Selbst der "Express" war gnädig. Ein paar Zeilen voller Mitleid streichelte das Boulevard-Medium dem 1. FC Köln am späten Mittwochabend entgegen, nachdem der im Achtelfinale des DFB-Pokals bei Zweitligist Jahn Regensburg gescheitert war. Auf eine Art und Weise, wie es vermutlich nur dieser "Effzeh" kann. Mit Pech und Drama. Im Elfmeterschießen. Gut, das passiert freilich auch den Besten (Anmerk. d. Red.: dem FC Bayern), auch wenn die Kölner in dieser Saison nicht unbedingt in diese Kategorie gehören.
"Ein Elfmeterschießen ist immer Glückssache", bekannte Trainer Markus Gisdol später. Ein Satz aus der Vorhölle des Pokal-hat-seine-eigenen-Gesetze-Blablabla. Aber natürlich auch unstrittig richtig. Im Duell Spieler gegen Torwart entscheidet nicht mehr zwingend die Qualität, sondern der mentale Zustand des Schützen. Und auch da ist völlig klar: Der Schütze des Außenseiters hat viel weniger Druck. Ein Coup, der verpasst wird, ist leichter zu ertragen als eine herbeigeführte Blamage.
Nun wollte sich Gisdol aber nicht einfach hinter der eigenen Kannste-halt-nix-machen-Phrase wegducken. Er wusste natürlich auch, dass es sein Team "gar nicht so weit hätte kommen lassen dürfen". Denn bereits nach 22 Minuten führten die Kölner mit 2:0. Das sollte normalerweise für einen Tabellen-14. der Bundesliga gegen den Tabellen-11. der 2. Bundesliga reichen. Tat es aber nicht. Und daran hatte der in der laufenden Pokal-Runde heftig beschimpfte Videobeweis auch einen großen Anteil. Denn nur vier Minuten nach dem Anschlusstreffer der Regensburger hatte der Effzeh erhöht.
Eine völlig überraschende Regel
Nach einer prima Hereingabe von Ondrej Duda hatte der gerade erst eingewechselte Benno Schmitz per Kopfball sehenswert auf 3:1 gestellt (39.). Doch dem Tor wurde die Anerkennung verweigert. Und jetzt, Obacht, aus diesem Grund: Duda stand zuvor im Abseits, was zunächst nicht klar ersichtlich war. "In der Entstehung des Tores kommt es zu einem Schuss auf das Tor, den ein Regensburger ablenkt", erklärte Schiedsrichter Robert Hartmann. Durch diesen Kontakt entstehe jedoch keine neue Spielsituation, "die vorherige Abseitsposition bleibt bestehen. Deswegen mussten wir das Tor annullieren." Klar soweit?
Nicht bei Markus Gisdol. Der bekannte später: "Die Entscheidung nach unserem vermeintlichen dritten Tor haben wir alle nicht verstanden. Niemand auf der Ersatzbank. Ich kannte die Regel bislang nicht so, wie sie jetzt nach Abpfiff erklärt wurde. Ich glaube, die meisten Zuschauer kannten die Regel auch nicht." Da hat er recht. Und selbst unser Schiedsrichterexperte Alex Feuerherdt (Collinas Erben) war doch eher ratlos. Bei Twitter schrieb er noch am Abend : "Warum das Tor annulliert wurde, noch dazu ohne Review ("deliberate play"/"deliberate save" sind subjektive Entscheidungen), ist mir deshalb unverständlich. Aus meiner Sicht hätte es zählen müssen."
Womöglich wäre das Spiel tatsächlich ganz anders gelaufen, wenn die Regensburger Hoffnung durch den dritten Kölner Treffer rasch ernüchtert worden wäre. Aber hätte, wenn und aber, der Konjunktiv ist halt bloß Gelaber. Und so produzierte dieser Pokalfight aufseiten des Erstligisten gleich mehrere Verlierer. Da ist natürlich wieder mal Gisdol, der erstaunliche Trainer-Houdini. Seit Monaten changiert er im gefühlten Wochenrhythmus zwischen Zittern und Aufatmen. Wann immer man denkt, noch eine Pleite (es waren zwischendurch mal 18 Liga-Spiele ohne Sieg), dann war's das endgültig, dann wird er dem Geißbock vor die Hörner geworfen, befreit er sich auf magische Weise. Mal überraschend stark, wie gegen den BVB, mal überraschend schwach, wie zuletzt gegen Schalke 04.
Wo war Max Meyer im Elfmeterschießen?
Zu den Verlierern des Abends gehört aber auch Emmanuel Dennis. Der erzielte zwar das 2:0, ließ aber in der 78. Minute die Chance zum Sieg aus elf Metern liegen. Sein Schuss ist zwar platziert, aber nicht hart, für Torwart Alexander Meyer also eine machbare Aufgabe, die er dann auch souverän erledigt. Nun, auch so etwas passiert den Besten. Dass sich Stürmer Dennis im Krimi vom Punkt später aber nicht mehr traute, irgendwie bitter. Als Mann, der vorangeht, taugt der Hoffnungsträger im Abstiegskampf damit wohl nur bedingt. Nicht zum Schuss angetreten war indes auch Neuzugang Max Meyer. Für einen Mann mit seiner Erfahrung, mit seiner technischen Klasse auch kein Ruhmesblatt, das er sich anheften kann.
Aber gut, es wäre auch nicht der 1. FC Köln, wenn es einfach mal ruhig wäre. Neben dem sportlichen Auf (eher selten) und Ab (ganz schön häufig) sorgte diese Woche auch eine skurrile Posse um den neuen oder eben nicht neuen Mediendirektor für Aufsehen. Und am Wochenende, da steht das stets brisante Derby gegen Borussia Mönchengladbach an. Die Mannschaft vom Niederrhein hat derweil nicht nur ihre Pokal-Aufgabe beim VfB Stuttgart überzeugend gelöst, sondern ist auch in der Liga gut drauf. Womöglich könnte es das letzte Spiel für Markus Gisdol sein. Aber wahrscheinlich kommt alles ganz anders. Sonst wäre es ja nicht der Effzeh.
Quelle: ntv.de
Tags: