Die unsinnig große Unruhe beim FC Bayern

  17 September 2020    Gelesen: 550
  Die unsinnig große Unruhe beim FC Bayern

Noch ist nichts los beim FC Bayern. Das könnte eine gute Nachricht sein, aber auch eine schlechte. Je nach Perspektive. Vor dem Saisonstart der Münchner am Freitag in der Bundesliga gegen den FC Schalke 04 herrscht beim Triple-Sieger indes überraschend viel Aufregung.

Das dürfte dem welterfolgreichsten Hansi (Anmerk. d. Red.: Nachname Flick, Fachbereich Fußball) nicht gefallen haben. Der Mann, der den FC Bayern in der vergangenen Saison im Power-Dauer-Partymodus aus dem emotionalen Trümmerfeld zum unbesiegbaren Pressing-Giganten geformt hatte, der soll nun in der an diesem Freitag beginnenden Saison "experimentieren". Die Transferwünsche des Triple-Trainers? Wuchtig abgewischt. Von Uli Hoeneß, in einer lockeren Plauderrunde. Wobei, lockere Plauderrunden und Hoeneß, das klingt fast so verdächtig wie Jürgen Klinsmann und Bundesliga-Comeback (Anmerk. d. Red.: kommt nicht). Wenn Hoeneß plaudert, dann nicht einfach so. Dann gibt's danach, mächtiges Amt hin oder weg, meist was aufzukehren.

Und nach seiner letzten lockeren Plauderrunde, sie fand am vergangenen Sonntag im "Doppelpass" statt, müssen die Münchner Räumkommandos nun die verschmutzten Ecken im emotionalen Poker um David Alaba und beim sensiblen Thema Kaderpläne blank polieren. Was ihnen davon gelingen wird - und was nicht - wird sehr viele Menschen interessieren. Ganz besonders uns Medien. Schlagabtausche in München sind das "Schwiegertochter gesucht" des Sportjournalismus. Man kann (Anmerk. d. Red.: so haben wir gehört) einfach nicht wegschauen. Am meisten aber wird sich Hansi Flick dafür interessieren, was bleibt (Alaba?) und was kommt (neue Spieler?).

Viel, so hat Hoeneß recht unverblümt verklickert, wird es nicht sein, was sich da noch vom Transfermarkt nach München verirren wird. Mutmaßlich sogar gar nichts. Ein Mehr an personellen Alternativen soll aus dem Nachwuchsbereich abgeschöpft werden. Experimentieren eben. Adrian Fein, der in der vergangenen Saison an den Zweitligisten Hamburger SV ausgeliehen war, soll im defensiven Mittelfeld auf Einsätze bei den Profis kommen. Stürmer Joshua Zirkzee hat ja schon gezeigt, was er kann. Das dürfte in dieser Saison wohl gerne auch Fiete Arp tun, dessen Zeit in München bislang eher unglücklich war. Zu den Männern, zu den jungen, die in größere Rollen reinwachsen sollen, gehört dann noch der hoch veranlagte Franzose Mickaël Cuisance. Als externe Verstärkungen stehen zudem Leroy Sané, Noch-Ersatztorwart Alexander Nübel und Abwehr-Talent Tanguy Nianzou zur Verfügung.

Im Mittelfeld könnte es eng werden

Weil der Kader mit dem sehr zuverlässigen Ivan Perisic und dem zumindest zuverlässig treffenden und vorbereitenden Philippe Coutinho zwei wichtige Kaderspieler (hinzu kommt der nicht ganz so wichtige Rechtsverteidiger Álvaro Odriozola) verloren hat und zudem auch noch der Abgang von Thiago (und Javi Martinez) droht, hat das Aufgebot des Rekordmeisters im Mittelfeld deutlich an sehr wertvoller Substanz verloren. Hoeneß hin oder her. Und ob Corentin Tolisso, den man ja laut Uli Hoeneß "blind reinwerfen" könne, tatsächlich eine planbare Konstante wird? Angesichts der zahlreichen Verletzungen des Franzosen in den vergangenen Jahren wirkt das eher fraglich. Das in seiner Breite der Tiefe eher dünne Mittelfeld bekommt zudem Rotationsstress, wenn Rechtsverteidiger Benjamin Pavard ausfallen sollte und Joshua Kimmich, der neue Leader im Zentrum, wieder auf seiner Ex-Position aushelfen muss.

Bedarf entlarvt Flick auch auf den offensiven Flügeln. Einen vierten Mann hinter der Welt-Offensive mit Sané, mit Serge Gnabry und Triplemacher Kingsley Coman hätte er gerne. Perisic wäre ein Kandidat gewesen. Selbst der noch sehr junge Oliver Batista-Meiter aus dem Drittliga-Team, doch der wurde in dieser Woche nach Heerenveen, an den dortigen Sportclub verliehen. Weil in der Mannschaft trotz allem "keiner fehlt", wie Hoeneß am Sonntag blitzanalysierte, wird sich Flick trotz aller kursierenden Gerüchte um Sergiño Dest (Rechtsverteidiger, Ajax Amsterdam) und Callum Hudson-Odoi (Flügelspieler, FC Chelsea) wohl eher um kreative Lösungen bemühen müssen. Und das in der Saison, die als eine der härtesten eingestuft wird.

Goretzka schlägt Pressing-Alarm

So schlug Leon Goretzka, der physische Leader, bereits präventiv Alarm. Angesichts von wenigen Pausen und sehr vielen Spielen (plus EM) müsse man die Belastungen clever verteilen. Außerdem macht sich der DFB-Spieler Gedanken um die Taktik der Münchner: "Worüber man mit Sicherheit auch nachdenken kann - Schrägstrich muss - ist, ob wir unsere Spielweise ein Stück weit ändern müssen", sagte er kurz vor dem Saisonstart gegen den FC Schalke 04 am Freitag. "Denn das Pressing, das wir die letzten Monate gespielt haben, über so eine Saison ohne Pausen durchzuziehen, das wird auch schwierig."

Schwierig ist es inzwischen auch zwischen dem FC Bayern und Alaba. Nicht auf sportlicher Ebene, da sind Flick und sein österreichischer Abwehrchef absolut fein miteinander, dafür kracht's eine Etage drüber. Die Verhandlungen über einen neuen Vertrag werden von sehr lauten Zwischenrufen (Hoeneß) und schweren Vorwürfen (Alabas Vater George) begleitet. Nach dem bizarren Theater um Manuel Neuers verlängertes Ja-Wort scheppert es nun zum zweiten Mal in kurzer Zeit nicht mehr nur hinter den Vorhängen. Dass es zwischen dem Abwehrspieler und dem Klub aber tatsächlich zum Scheidungsdrama kommt, ist eigentlich (immer noch) nicht vorstellbar. Und selbst wenn, zumindest in der Abwehr müsste Flick angesichts großer Klasse und Breite mit Niklas Süle, Lucas Hernández und Jérôme Boateng) nicht experimentieren. Gefallen würde das dem welterfolgreichsten Hansi allerdings nicht.

Quelle: ntv.de


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