramm in das Fahrzeug bringt und es in Summe auf 1455 Kilogramm beschwert. Nur zum Vergleich: Der oben angesprochene Corsa 1.2 wiegt 1055 Kilogramm. Aber die Ingenieure haben das Gewicht und den um 57 Millimeter niedrigeren Schwerpunkt des Corsa-e gekonnt in den Hintergrund geschoben.
Das liegt vor allem an der neuen Vorderachse, die wegen des Batteriemoduls angepasst werden musste, und natürlich an den veränderten Federraten und Zugstufen, die auf das höhere Gewicht abgestimmt sind. Nur in schnell gefahrenen Kurven werden die knapp 1,5 Tonnen spürbar. Hier bahnt sich die Masse nach den Gesetzen der Physik ihren Weg und zieht den Corsa-e ordentlich über die Seite.
Flott unterwegs
Kein Problem mit dem Gewicht hat der 136 PS starke Elektromotor. Im Sport-Modus an der Ampel den Pin voll durchgetreten, liegt das maximale Drehmoment von 260 Newtonmetern schon bei 300 Umdrehungen an. Was zur Folge hat, dass die Vorderräder ordentlich losstempeln, bevor sie Grip aufbauen, den Corsa-e dann aber in 2,8 Sekunden auf 50 km/h beschleunigt haben. Ein Umstand, der den Fahrer feist grinsen lässt, weil die Ampelkonkurrenz noch nicht mal den weißen Streifen überquert hat. Auch Landstraßentempo ist mit 8,1 Sekunden wirklich flott erreicht.
Nun sind solche sportlichen Einlagen der Reichweite ebenso wenig zuträglich, wie dauerhaft die Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h auf der Autobahn zu fahren. Denn es bleibt immer zu bedenken, dass der oben angegebene Wert von 337 Kilometern ein auf dem Rollenprüfstand bei 22 Grad Celsius erfahrener Idealwert ist. Wer nämlich bei kühlen 9 Grad das Auto nach minimal 5 Stunden und 15 Minuten vollgeladen von der 11 kW-Dose nimmt, der könnte sich über die digital angezeigte Reichweite von maximal 240 Kilometern wundern. Kurz zur Erklärung: Der Wert für die Reichweite errechnet sich nicht nur aus den Umgebungsbedingungen, sondern auch aus der Fahrweise. Hat also der Pilot seinen Corsa-e stark beansprucht, wird das auf zukünftige Fahrten aufgeschlagen und die angegeben Strecke sinkt in der Anzeige exponentiell.
Mit dem dicken B geht's weiter
Nun kann man - und das empfiehlt sich vor allem für Fahrten durch die Stadt - auch im Normal- oder besser noch im Eco-Modus fahren. Hie rechnet die Elektronik die Kraft des Motors einfach mal runter. In Normal stehen dann 220 Newtonmeter und 108 PS zur Verfügung, im Eco-Modus sind es noch 180 Newtonmeter und 81 PS. Das reicht für den Stadtverkehr allemal. Außerdem verzichten die Vorderräder hier darauf, bei einem spontanen Tritt auf das Gaspedal durchzudrehen. So unterwegs, halten sich die Reichweitenangaben weit über die gefahrenen Kilometer im gleichen Bereich.
Das ist natürlich auch dem Umstand geschuldet, dass der Corsa-e bei jedem Roll- und Bremsvorgang die hier frei werdende Energie in die Batterie zurückführt. Die Stärke der Rekuperation kann neben den Fahrmodi auch durch den Piloten selbst über den Gangwahlhebel bestimmt werden. Ist der auf B gestellt, erhöht sich die Verzögerung von 0,6 m/s auf 1,3 m/s. Hinzu kommt eine maximale Rekuperation bei Bremsvorgängen. Nein, auf diesem Weg kann der Akkumulator nicht aufgeladen, aber sein Energieabbau deutlich verzögert werden. Apropos Energieabbau: Auf die Batterie gewährt Opel acht Jahre Garantie oder bis zu einer Laufleistung von 160.000 Kilometern. Wer seinen Corsa-e später verkaufen will, kann die Batterie übrigens in einer entsprechenden Opel-Werkstatt zertifizieren lassen.
Die Ladeoptionen
Doch zurück zur Praxis: Ist der Akku leer, muss er geladen werden. Das geht auf unterschiedlichen Wegen. Der Corsa-e fährt serienmäßig mit einphasigem 7,4 kW-On-Board-Charger vor; ab der Ausstattungsvariante Edition verfügt er in Deutschland optional über einen dreiphasigen 11 kW-On-Board-Lader. Darüber hinaus ist er serienmäßig mit einem Schnellladeanschluss für Gleichstrom (DC) ausgerüstet, so dass an entsprechenden Säulen bis zu 100 kW/500 V genutzt werden können. Zudem bietet Opel mehrere Wallboxen, die man sich am Eigenheim installieren lassen kann. Die Kosten belaufen sich hier je nach Leistung (3,7 bis 22 kW) auf zwischen 700 und 1199 Euro.
Als weitere Kosten sollte der Corsa-e-Fahrer entsprechende Ladekabel im Blick haben. Wer sein Auto beispielsweise, weil er in einer Mietwohnung lebt, nur auf der Arbeit oder unterwegs betanken kann, muss zwangsläufig 720 Euro in ein Mode-3-Ladekabel investieren. Ohne dieses Zubehör ist das Laden an öffentlichen AC-Säulen sonst nur möglich, wenn entsprechende Stecker vorhanden sind. Um Vandalismus vorzubeugen, wird in der Regel auf dieses Zubehör an frei zugänglichen Ladesäulen verzichtet.
Ist mit 30.000 Euro alles bezahlt?
Also, mit den 29.990 Euro ist so ein Opel Corsa-e noch nicht bezahlt, dafür ist allerdings auch schon eine Menge im Preis drin. Zum Beispiel ein Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung sowie eine Fußgängererkennung und eine Verkehrszeichen-geregelte Geschwindigkeitsbegrenzung oder -anpassung. Auch ein Spurhalteassistent ist schon enthalten. Hinzu kommt ein Infotainmentsystem, das Apple CarPlay und Android Auto. Zuzahlungspflichtig sind hingegen die Einpark- und Rangierhilfe oder das erstmals im Kleinwagensegment angebotene adaptive LED-Matrix-Licht für die Frontscheinwerfer.
Am Ende ist der Opel Corsa-e also, was seinen Preis und seine Ausstattung angeht, ein ausgewachsenes Auto, das aber zum eigenen Stil und vor allem zu den Möglichkeiten, vor allem mit Blick auf das Laden, passen muss. Einen unabänderlichen Wermutstropfen müssen die Corsa-e-Fahrer aber dennoch in Kauf nehmen: die Kofferraumgröße. Die liegt nämlich im Stromer bei 267 Litern, also 42 Liter unter dem eines Corsa mit Verbrenner. Da der Stromer aber ohnehin nicht für die große Urlaubsreise gedacht ist, dürfte das am Ende die Entscheidung für oder gegen einen Corsa-e kaum beeinflussen. Die Gründe, sich hier für oder gegen ein solches Auto zu entscheiden, liegen augenscheinlich woanders.
Quelle: ntv.de
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