Den Angeklagten werden unter anderem Mafia-Zugehörigkeit, Mord, illegaler Waffenbesitz, Drogenhandel, Erpressung und Wucher vorgeworfen. Vielen von ihnen drohen bei einer Verurteilung hohe Haftstrafen. Erwartet werden etwa 900 Zeugen, darunter ehemalige Mafia-Mitglieder, die bereit sind, das sogenannte Gesetz des Schweigens, die Omertà, zu brechen. Der Prozess ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit der Justiz. Der leitende Staatsanwalt Gratteri wurde wiederholt bedroht und steht unter Polizeischutz.
Experte: Ndrangheta ist in 32 Ländern aktiv
Die italienischen Behörden schätzen, dass die Ndrangheta weltweit rund 20.000 Mitglieder hat. Das Journalist und Mafia-Experte Sandro Mattioli betonte im Deutschlandfunk, die Ndrangheta sei auf fünf Kontinenten aktiv, in mindestens 32 Ländern. Aber ein Schwerpunkt sei in Europa. Es handele sich um eine kriminelle Organisation mit 150 Clans und mehreren Dutzend Milliarden Umsatz pro Jahr.
Von dem Prozess gehe eine erhebliche Signalwirkung aus, erklärte Mattioli. Das italienische Rechtssystem habe nicht zu Unrecht den Ruf, sehr langsam und kompliziert zu sein. Daher sei es vermutlich besser, die Sache in einem großen Prozess zu verhandeln statt in verschiedenen Prozessen und Instanzen. Verhandelt wird in einem ehemaligen Callcenter-Gebäude, das der Staat für zwei Millionen Euro zum Hochsicherheitsgerichtssaal umbauen ließ. Es wird eine Verfahrensdauer von mindestens zwei Jahren angenommen.
In Deutschland machte die Ndrangheta vor allem durch Morde in Duisburg Schlagzeilen: Im August 2007 wurden dort vor einem italienischen Restaurant sechs Männer erschossen, die Täter richteten ihre Opfer mit 54 Schüssen hin. Nach Erkenntnissen der Ermittler war der Hintergrund dieser Tat eine jahrelange Fehde zwischen verfeindeten Clans der Ndrangheta aus dem kalabrischen Ort San Luca.
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