In den USA wächst der Druck, den Kommandanten Brett Crozier wieder einzustellen. Er hatte in einem Brandbrief vor Coronavirus-Fällen an Bord des Flugzeugträgers "USS Theodore Roosevelt" gewarnt. Nach Medienberichten sprachen sich sowohl der amtierende Marine-Staatssekretär James McPherson als auch Marine-Einsatzleiter Admiral Michael Gilday dafür aus, Crozier wieder als Kapitän des Flugzeugträgers einzusetzen.
Auch aus dem Kongress gibt es Forderungen nach Croziers Wiedereinsetzung: Zwar sei dessen Schritt, in einem Brandbrief auf Corona-Fälle an Bord hinzuweisen, "drastisch und nicht perfekt" gewesen, erklärte der Vorsitzende des Militärausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Smith. Doch habe der Kapitän dies nur getan, um seine Besatzung zu schützen. "In dieser Krisenzeit ist Captain Crozier genau das, was unsere Seeleute brauchen: ein Anführer, der Vertrauen einflößt", erklärte der Ausschusschef.
Ein Pentagon-Sprecher sagte am Freitag, Verteidigungsminister Mark Esper liege ein mündlicher Untersuchungsbericht zu dem Covid-19-Ausbruch an Bord des Flugzeugträgers vor. Nun warte er auf den schriftlichen Bericht, bevor er eine Entscheidung treffe.
Ein Brief wird zum Politikum
Crozier war Anfang April gefeuert worden, nachdem ein Brief an die Marineführung öffentlich geworden war, in dem er wegen einer Reihe von Coronavirus-Fällen auf dem Schiff Alarm geschlagen hatte: "Wir befinden uns nicht im Krieg", schrieb der Kommandant, "es müssen keine Seeleute sterben."
Der damalige Marine-Staatssekretär Thomas Modly hatte dem Kapitän daraufhin "schlechtes Urteilsvermögen" und Panikmache vorgeworfen und sich in einer Ansprache an die Schiffsbesatzung verächtlich über Crozier geäußert. Das Verhalten des Kapitäns gegenüber der Mannschaft sei "zu naiv oder zu blöd". Kurz darauf musste Modly selbst nach Kritik an seinen Äußerungen zurücktreten.
Verteidigungsminister Esper hatte sich nach dem Corona-Ausbruch zunächst geweigert, die vor der Pazifikinsel Guam liegende "USS Theodore Roosevelt" zu evakuieren: Niemand auf dem Flugzeugträger sei "ernsthaft krank". Schließlich wurde dann doch ein Großteil der 4800 Männer und Frauen zählenden Besatzung an Land gebracht. Inzwischen wurde die gesamte Besatzung auf das Coronavirus getestet. 840 Crewmitglieder, darunter Crozier selbst, infizierten sich. Ein Seemann starb.
Auch auf dem französischen Flugzeugträger "Charles de Gaulle" haben sich mehr als tausend Soldaten mit dem Virus angesteckt. Das Verteidigungsministerium hat inzwischen eine Untersuchung der Vorgänge an Bord der "Charles de Gaulle" angeordnet. Sie soll klären, ob die Verantwortlichen nach den ersten Infektionsfällen fahrlässig gehandelt haben, ob es vielleicht sogar Versuche gab, die Krankheitsfälle zu vertuschen. Wahrscheinlich hatten sich die Seeleute Ende März bei einem Landgang in Brest an der Atlantikküste infiziert.
spiegel
Tags: