Mesut Özil ist in Schwierigkeiten. So arg, dass ihm jetzt sogar schon Ex-Arsenal- und DFB-Teamkollege Lukas Podolski mit einer PR-Maßnahme unter die Arme greifen musste. Özil "ist ein guter Charakter - er ist kein Arschloch", erzählte Podolski dem Portal "The Athletic". In dem Interview verrät der Antalyaspor-Profi nicht nur seine Lieblingseissorten (Erdbeere und Pistazie), sondern erklärt auch die aktuelle Situation seines Ex-Teamkollegen (sehr, sehr schwierig). Denn der Beziehungsstatus zwischen dem FC Arsenal und Mesut Özil gilt schon länger als kompliziert und kostet nicht nur die Fans regelmäßig Nerven.
Dabei hilft auch Özils eigenes "Athletic"-Interview nicht. Dort erläutert der heute 31-Jährige, wie die Leute versuchten, ihn "zu zerstören". Grund dafür war ist das heikle Thema des Gehaltsverzichts. Im April sickerte durch, dass Spitzenverdiener Özil die Kürzungen verweigert. Später, Anfang des Monats, verkündete Arsenal, Corona-bedingt 55 Stellen streichen zu müssen. Der Internet-Mob kombinierte blitzschnell und übereifrig und stellte den Mittelfeldregisseur augenblicklich an den Pranger.
Dass dessen Nein plausible Gründe hatte, interessierte nicht. Denn was sollte mit dem eingesparten Geld passieren? Die Verantwortlichen ließen "viele Fragen unbeantwortet", so Özil. Alle wollten etwas beitragen, doch sie sollen "übereilt ohne vernünftige Beratung in diese Lage gedrängt" worden sein, erklärt der Rio-Weltmeister. Die unerwarteten Kündigungen bestätigen für ihn die These.
Özil bleibt "bis zum letzten Tag"
Es sind Aussagen wie diese, die den Verantwortlichen bei den "Gunners" wohl gar nicht schmecken. Ohnehin gärt es, was die sportliche Situation betrifft. In den Kaderplänen von Trainer Mikel Arteta spielt Özil keine Rolle mehr. Der hochdotierte Vertrag des Mittelfeldspielers läuft 2021 aus. Er soll verkauft werden, um Platz im knappen Gehaltsbudget zu schaffen. Ein vorzeitiger Abschied? Für den Ex-Schalker ist das keine Option: "Ich entscheide, wann ich gehe. Meine Position ist klar, ich bleibe hier bis zum letzten Tag unserer Vereinbarung." Das ratlose Arsenal soll zwischenzeitlich sogar Geld geboten haben, um Özil loszuwerden.
Das war nicht immer so. Viel änderte sich mit dem Abschied von "Großmutter" Wenger. Seither finden die Londoner und ihr Zehner nicht mehr richtig zusammen. Das Spielsystem ändert sich. Auf Wenger folgte Unai Emery. Mit ihm sind zentrale Kreativspieler plötzlich nicht mehr gefragt. Und so wurde radikal verabschiedet: Santi Carzola, Jack Wilshere, Aaron Ramsey und Henrikh Mkhitarayan mussten den Klub verlassen. Sie alle passten nicht mehr oder waren zu alt geworden. Einzig Mesut Özil blieb. Aber auch er spielte nicht mehr wirklich regelmäßig. Erst unter Arteta ändert sich das - bis Özil nach der Corona-Pause auf rätselhafte Weise wieder zum Tribünengast degradiert wird. Der Trainer begründet die Maßnahme sportlich, der Spieler bezweifelt das.
Während seine Teamkollegen in London gegen Chelsea den FA-Cup holen, urlaubt Özil mit Vereinserlaubnis in der Türkei. Dabei werden seine besonderen Qualitäten eigentlich gebraucht, schließlich stellen die "Gunners" in der letzten Saison das Feuern ein: Selbst der abgeschlagene Absteiger Norwich schießt in der Premier League häufiger auf den gegnerischen Kasten. Özil, seit März nur noch bei Instagram im Arsenal-Trikot zu sehen, kreiert trotz begrenzter Spielzeit die zweitmeisten Chancen und bereitet die meisten Schüsse pro 90 Minuten vor. Doch die großen Zahlen passen schon länger nicht mehr: Unter Emery und Arteta schafft er wettbewerbsübergreifend nur 13 direkte Torbeteiligungen, im letzten Wenger-Jahr alleine sind es 19.
"Es gibt keine Gewinner"
Wie soll es nun ohne Özil bei Arsenal weitergehen? Das Hin und Her um das auslaufende Arbeitspapier des Deutschen legen auch Artetas Kaderpläne erstmal auf Eis. Eigentlich sollte es nach der Horror-Saison in der Premier League einen Umbruch geben, um nicht dauerhaft ins Tabellenmittelfeld abzurutschen. Doch nun müssen sich anvisierte Top-Transfers wie Thomas Partey von Atletico Madrid gedulden, bis überhaupt klar ist, wie viel Geld eigentlich zur Verfügung steht.
Auch wenn das alles nicht mit Özil steht und fällt - für die Offensive konnte bisher nur der ablösefreie Willian verpflichtet werden. Der Flügelspieler kassiert in den nächsten drei Saisons bis zu 38 Millionen Euro (pro Woche 240.000 Euro). In Anbetracht seiner 32 Jahre ein sattes Gehalt. Zudem steht die Vertragsverlängerung von Lebensversicherung Pierre-Emerick Aubameyang an. Es wird berichtet, dass auch dessen Wochenlohn trotz Corona-Zeiten beträchtlich erhöht werden soll.
All das muss sich Özil von der Seite anschauen. Der umstrittene Topverdiener wird nicht müde, zu betonen, dass er Stadt und Verein nach wie vor liebt. Doch der einstige Weltklasse-Vorbereiter braucht perfekte Umstände, um besondere Momente zu liefern. Coach Arteta will für ihn nicht alles umstellen. Auch zeigt der kleine Post-Lockdown-Lauf der Londoner, dass der begnadete Zehner wohl doch verzichtbar ist. Arsenal und Özil befinden sich in einer komplizierten Situation, die alle Beteiligten frustriert. Oder wie Lukas Podolski es zusammenfasst: "Özil sitzt auf der Tribüne, Arsenal bezahlt ihn und es gibt keinen Gewinner."
Quelle: ntv.de
Tags: