Ukraine provoziert Russland mit Krim-Kandidatin
Der Song "1944" handelt von dem Jahr, in dem Stalin die Tataren aus ihrer Heimatregion abschob und sie in völlig überfüllten Zügen nach Zentralasien deportierte. Tausende starben bei der Fahrt oder verhungerten nach der Ankunft in der dürren Steppe. Den Krimtataren wurde bis in die 1980er-Jahre hinein nicht erlaubt, auf die Krim zurückzukehren. Jamaladinova selbst wurde in Kirgistan geboren.
Russlands Annexion der Krim im Jahr 2014 wird in dem Lied nicht erwähnt. Durch die Wahl Jamaladinovas könnte dieses Thema aber wieder stärker in den öffentlichen Fokus rücken. Die Krimtataren, die eine turksprachige, überwiegend muslimische Minderheit darstellen, berichten davon, dass ihre Unterdrückung seit der russischen Annexion der Schwarzmeer-Halbinsel zugenommen habe.
ESC-Regeln verbieten politische Texte
Jamaladinova wurde am Sonntag von drei Juroren sowie rund 380.000 Wählern zur Siegerin bestimmt, die die entscheidende Runde im Fernsehen verfolgt hatten. Jamalas Song ist eine Kombination aus mittelschnellem Pop und einem von Schmerz geplagten Text. Das Lied beginnt mit dem Satz: "Wenn Fremde kommen, kommen sie zu eurem Haus, sie töten euch alle und sagen: "Wir sind nicht schuldig."
Jamaladinova sagte der Nachrichtenagentur AP kurz vor dem ESC-Vorentscheid, das schreckliche Jahr 1944 habe das Leben ihrer Urgroßmutter für immer verändert. "Ihr Leben war niemals mehr dasselbe", sagte sie.
Die Regeln des ESC verbieten Lieder mit politischen Texten. 2009 – weniger als ein Jahr nach einem kurzen Krieg zwischen Georgien und Russland – verboten die Organisatoren den geplanten georgischen Song, weil die Band darin den russischen Präsidenten Wladimir Putin verspottete. Im Jahr 2005 musste das ukrainische Duo Green Jolly seinen Beitrag zum Wettbewerb umschreiben – das Lied "Razom Nas Bahato" war die Hymne der Orangenen Revolution ein Jahr zuvor gewesen.
Quelle: WELT.DE