FC Bayern beendet Saison in 90 Minuten

  21 September 2020    Gelesen: 759
  FC Bayern beendet Saison in 90 Minuten

Der FC Bayern beendet die neue Bundesliga-Saison schon in den ersten 90 Minuten, allerdings geht das nicht ohne Ärger. Bei Borussia Dortmund darf sich ein 24-Jähriger auf der Ersatzbank schon wie ein alter Mann fühlen, während nicht nur beim BVB ein Jugendtrend offensichtlich wird. In Bremen dagegen gibt es massive Zweifel.

Wie sollen diese Bayern nur verlieren?

Spieltag eins und die Saison ist gelaufen. Schuld daran ist der FC Bayern. Das 8:0 gegen den FC Schalke ist so überdeutlich, da gibt es kein Vertun: der Meister steht schon fest. Es wäre der neunte Titel in Folge für die Münchner. Ein Triumph, auf den niemand - außer die Bayern selbst - hoffen, aber einer, von dem alle ausgehen. "Unersättlich", "Lawinenstart", "Bayerns erstes Massaker", schreibt die internationale Presse. Trainer Hansi Flick prägt dieses Team wie trotz der Erfolge schon länger keiner. Alle sind motiviert bis in die viel zitierten Haarspitzen, niemand wagt es, nach dem dritten oder vierten Tor mal langsamer zu machen, kein Gegner wird bespielt - er wird zerspielt.

Nun mögen die Optimisten sagen - und dafür entschuldigen wir uns vorab in Gelsenkirchen: Es war ja nur der FC Schalke 04. Das Team, das seit saisonübergreifend nun 17 Ligaspielen nicht gewonnen hat. Das Team, das auf und abseits des Platzes in einer veritablen Krise steckt. Das zudem fast pleite ist und deswegen auf teure Neuverpflichtungen verzichten muss. Diese Optimisten seien gewarnt: Serge Gnabry und Leroy Sané werden ihre Spielfreude nicht so schnell verlieren. Robert Lewandowski jagt - jajaja, wir zahlen ins Phrasenschwein - noch immer den Gerd-Müller-Rekord.

Thomas Müller ist eben der Thomas Müller, immer für kuriose Treffer und aberwitzige Szenen gut. Und das ist nur die offensivste Offensive. Alle dahinter - und auf der Bank - sind nicht schlechter. Reicht als Argumentation, oder? Wir nehmen Wetten entgegen, wann das unersättliche Flick-Team womöglich, vielleicht, ganz eventuell mal verlieren könnte. Uns fällt da so schnell nichts ein.

Was ist nur mit diesen Bayern los?

Auf dem Feld durften sich die Bayern-Protagonisten weitestgehend kontaktlos zum Kantersieg spielen, dafür rückte man sich auf der Ehrentribüne ordentlich auf die Pelle. Und kassierte dafür nicht nur aus den Reihen der Fernsehzuschauer Kritik und Häme, sondern auch aus der Politik und von der DFL.

Dicht an dicht saßen die Bayern-Bosse ohne Mund-Nasen-Schutz in der Arena, in der aufgrund stark steigender Corona-Infektionen in München rund 70.000 Plätze - also nahezu alle - freibleiben mussten. Viele Millionen Menschen wurden dank der weltweiten Übertragung des Bundesliga-Eröffnungsspiels der Saison 2020/21 Zeugen dieser Instinktlosigkeit. Man durfte sich schon wundern, warum sich die normalen, zahlenden Stadionbesucher, um deren Rückkehr in die Stadien so vehement gerungen wird, strengen Regeln unterwerfen sollen, die die VIP-Risikogruppler dann doch ignorieren.

Gewiss, Bayern-Vorstand Oliver Kahn (der Nicht-Risikogruppler unter den Bossen) und Vorstand Karl-Heinz Rummenigge beriefen sich auf Bestimmungen in der bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die grundsätzlich einen Aufenthalt im öffentlichen Raum in Gruppen von bis zu zehn Personen gestattet. Die DFL-Regularien, denen sich auch der FC Bayern unterwerfen muss, sind aber klar: "Alle Personengruppen, außer den aktiven Spielern und Schiedsrichtern auf dem Spielfeld, sind dazu verpflichtet, im Stadion Mund-Nasen-Schutz zu tragen." In der Praxis ist es erlaubt, die Masken abzulegen, wenn der angemessene Abstand eingehalten wird.

Es geht aber auch gar nicht um Paragrafen-Reiterei und Zentimeter-Geschachere, es geht auch um Vernunft - und Bilder. "Kinder sollen in der Klasse im Unterricht Maske tragen. Die FC-Bayern-Manager genießen den Fußball und es ist ihnen offenbar völlig egal, dass sie Vorbild für keinen sind", schrieb SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bei Twitter: "Darauf kann niemand stolz sein ..." Es gab für Rummenigge und Co. schlicht keinen Grund, nicht die volle Breite der großzügigen Ehrentribüne auszunutzen. Und damit für angemessene Bilder in einer seltsamen Zeit zu sorgen.

