Mourinho hasst es, wenn ein Plan nur 89 Minuten funktioniert

  17 Dezember 2020    Gelesen: 723
Mourinho hasst es, wenn ein Plan nur 89 Minuten funktioniert

José Mourinho und die Spurs – das scheint zu funktionieren. In Liverpool sah es nach einem Punktgewinn wie aus dem Lehrbuch des Portugiesen aus. 2000 Zuschauer sahen an der Anfield Road ein spätes Siegtor.

Duell der Torjäger: Roberto Firmino vs. Harry Kane, das war in dieser Saison bisher eine klare Angelegenheit. Der Stürmer von Tottenham hatte mit neun Toren und zehn Vorlagen einen riesigen Anteil an der Tabellenführung des Außenseiters. Firmino stand dagegen im Schatten von Diogo Jota. Die 90. Minute im Spitzenspiel der Premier League zeigte, wie wertvoll der Brasilianer immer noch sein kann. Nach einem Eckball löste er sich von Gegenspieler Toby Aldeweireld und köpfte wuchtig in den linken Winkel. Es war erst sein drittes Saisontor der Siegtreffer für den neuen Spitzenreiter Liverpool.

Das Ergebnis: Das Team von Trainer Jürgen Klopp gewann 2:1 (1:1) liegt in der Premier League nun mit 28 Punkten vor den Spurs (25).

Das übliche Vorgeplänkel: Tottenhams Trainer José Mourinho war im Vorfeld darum bemüht, die Favoritenrolle Richtung Liverpool abzuschieben. Die eigene Erfolgsserie sei nichts im Vergleich zu der von Liverpool, allein schon, weil Klopp sein Team schon seit mehreren Jahren betreuen darf. Die Verletztenliste der Reds wollte Mourinho ebenfalls nicht als Pluspunkt für seine Spurs gelten lassen. Aus der Liste Virgil van Dijk, Joe Gomez, James Milner, Thiago, Jota und Joel Matip sei nur van Dijk absoluter Stammspieler. Der Portugiese war in seinem Element. Bei Liverpool standen dann mit Rhys Williams und Curtis Jones zwei 19-Jährige ohne große Profierfahrung in der Startelf.

Wenn sonst keiner will: Drei Mannschaften hätten in der Tabelle im Vorfeld des Topspiels an Liverpool und Tottenham vorbeiziehen können. Chelsea? Verlor schon am Dienstag gegen Wolverhampton. Southampton? Kam gegen den über die Maßen kriselnden FC Arsenal nicht über ein 1:1-Unentschieden hinaus. Leicester? Musste gegen den FC Everton eine Heimniederlage einstecken – Liverpools Stadtrivale mischt nun selbst wieder in der Spitzengruppe mit. Und so gingen die Spurs und die Reds von den Plätzen eins und zwei in die Partie.

Erste Hälfte: Die Spieler von Tottenham wussten selbst nicht, wie sie es mit einem Unentschieden in die Pause schaffen konnten. Liverpool war – wer will Mourinho schon widersprechen? – dominant, spielbestimmend, torgefährlich. Die Spurs waren ängstlich, zweikampfschwach – und effizient. Nach dem Führungstor für die Gastgeber durch einen abgefälschten Schuss von Mohamed Salah (26. Minute) nutzte Son Heung-Min die einzige Torchance von Tottenham zum Ausgleich (33.). Doch das war der vermeintliche Wendepunkt in einem Spiel aus dem Mourinho-Lehrbuch mit den Kapiteln: Understatement, Defensivtaktik, optimale Chancenverwertung. Wäre da nicht Firmino gewesen.

Welcome to Anfield: An dem Tag, als in Deutschland der landesweite Lockdown begonnen hat, ist es schwer vorstellbar, bald wieder Fußballspiele mit Zuschauern sehen zu können. In England ist das anders. In der Premier League dürfen Klubs aus Städten, in denen es die Infektionszahlen offiziell zulassen, Zuschauer in die Stadien lassen. Liverpool darf, und so standen knapp 2000 Fans auf der legendären Kop-Tribüne. Es war ein völlig ungewohntes Hörerlebnis, so weit ist es schon.

Zweite Hälfte: Plötzlich war es ein anderes Spiel. Tottenham nahm auch offensiv teil, allein Kane schoss viermal aufs – oder besser neben – das Tor. Wenn Kane nicht und Son nur einmal trifft, haben die Spurs allerdings ein Problem. Direkt nach Wiederanpfiff vergab Steven Bergwijn die Chance zur Führung, noch näher dran war der Niederländer in der 63. Minute: Nach einem Konter stand Bergwijn allein vor Liverpools Torhüter Alisson, doch sein Schlenzer landete am Pfosten. Erst gegen Mitte des Durchgangs kamen die Reds wieder besser ins Spiel, doch bis zu Firminos Entscheider in der Schlussminute gab es mit Sadio Manés Lattenschuss nur eine Großchance (73.).

Das Jahr ist noch lange nicht vorbei: Und zwar für beide Teams. Liverpool hat in der Liga mit Crystal Palace, West Bromwich und Newcastle drei vermeintlich machbare Gegner vor sich. Tottenham ist noch im Ligapokal und hat deshalb zum Jahresausklang noch vier Pflichtspiele. Am Sonntag kommt Leicester an die White Hart Lane – dann wieder ohne Zuschauer im nächsten Topspiel.

spiegel


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