Ölländer-Staatsfonds stellen Aktienbestände auf den Prüfstand

  31 März 2020    Gelesen: 486
Ölländer-Staatsfonds stellen Aktienbestände auf den Prüfstand

London (Reuters) - Die Coronavirus-Krise zwingt auch die Fonds von Ölstaaten dazu, einen Teil ihrer den Aktienbestände zu Geld zu machen.

Nikolaos Panigirtzoglou, Stratege bei JPMorgan, spricht von Papieren im Volumen von 225 Milliarden Dollar, die von den Fonds vor allem aus dem Nahen Osten und Afrika auf den Prüfstand gestellt würden. Sie litten einerseits unter dem Kursrutsch an den Aktienmärkten im Zuge der Corona-Pandemie. Dazu kommt der Ölpreisverfall, ausgelöst vom Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland und beschleunigt von der weitgehenden Vollbremsung der Weltwirtschaft.

Um die Folgen der Pandemie abzufedern, haben Regierungen weltweit massive Hilfsprogramme aufgelegt - auch die Ölstaaten. Diese müssen nun finanziert werden. Sie können es sich somit kaum leisten, die jüngsten Kurseinbrüche an den Aktienmärkten auszusitzen und auf wieder steigende Kurse zu warten, sondern müssen Geld für die Staatshaushalte flüssig machen. “Es ist sinnvoll für die Staatsfonds, ihre Verkäufe vorzuziehen, weil sie nicht gezwungen sein wollen, dann auf den Markt zu kommen, wenn es besonders eng ist”, sagte Panigirtzoglou. Schon in den vergangenen Wochen hätten die Fonds Aktienbestände im Volumen von etwa 100 bis 150 Milliarden Dollar verkauft. Weitere 50 bis 75 Milliarden dürften in den kommenden Monaten folgen.

Ein Insider bei einem Staatsfonds sagte, sein Haus habe die Liquiditätspositionen schrittweise nach oben gefahren, als der Ölpreis unter Druck geraten sei. Im ersten Schritt seien Bestände am Geldmarkt aufgelöst worden, später Aktienbestände. Ähnliches berichtet Elliot Hentov, Chefanalyst bei State Street Global Advisors. “Es gibt eine schrittweise Hinwendung hin zu Barmitteln seit Beginn der Krise, aber keine Panik.” Viele der Fonds müssen in den Staatshaushalt zuschießen, wenn der Ölpreis für längere Zeit unter eine angenommene Schwelle fällt - und derzeit kostet zum Beispiel Öl der Sorte Brent mit ungefähr 23 Dollar je Barrel (159 Liter) gerade einmal ein Drittel dessen, was noch zum Jahresauftakt gezahlt wurde.

ÖLFONDS HALTEN SICH ZU VOLUMINA UND STRATEGIE BEDECKT

Viele Ölstaaten haben staatliche Fonds aufgelegt, um das Geld aus den Öleinnahmen anzulegen und sich damit auch für eine Zeit nach dem Ölverkauf zu rüsten. Länder wie Abu Dhabi, Kuwait, Katar, Bahrain, Saudi-Arabien, Nigeria oder Angola spüren aber schon jetzt den Rückgang der Ölpreise, der tiefe Löcher in ihre Haushalte reißt. Garbis Iadian, Chefvolkswirt für den Nahen Osten und Nordafrika beim Institut of International Finance schätzt, dass die Länder 80 Milliarden Dollar aus ihren Fonds abziehen, um die Löcher zu stopfen.

Wie die Öl-Staatsfonds ihr Geld anlegen, ist aber weitgehend unbekannt. Nur wenige legen ihre Bestände offen. Bei vielen ist sogar unbekannt, wie groß sie überhaupt sind. Norwegens Fonds ist eine Ausnahme: Er hat nach Angaben aus vergangener Woche allein in diesem Jahr 124 Milliarden Dollar an Wert verloren. Insgesamt stellen die Fonds der Ölstaaten einen bedeutenden Anteil der etwa 8,4 Billionen Dollar, die alle Staatsfonds am Markt angelegt haben.

In der Pandemie kommt auf sie neben der Finanzierung von Haushaltslöchern eine weitere Aufgabe zu: “Die Frage ist, ob einige der Fonds genutzt werden, um die Währungen zu stabilisieren, wie es die rechtlichen Vorgaben erlauben”, sagte Danae Kyriakopoulou, Chefvolkswirt vom Forschungsinstitut Official Monetary and Financial Institutions Forum (OMFIF). “In den vergangenen zehn Jahren haben einige Staaten Reserven von den Zentralbanken an die Staatsfonds ausgelagert, was es ihnen erlaubt, in riskantere Wertpapiere zu investieren. Jetzt könnte das ein Problem sein, weil mehr Reserven bei den Staatsfonds als bei den Notenbanken liegen, die nötig werden, um die Währung zu verteidigen.”


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