„Muslime mehrheitlich fromm und liberal“
Islamfeindlichkeit ist der Studie zufolge weit mehr als eine Randerscheinung. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass sich der gleichen Umfrage zufolge die übergroße Mehrheit der vier Millionen Muslime in Deutschland zu den Grundwerten von Demokratie bekennen. Es gebe eine starke Verbundenheit mit dem deutschen Staat und der Gesellschaft. In der Ende November erhobenen Umfrage erklärten neun von zehn hochreligiösen Muslimen, sie betrachteten die Demokratie als eine gute Regierungsform. Ebenso viele hätten in ihrer Freizeit auch Kontakte mit Angehörigen anderer Religionen. "Muslime in Deutschland zeigen sich mehrheitlich fromm und liberal zugleich", heißt es.
„Die Verbundenheit der Muslime mit Deutschland und seinen gesellschaftlichen Werten trägt jedoch nicht dazu bei, dass sich negative Vorurteile gegenüber dem Islam abbauen", erklärte die Stiftung. So äußerten 61 Prozent der befragten Bundesbürger, der Islam passe nicht in die westliche Welt. 2012 waren 52 Prozent dieser Meinung. 40 Prozent der Befragten fühlen sich inzwischen durch die Muslime als Fremde im eigenen Land. Jeder Vierte will Muslimen sogar ganz die Zuwanderung nach Deutschland verbieten.
Viele Deutsche finden Islam „nicht passend“
„Für Muslime ist Deutschland inzwischen Heimat. Sie sehen sich aber mit einem Negativ-Image konfrontiert, das anscheinend durch eine Minderheit von radikalen Islamisten geprägt wird", sagte die Islam-Expertin der Stiftung Yasemin El-Menouar.
In den vergangenen Wochen hat die islamfeindliche Pediga-Bewegung starken Zulauf erhalten, die in Dresden jede Woche inzwischen weit über 10.000 Teilnehmer für ihre Kundgebungen mobilisieren kann. Inzwischen regt sich aber auch breiter gesellschaftlicher Widerstand gegen Pegida. Vertreter von Politik, Wirtschaft, Kunst, Sport und Kirchen rufen zu Toleranz auf und wenden sich gegen Fremdenfeindlichkeit in Deutschland.
Im "Religionsmonitor" der Bertelsmann-Stiftung wird regelmäßig repräsentativ und international die Bedeutung von Religion in den Gesellschaften untersucht. Teil der Studie ist eine Umfrage des Meinungsforschungsunternehmen TNS Emnid von Ende November 2014 über die Einstellung zum Islam.
Das Fazit der "Sonderauswertung Islam" aus dem Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung:
1. Muslime in Deutschland sind mit Staat und Gesellschaft eng verbunden – unabhängig von der Intensität muslimischen Glaubens.
2. Das Leben als religiöse Minderheit prägt religiöse Orientierungen und Werthaltungen der Muslime in Deutschland. Diese denken häufiger über Glaubensfragen nach und sind insgesamt liberaler als Muslime in der Türkei.
3. Der offenen Haltung vieler Muslime in Deutschland steht aber eine zunehmend ablehnende Haltung der Mehrheit der Bevölkerung gegenüber. Die 4 Millionen in Deutschland lebenden Muslime leiden unter einem negativen Image, das vermutlich durch die kleine Minderheit der radikalen Islamisten (weniger als 1 % aller Muslime) geprägt wird.
4. Islamfeindlichkeit ist keine gesellschaftliche Randerscheinung, sondern findet sich in der Mitte der Gesellschaft. Islamfeindlichkeit als salonfähiger Trend kann zur Legitimation diskriminierender und ausgrenzender Verhaltensweisen gegenüber einer Minderheit genutzt werden.
5. Regelmäßige persönliche Kontakte helfen Vorurteile gegenüber Muslimen abzubauen. Häufig aber fehlen die Gelegenheiten.
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