Am Ende hielt Manuel Neuer auch noch, als es eh schon egal war: In der 89. Minute des Champions-League-Finales tauchte Kylian Mbappé wenige Meter vor dem deutschen Nationaltorhüter im Dienste des FC Bayern München auf, doch auch der Franzose brachte den Ball nicht an Neuer vorbei. So ging es vorher schon seinem Sturmkollegen Neymar, der Paris Saint-Germain in der 18. Minute hätte in Führung bringen können, aber am ganz langen Bein von Neuer gescheitert war. Einstmals musste der FC Bayern nach heutigen Standards kaum nennenswerte 30 Millionen Euro Ablöse für ihn berappen. Die Superstars Neymar und Mbappé kosteten PSG zusammen 408 Millionen Euro, Manuel Neuer aber ist schlicht unbezahlbar.
Mbappé ärgerte sich nach seinem späten Scheitern gar nicht mehr groß. Der Weltmeister, der ohnehin im Abseits gestanden hatte, hatte offenbar akzeptiert: Egal, was passiert, wir werden heute kein Tor mehr erzielen. Das lag an der am Sonntagabend gegenüber dem bisweilen wackligen Vortrag im Halbfinale gegen Olympique Lyon deutlich stabileren Münchener Verteidigung, aber vor allem an: Manuel Neuer. Der kommentierte seine Leistung im wichtigsten Spiel des Jahres durchaus selbstbewusst: "Ich habe ein gutes, ein super Spiel gemacht." Das beste Spiel seiner Karriere vielleicht? "Nein, das glaube ich nicht." Um in die Riege der ganz großen Spiele des Manuel Neuer aufzusteigen, reichen drei vereitelte Großchancen gegen Neymar, Mbappé und den Brasilianer Marquinhos einfach nicht.
Zum zweiten Mal überragend im Finale
Die Experten wiederum ordnen die Leistung des nun zweimaligen Champions-League-Siegers euphorisch ein: "Wir in Deutschland hatten immer ganz große Torhüter, aber er ist sicherlich einer der ganz, ganz großen", sagte der mehrfache Welttorhüter Oliver Kahn, inzwischen Vorstandsmitglied von Bayern München, bei Sky. Ist Neuer sogar der beste Keeper? "Wenn man schaut, was er alles gewonnen hat - er ist Weltmeister geworden, hat die Champions League zwei Mal gewonnen und der Mannschaft dabei immer geholfen - ja, kann man sagen", meinte Kahn. Vielleicht erinnerte er sich da konkret auch an den letzten Bayern-Triumph in der Champions League: 2013 hatte Neuer im Finale gegen Borussia Dortmund (2:1) überragt, nun geht auch der sechste Gewinn des Henkelpotts ganz entscheidend auf sein Konto.
Das sah jedenfalls Peter Schmeichel so, wie Kahn Welttorhüter und Champions-League-Sieger: "Mit jedem Torwart, der nicht so spielt, hätte Bayern dieses Turnier nicht gewonnen", sagte Schmeichel in seiner Funktion als Experte des US-amerikanischen TV-Senders CBS. "Neuer heute, er war einfach unglaublich." Er gebe der Mannschaft mit seinem Passspiel zudem eine große Sicherheit und Selbstvertrauen. Die Mannschaft weiß ohnehin, was sie an ihrem Torwart haben: "Wir brauchen nicht so zu tun, als ob das von irgendwoher kam", meinte etwa Thomas Müller. "Aber dass er in diesen Spiel immer wieder so da ist ... deswegen ist er die Nummer eins." Rekordnationalspieler Lothar Matthäus weiß: "Er ist einer der besten Torhüter, die es je auf unserem Planeten gegeben hat."
"Ein bisschen Wettbewerbsverzerrung"
Ottmar Hitzfeld, einer von seit Sonntagabend sechs deutschen Trainern, die die Champions League gewonnen haben, kennt den Grund, warum PSG nicht zu irgendetwas Zählbarem gekommen ist - trotz diverser Großchancen: "Da sind sie ein paarmal - ich denke an Neymar und in der zweiten Hälfte an Marquinhos - an Manuel Neuer gescheitert. Er hat untermauert, dass er aktuell der weltbeste Torhüter ist. Neuer steht immer da, wo er stehen muss. Er ist wie eine Wand."
Heilfroh sind sie beim FC Bayern wohl, dass das überraschend lange Gezerre um einen neuen Neuer-Vertrag im Mai erfolgreich beendet worden war. Nach der Verpflichtung von Alexander Nübel, der mal - es schien zwischenzeitlich: eher früher als später die neue Nummer eins beim FC Bayern werden sollte - knirschte es im seit 2011 bestehenden Verhältnis zwischen Neuer und dem Rekordmeister.
Neuer war "irritiert", dass Gesprächsinhalte aus den Vertragsverhandlungen nach außen drangen. Das sei noch nie passiert, "jetzt aber stehen ständig Details aus den aktuellen Gesprächen in den Medien, die oft nicht einmal stimmen", hatte er in der "Bild am Sonntag" geklagt. Dies ärgere ihn. Auch eine angebliche Klausel, die Nübel angeblich Einsätze garantieren sollen, kommentierte Neuer streng: "Ich bin Sportler, ich bin Profi. Ich bin kein Statist, sondern Protagonist und möchte immer spielen." Am Ende versicherte man sich doch der gegenseitigen Wertschätzung und einigte sich auf einen neuen Vertrag bis 2023.
All das, was sie alle sagten, brachte ausgerechnet Thomas Tuchel, der Trainer des unterlegenen Finalgegners, schmunzelnd in einer anerkennenden Formel unter: "Es ist ein bisschen Wettbewerbsverzerrung", sagte Tuchel, in dessen Edelensemble viele, viele 100 Millionen katarische Dollars gepumpt werden. "Er hat das Torwartspiel auf ein anderes Niveau gehoben und zum falschen Moment für uns war er wie schon seit Monaten in absoluter Topform." Neuer - unbezahlbar.
Quelle: ntv.de, ter
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