Pflegerat: „Mit Zwang erreicht man das Gegenteil“

  12 Januar 2021    Gelesen: 508
Pflegerat: „Mit Zwang erreicht man das Gegenteil“

Bayerns Ministerpräsident Söder stößt mit seiner Anregung, eine Impfpflicht für Pflegekräfte zu prüfen, auf breiten Widerstand – in der Bundesregierung, in der Opposition, in den Ländern und beim Deutschen Pflegerat. Dessen Präsident nannte Söders Vorstoß ein „völlig falsches Signal“.

Der Präsident des Pflegerats, Wagner, sagte, wenn jemand tatsächlich Bedenken wegen der Impfung habe, brauche es gute, auf die Zielgruppe zugeschnittene Informationen, um die Bedenken aufzufangen. Mit Zwang erreiche man eher das Gegenteil, warnte er in der „Rheinischen Post“.

Auch die Gewerkschaft Verdi wandte sich gegen eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Der Vorsitzende Verdi betonte, die Debatte darüber sei kontraproduktiv für die gesellschaftliche Akzeptanz der Impfmaßnahmen. Gleichzeitig appellierte er an alle Beschäftigten im Gesundheitswesen, sich so schnell wie möglich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Schon aus Gründen des Selbstschutzes und des Schutzes der Angehörigen sei dies angeraten, sofern nicht ernste gesundheitliche Gründe dagegen sprächen.

Debatte ohne ausreichende Datengrundlage
Ministerpräsident Söder hatte seinen Vorstoß damit begründet, dass es unter Pflegekräften in Alten- und Pflegeheimen eine „zu hohe Impfverweigerung“ gebe. Deshalb solle der Deutsche Ehikrat prüfen, „ob und für welche Gruppen eine Impfpflicht denkbar wäre“, sagte der CSU-Politiker der „Süddeutschen Zeitung“.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe betonte, dass es zur Impfbereitschaft der Fachkräfte überhaupt keine repräsentativen Zahlen gebe. Dennoch werde eine Debatte darüber geführt, kritisierte die Vorsitzende Bienstein. Sie verlangte eine bessere Datengrundlage und eine Informationskampagne.

Kritik auch aus der Politik

Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann (Grüne) sagte, es sei bislang vereinbart gewesen, von einer Impfpflicht abzusehen, und daran werde man mittendrin jetzt auch nichts ändern. Gleichwohl sei er dafür, dass sich der Ethikrat mit dieser Frage befasse. Der niedersächsische Ministerpräsident Weil (SPD) betonte, die Debatte um einen Impfzwang für bestimmte Berufsgruppen sei schädlich und kontraproduktiv. Dadurch werde mehr Misstrauen als Impfbereitschaft ausgelöst.

Auch die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bas, lehnte eine Impfpflicht für Pflegekräfte ab. Die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Söder komme viel zu früh, sagte Bas im Deutschlandfunk. Der CSU-Politiker verschrecke die Menschen und erzeuge Angst. Impf-Skeptiker müssten mit Aufklärungskampagnen überzeugt werden. Bas betonte, auch die Arbeitgeber seien in der Pflicht, Beschäftigten in der Pflege mögliche Ängste zu nehmen.

„Wasser auf die Mühlen von Impfgegnern“

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Theurer, erklärte, Söders Vorschlag sei Wasser auf die Mühlen von Impfgegnern und Corona-Leugnern.

Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann sagte, es sei bislang vereinbart gewesen, von einer Impfpflicht abzusehen, und daran werde man mittendrin jetzt auch nichts ändern. Gleichwohl sei er dafür, dass sich der Ethikrat mit dieser Frage befasse. Der niedersächsische Ministerpräsident Weil betonte, die Debatte um einen Impfzwang für bestimmte Berufsgruppen sei schädlich und kontraproduktiv. Dadurch werde mehr Misstrauen als Impfbereitschaft ausgelöst.

Weltärztepräsident Montgomery erklärte, wer Umgang mit vulnerablen Gruppen habe, müsse immunisiert sein. Dies könne durch eine überstandene Covid-19-Erkrankung geschehen oder durch eine Schutzimpfung. Für Pflegekräfte und medizinisches Personal sei eine berufsspezifische Impfpflicht gegen Corona sinnvoll.


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