Nach dem Kinderriegel jetzt die Wildfang-Offensive

So schnell kann man nur in der Bundesliga altern: Letzte Saison noch als neue BVB-Hoffnung gefeiert, findet sich Julian Brandt jetzt plötzlich auf der Bank wieder. Der 24-Jährige hat auf einmal Teamkollegen vor sich, die einfach mal sieben Jahre jünger sind. Jude Bellingham und Gio Reyna sind gerade einmal 17, Reinier ist 18, Erling Haaland und Jadon Sancho sind 20 Jahre jung. Jung und gut. Sehr gut.

Und vor allem gnadenlos in ihrer Effizienz. Vier Torschüsse weist die Statistik für das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach aus - drei waren drin. Reyna schoss in der 35. Minute sein Debüt-Tor, Haaland legte in der 54. (Elfmeter) und 77. Minute nach - es waren seine Tore 14 und 15 im 16. Liga-Spiel.

Die da vorn erinnern an die da hinten - also an die da hinten von vor zwölf Jahren. Als in der BVB-Innenverteidigung Mats Hummels und Neven Subotic spielten und links von ihnen Marcel Schmelzer. Sie waren 19, 19 und 20 Jahre jung, wurden zunächst abfällig als "Kinderriegel" verspottet, waren aber 2010/11 und 2011/12 die großen Sieger - erst Meister und dann Doublesieger nämlich. Ihre offensiven Nachfolger haben es leichter und die Herzen der Fans im Sturm erobert.

Überhaupt, die 17-Jährigen

Wie Bellingham und Reyna dem BVB das tür-öffnende 1:0 gegen Borussia Dortmund organisierten, war schon außergewöhnlich stark. Aber die beiden Dortmunder Teenies waren nicht die einzigen 17-Jährigen, die an diesem ersten Spieltag Spuren hinterlassen haben. Schon am Freitag hatte sich Jamal Musiala zum jüngsten Torschützen in der torreichen Pflichtspielgeschichte des FC Bayern gemacht, am Sonntag schickte Leverkusens Trainer Peter Bosz seinen Jungstar Florian Wirtz in der Startelf auf den Platz und Achim Beierlorzer machte Paul Nebel knapp drei Wochen vor dessen 18. Geburtstag zum jüngsten Bundesligaspieler des 1. FSV Mainz 05.

Während die Altersgenossen deutliche Spuren im Spieltag hinterließen, reichte es für Nebel immerhin in den letzten Sekunden noch zu einem furcht-, aber fruchtlosen Dribbling gegen Leipzigs Nationalspieler Marcel Halstenberg. Gelobt sei der Mut der Trainer.

Bitter allerdings: Bellingham und Co. droht bald das Schicksal von Julian Brandt (s.o.): In Dortmunds U19 traf gestern ein gewisser Youssoufa Moukoko in seinem ersten Spiel bei den ältesten Junioren dreifach. Der ist 15 Jahre alt, trainiert regelmäßig bei den Profis mit, darf da aber erst - so will es der DFB - ab seinem 16. Geburtstag auflaufen. Der ist am 20. November, am 21. November spielt Dortmund gegen Hertha BSC. Es könnte der Tag sein, an dem eine Generation 17-jähriger Bundesligaprofis zu Spätzündern degradiert wird.

Werder hört doch nicht auf

Vermutlich war der Großteil der 8400 Fans, die am Samstag ins Weserstadion strömten, durchaus hoffnungsvoll angereist. Endlich wieder Fußball live, in Farbe und vor Ort, endlich wieder Werder, endlich eine neue Saison, nachdem die vergangene gerade noch so eben und nur aufgrund der Auswärtstor-Regel in der Relegation mit dem Klassenerhalt geendet hatte. Der gewünschte Neustart allerdings fiel aus, mit dem 1:4 gegen Hertha BSC lieferten die Bremer stattdessen eine Fortsetzung der desaströsen Vorsaison. Nicht nur, weil sie schon wieder auf Tabellenplatz 16 stehen.

Der Abstiegskampf hat schon in den ersten 90 Bundesliga-Minuten wieder begonnen, wobei Trainer Florian Kohfeldt ernüchtert feststellte: "In vielen Dingen war das nicht gut genug, um Bundesliga zu spielen." Dem ist wenig hinzuzufügen, denn Kohfeldt hat schlicht recht. In der Offensive brachte seine Mannschaft kaum etwas zustande, in der Abwehr erinnerte die vogelwilde Herangehensweise mitunter an das Chaos, das Werder in der abgelaufenen Spielzeit 69 Gegentreffer kassieren ließ, nur der abgeschlagene Tabellenletzte aus Paderborn war schlechter.

Die Aufbruchstimmung, die in der Vorbereitung mitunter erkennbar war, droht früh zu kippen in die bange Frage, ob sich das Glück erneut so strapazieren lässt wie im Endspurt der Vorsaison. Dafür ist die nächste Partie gleich ein Indikator, denn die Bremer treffen auf die Schalker, deren Bundesliga-Tauglichkeit nach dem ersten Spieltag ebenfalls noch offen ist. Immerhin Davie Selke strahlte Euphorie aus und den Willen, das Gegenteil zu beweisen: "Es ist völliger Quatsch, dass sich bei uns nichts geändert hätte. Das wird man in den kommenden Partien sehen." Viel Zeit sollte sich Werder dafür aber nicht lassen.

Quelle: ntv.de


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