US-Bosse bieten sich Biden an

  25 November 2020    Gelesen: 259
  US-Bosse bieten sich Biden an

Welche Rolle wird die Wirtschaft für die neue US-Regierung spielen? Corporate America signalisiert dem designierten Präsidenten Unterstützung, "um das Land voranzubringen". Ein Konzernchef ist sogar nicht abgeneigt, ins Kabinett einzuziehen. Ganz oben auf der Liste steht er nicht.

Corporate America stellt sich auf den neuen US-Präsidenten ein. Während sich zunächst überwiegend US-Investoren und -Finanzmanager erleichtert über den Ausgang und die Abwahl von Präsident Donald Trump geäußert hatten, haben inzwischen auch immer mehr Unternehmenschefs Stellung bezogen. Laut dem US-Fernsehsender CNN gibt es in den Protokollen der jüngsten Telefonkonferenzen der Unternehmen viel positives Feedback für den designierten Präsidenten Joe Biden.

Einer der ersten Gratulanten nach der Wahl war der einflussreiche Walmart-Chef Doug McMillon. Er gratulierte Biden vergangenen Woche bei der Präsentation der Quartalszahlen und erklärte, man freue sich, "mit der Biden-Administration und beiden Häusern des Kongresses zusammenzuarbeiten, um das Land voranzubringen und Probleme im Namen unserer Mitarbeiter, Kunden und anderer Interessengruppen zu lösen".

Die Worte von Doug McMillon dürfen als ausgestreckte Hand verstanden werden. Er ist der Vorsitzende des sogenannten Business Roundtable, eine einflussreiche Lobbygruppe, die Amerikas Top-CEOs vertritt. McMillon hatte den Posten Anfang des Jahres von JPMorgan-Chef Jamie Dimon übernommen. Dimon selbst hatte sich bereits kurz nach der Wahl öffentlich geäußert: "Wir sind als Land stärker, wenn wir uns gegenseitig mit Würde behandeln", mahnte Dimon und rief seine Mitbürger auf: "Egal, welche politischen Ansichten wir haben, lasst uns zusammenkommen und dieses außerordentliche Land stärken".

"Freuen uns darauf, mit ihnen zusammenzuarbeiten"
Viele Top-Führungskräfte scheinen nach vier Jahren Twitter-Tiraden von Trump vor allem einen Wunsch zu haben: Dass Biden für ein stabileres politisches Umfeld sorgt und das Land eint. Davon zeugen auch die Worte von Amazon-Chef Jeff Bezos, der als Besitzer der Trump-kritischen "Washington Post" ein schwieriges Verhältnis zum US-Präsidenten hatte: Der Sieg von Biden und der designierten Vize-Präsidentin Kamala Harris habe gezeigt, dass "Einheit, Empathie und Anstand nicht die Eigenschaften einer vergangenen Ära sind".

Die Chefs der großen börsennotierten Unternehmen formulieren auch konkretere Wünsche. Intel-Chef Bob Swan zum Beispiel forderte laut CNN in einem offenen Brief mehr Investitionen in die digitale Infrastruktur und verarbeitende Industrie. Wegen der von Trump angezettelten Handelskonflikte loten viele Wirtschaftsführer aus, welchen Kurs Biden bei den Themen Handelsbarrieren und Regulierung verfolgt. Allgemein erwartet wird ein harter Kurs in der China-Politik ebenso wie eine Fortsetzung der America First-Politik seines Vorgängers. Auch Blake Moret, Chef des Industrietechnologieunternehmens Rockwell Automation, bot Biden die Kooperation an: "Wir freuen uns darauf, mit ihnen zusammenzuarbeiten, um Wege zu finden, die Produktion in den USA zu steigern."

Biden hatte während seiner Kampagne eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die an den US-Finanzmärkten Sorgen vor Steuererhöhungen und mehr Regulierung geschürt hatten. Mit Spannung wird deshalb erwartet, wie sein Kabinett aussehen wird. Trump hatte nach seiner Wahl zum US-Präsidenten die Nähe zu - insbesondere kritischen - Unternehmenslenkern gesucht. Gleich 2016 lud er die Firmenschefs aus dem Silicon Valley ins Weiße Haus ein. Zwei Jahre später, als die Debatten um Strafzölle der Umweltregulierungen hochkochten, traf er sich mit den Autobossen. Steven Mnuchin, der 17 Jahre lang bei der Investmentbank Goldman Sachs gearbeitet hatte, schaffte es sogar ins Trump-Kabinett, als Finanzminister.

Die Liste der potenziellen Finanzminister
Wird Biden auch die Expertise von Wirtschaftsführern einholen? Oder einen Vertreter gar in sein Kabinett berufen? Auf einer Konferenz der "New York Times" antwortete JPMorgan-Chef Dimon auf die Frage, ob er daran interessiert wäre, Bidens Finanzminister zu werden: "Ich liebe das, was ich tue, und ich habe den Job nie begehrt."

Nach den jüngsten Äußerungen Bidens wäre seine Nominierung allerdings eine Überraschung. Er habe seinen Kandidaten fürs Finanzministerium gefunden, kündigte Biden am Montag an. Bekannt geben werde er seinen namen kurz vor oder kurz nach Thanksgiving, ließ er auf einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit US-Gouverneuren mitteilte.

Biden gab sich dabei zuversichtlich, dass seine Wahl von "allen Mitgliedern der Demokratischen Partei", akzeptiert werden wird. Er soll also dem gemäßigten als auch dem linken Flügel zusagen. Unternehmenschefs stehen nicht auf der Liste: Zu den Favoriten gehören vielmehr die Ökonomin und einflussreiche Notenbankdirektorin Lael Brainard, die ehemalige Notenbankchefin Janet Yellen sowie der frühere stellvertretende Vorsitzende der US-Notenbank, Roger Ferguson Jr. Er gilt als einer der mächtigsten schwarzen Führungskräfte an der Wall Street.

n-tv


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