Swarovski kämpft ums Überleben

  06 Januar 2021    Gelesen: 419
Swarovski kämpft ums Überleben

Bei Swarovski läuft es schon länger nicht mehr rund, vor allem die Billigkonkurrenz aus China setzt dem Unternehmen zu. Durch die Corona-Krise sinken die Einnahmen nochmals drastisch. Ein Strategiewechsel und ein radikaler Sparkurs sollen helfen. Doch der interne Widerstand ist groß.

Es funkelt im Teich unter kristallbesetzten Wolken oder vom riesigen Kristallleuchter: Fast alles am Hauptsitz des Kristall-Imperiums Swarovski in Wattens im österreichischen Tirol glitzert und glänzt. Doch der Schein trügt: Hinter den Kulissen tobt ein bitterer Familienstreit über die Zukunft des Unternehmens. 650.000 Touristen, die jährlich auf das Konzerngelände strömten, haben lange die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Familienclans kaschiert. Doch die Corona-Krise hat die Probleme um die Neuausrichtung des Konzerns freigelegt.

125 Jahre nachdem Gründer Daniel Swarovski eine Maschine entwickelte, die Glas so schneidet, dass es wie Diamanten schimmert, regieren seine Ur-Ur-Enkel über ein breit aufgestelltes Unternehmen. Swarovski verkauft Strasssteine für Modemarken, Ferngläser für Jäger sowie Schmuck und Kristallfiguren von Micky Maus bis Prinzessin Leia. Doch Geschäftsführer Robert Buchbauer, fünfte Generation des Familienunternehmens, pocht auf einen drastischen Wandel: "Wir sind gezwungen, unser gesamtes Swarovski-Geschäft neu zu denken", sagt er im Hauptquartier in Wattens.

Swarovskis Kristalle haben zwar die Outfits von Berühmtheiten wie Beyoncé und Marilyn Monroe geschmückt und wurden von Designern wie Christian Dior verwendet, aber laut Buchbauer verlieren sie bei Geschäftskunden ihren Glanz. Kristalle von Konkurrenten aus China funkeln genauso hell - für nur ein Prozent des Preises. Zu diesem ohnehin schon ruinösen Wettbewerb, sagt Buchbauer, kommen durch die Pandemie "Absatzeinbußen in gigantischem Ausmaß". Von 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2019 sanken die Einnahmen im vergangenen Jahr auf etwa 1,9 Milliarden Euro. Die seit langem geplanten, tiefgreifenden Einschnitte seien nur noch dringlicher geworden.

Swarovski-Kristalle sollen wieder exklusiver werden

Buchbauer will weg von der breiten Produktpalette, den Maniküre-Sets und Handyhüllen mit Swarovski-Kristallen. Er möchte die glitzernden Steine wieder exklusiver machen; weniger, dafür größere und buntere Produkte herstellen, die zu einem höheren Preis verkauft werden. Zudem sollen 750 der weltweit 3000 Filialen schließen, 6000 Mitarbeiter gehen. Allein in Wattens sollen 1800 Angestellte ihren Job verlieren.

Doch nicht alle im Unternehmen denken, dass Buchbauer die richtige Strategie fährt. Sie sind überzeugt, dass die Kunden, die sich bereits der billigeren Konkurrenz zugewandt haben, keine höheren Preise zahlen werden. Paul Swarovski etwa, Aktionär und ehemaliges Vorstandsmitglied, will Buchbauers Pläne stoppen, "bevor alles den Bach heruntergeht". Ihm haben sich Nadja Swarovski, eines von drei Vorstandsmitgliedern, sowie ihr Vater Helmut und ihr Onkel Gerhard angeschlossen.

In der hart umkämpften Luxusgüterbranche ist Swarovski eines der wenigen Unternehmen, das sich noch vollständig in Familienbesitz befindet. Es besteht aus mehreren Kommanditgesellschaften - nach einhelliger Meinung eine hinderliche Struktur für das heute internationale Milliardengeschäft.

Umzug in die Schweiz?

Buchbauer, der im April zum ersten Geschäftsführer von Swarovski überhaupt ernannt wurde, gewann die breite Zustimmung der Familie für seinen Vorschlag, das Schmuckimperium in Wattens unter das Dach einer Holdinggesellschaft zu bringen. 80 Prozent der Anteilseigner votierten dafür. Doch Nadja, Helmut, Gerhard und Paul Swarovski legten Einspruch gegen den Plan ein. Sie wollen Buchbauers Schritt annullieren lassen - und ihn loswerden.

Die Frustration unter den Mitarbeitern ist groß, wie Gewerkschaftsvertreterin Selina Stärz sagt. In einer ansonsten vom Tourismus abhängigen Region, in der Swarovski der größte Einzelarbeitgeber ist, fürchten viele um ihre berufliche Zukunft. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass der gesamte Betrieb in die benachbarte Schweiz verlagert werden soll. An die Strategie von Buchbauer mag Gewerkschafterin Stärz nicht glauben: "Die Superreichen brauchen unsere Swarovski-Kristalle nicht. Die können Diamanten kaufen", sagt sie.

Quelle: ntv.de, Denise Hruby, AFP


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