Ein dramatisch tragisches Fußball-Leben

  21 Juni 2020    Gelesen: 650
  Ein dramatisch tragisches Fußball-Leben

Michel Platini hat schon viele Leben gelebt: Als Held, als Schurke, als Ikone und als Paria. Der einstige Weltstar stürzt in seiner Funktionärskarriere total ab. Inzwischen arbeitet die französische Fußball-Ikone an der Rückkehr auf die ganz große Bühne. Heute feiert er seinen 65. Geburtstag.

Das Leben des Michel Platini weist erstaunliche Parallelen zu Ikarus aus der griechischen Mythologie auf. Frankreichs Ikone war drauf und dran, sich an die Spitze des Weltfußballs zu setzen, nachdem er als begnadeter Kicker und späterer Funktionär und Präsident der Europäischen Fußball-Union (Uefa) ungeahnte Höhen erreicht hatte. Aber wie Ikarus, der bei seinem Flug der Sonne zu nahe kam und abstürzte, ereilte auch "Platoche" im übertragenen Sinne dasselbe Schicksal.

Der einstige Weltstar der Equipe Tricolore, der vorgesehen war, die Präsidentschaft im Weltverband Fifa zu übernehmen, wurde wegen Korruption im Zusammenhang mit Zuwendungen von Fifa-Boss Joseph S. Blatter aus seinen Ämtern gejagt und für vier Jahre gesperrt. Vorbei war es mit der schillernden Fußballkarriere von Platini, der am Sonntag sein 65. Lebensjahr vollendet.

Platini ist fraglos eine vergleichbare Lichtgestalt wie es Franz Beckenbauer für Deutschland gewesen war, auch wenn er im Mittelfeld als genialer Regisseur die Fäden zog und "Kaiser Franz" als Libero den "freien Mann" mit seiner Art des Spiels ganz neu interpretierte. Platini spielte als Profi für die AS Nancy (1972 - 1979), die AS St. Etienne (1979 - 1982) und Juventus Turin (1982 - 1987). In 583 Profispielen gelangen ihm 282 Tore. 72-mal stand er für Frankreich auf dem Platz und erzielte dabei als Mittelfeldspieler 41 Treffer. "Als Fußballer habe ich es immer verstanden, wie beim Schach zwei Züge vorauszudenken", sagte er einst dem SID. Bei der EM 1984, bei der Frankreich den ersten internationalen Titel gewann, schoss er als offensiver Mittelfeldspieler die Rekordzahl von neun Toren in fünf Spielen.

Angeblich "zu schmächtig" für große Karriere

In der Rue Saint Exupery in seinem lothringischen Heimatdorf Joeuf donnert er den Ball stundenlang gegen das Garagentor des Elternhauses, um seine Technik zu verbessern. Treppenwitz der Geschichte: Als er 17 ist, befindet der Mannschaftsarzt des FC Metz, Platini sei zu schmächtig, um Profifußballer zu werden. Daraufhin wechselt er nach Nancy.

In seinem Leben hat "Platoche" Höhe-, aber auch etliche Tiefpunkte erlebt. Der sportliche Höhepunkt war für den dreimaligen Fußballer des Jahres von Europa (1983, 1984, 1985) der Gewinn des EM-Titels 1984. Zu den Tiefpunkten gehörte das Endspiel im Europapokal der Landesmeister 1985 zwischen dem FC Liverpool und Juventus Turin im Brüsseler Heyselstadion. Die Italiener gewinnen durch einen geschenkten Elfmeter, den Platini in der 56. Minute verwandelt, mit 1:0. Aber vor dem Spiel gibt es bei Auseinandersetzungen zwischen gegnerischen Fan-Gruppen 39 Tote.

Nach seiner aktiven Zeit wurde Platini erwartungsgemäß am 1. November 1988 als Nachfolger von Henri Michel Nationaltrainer Frankreichs. Sein Team blieb 19 Spiele hintereinander ungeschlagen, scheiterte dann aber jämmerlich bei der Euro 1992 in Schweden. "Ich hatte als Ex-Spieler keine Unterstützung mehr bei den Funktionären", äußert er rückblickend.

"Sperre wurde von Idioten verhängt"

Am 29. Januar 2007 beginnt sein viertes Sportlerleben. In Düsseldorf wird er, 51-jährig, zum Präsidenten der Uefa gewählt, nachdem er von 1992 bis 1998 Co-Präsident des Organisationskomitees der WM 1998 in Frankreich gewesen war - die Frankreich zum ersten Mal als Weltmeister sah. Er sorgt dafür, dass sich auch vier Vereine aus "kleinen" Ländern für die Königsklasse qualifizieren können. Er führt das Financial Fair Play ein. Und er will als Nachfolger von Blatter Fifa-Präsident werden.

Dann stolpert er über die 1,8 Millionen Euro Beraterhonorar, die er von Blatter ohne Vertrag erhalten hatte. Die Ethikkommission des Weltverbandes sperrte ihn vor der Wahl zum Fifa-Präsidenten. Heute lebt er nach Ablauf der Sperre in der Schweiz, sagt stolz und gleichzeitig verbittert: "Ich werde zurückkommen. Ich weiß noch nicht wo, ich weiß nicht wie. Ich lasse mich nicht von diesem Spiel aussperren, zumal die Sperre von Idioten verhängt wurde."

Quelle: ntv.de, Rainer Kalb, sid


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