Der FC Bayern hat es aber auch nicht leicht
Sechs Titel in 15 Monaten, die Bilanz von Hansi Flick als Trainer des FC Bayern ist einzigartig. Eigentlich müsste der Fußballlehrer jetzt aufhören, mehr geht nicht, denn unter seiner Führung haben die Münchner alle Wettbewerbe gewonnen, in denen sie angetreten sind. Vielleicht war das Pokalaus bei Holstein Kiel ja schon der Anfang vom Ende. Nein, war es natürlich nicht, bevor jetzt besorgte Fans an dieser Stelle Bayern-Bashing vermuten. Berechtigte Kritik ist allerdings kein Bashing, und für diese berechtigte Kritik gibt der Klub zurzeit reichlich Anlass.
Erst die angebliche Verschwörung beim verspäteten Abflug vom Berliner Flughafen. Dann die Anregung, Fußballer bevorzugt zu impfen mit Hinweis auf die angebliche Vorbildfunktion seiner Sportler von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der es allerdings seit Monaten nicht schafft, mit einer Mund-Nasen-Bedeckung auch dauerhaft Mund UND Nase zu bedecken. Dann der Rückflug von Thomas Müller aus Katar nach München, trotz positivem Corona-Test und Quarantäne-Anordnung. Wobei natürlich grundsätzlich zu begrüßen ist, wenn sich jemand zu Hause von einer Infektion erholen kann.
Nun also Flick, der sich - zumindest verbal - Karl Lauterbach vorknöpfte, nachdem dieser die Reise des FC Bayern nach Katar ("nicht verantwortungsvoll") und Müllers Rückflug ("Normalerweise wäre eine Reise mit bekannter Infektion natürlich undenkbar") kritisiert hatte. "Der Herr Lauterbach hat immer zu allem einen Kommentar abzugeben. Wenn ich nicht in der Verantwortung stehe und mir nur das Ergebnis anschaue, kann ich das immer leicht bewerten", polterte Flick und vergaß dabei, dass der SPD-Politiker als Bundestagsabgeordneter ja durchaus in der Verantwortung steht. Dem FC Bayern stünde es gut zu Gesicht, ein Rummenigge-Zitat aus dem Mai 2020 zu beherzigen: "Wir sind stolz, dass wir wieder spielen können, aber es ist auch wichtig, die allgemeine Situation mit Demut anzunehmen."
Dortmund macht sich selbst das Leben schwer
Borussia Dortmund kämpft, aber nicht um die Meisterschaft, sondern vor allem mit sich selbst. Die Leistungen sind zwar konstant, allerdings dahingehend, dass der erste Bayern-Verfolger der jüngeren Vergangenheit defensiv mitunter vogelwild auftritt und offensiv die Leichtigkeit verloren hat, die der Revierklub sonst immer wieder aufblitzen ließ. Beim 2:2 gegen die TSG Hoffenheim aber blieb der BVB nicht nur am 21. Spieltag schon zum elften Mal sieglos, sondern war auch der Niederlage näher als dem Sieg. Erling Haaland hofft deshalb, dass seine Mitspieler Ähnliches empfinden wie er selbst.
17 Jahre, acht Monate und 29 Tage
"Er ist ein Rohdiamant", urteilt Hertha-Trainer Pal Dardai. Luca Netz, am Samstag gerade einmal 17 Jahre, acht Monate und 29 Tage alt und damit der jüngste Bundesliga-Torschütze der Berliner und der viertjüngste der Liga-Historie, sicherte Hertha BSC mit seinem späten Treffer einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf - und besonders für die Moral. Viermal in Folge hatten die Berliner zuletzt verloren und waren dadurch immer weiter in den Tabellenkeller gefallen.
Ausgerechnet Teenager Netz sicherte nun in Ko-Produktion mit Vorlagengeber Sami Khedira den ersten Punkt seit Dardais Amtsübernahme und bedankte sich für seine Einwechslung kurz zuvor. Der Youngster schoss sich den Ball zwar an den eigenen Fuß, doch das war ihm - und wohl allen Herthanern - egal. "Tor ist Tor", sagte Netz bei Sky schmunzelnd und fügte an, dass er "möglichst schnell Stammspieler werden" will. Sportdirektor Arne Friedrich sagte am Sonntag im Sport1-Doppelpass: "Wir müssen die Hertha auf lange Sicht umstrukturieren: Wofür stehen wir, was ist unsere DNA?" Dem Projekt "Big City Club" täte der bodenständige Netz gut. Blöd nur, dass wohl auch der FC Bayern ein Auge auf den Rohdiamanten geworfen hat.
Huch, Werder ist plötzlich stabil?
Huch, welche Grün-Weißen stehen denn da auf dem Platz? Die sind ja defensiv so stabil. Tatsächlich waren das am Samstagnachmittag gegen den SC Freiburg Werder Bremens Fußballspieler, die hinten gekonnt alles wegverteidigten und die Null hielten. Werder ist historisch bekannt für feine Offensivkünstler, Micoud und Diego fallen da aus der jüngeren Vergangenheit ein, aber das neue Motto lautet: "Männer, stabil bleiben!" Diese Ansage rief Coach Florian Kohfeldt schon nach einer halben Stunde seinen Kickern zu - und es wirkte. Bis auf kleine Halbchancen in der Schlussphase fiel den Freiburgern nicht viel ein gegen die Werder-Kompaktheit.
Bremen hat in dieser Saison erst 27 Gegentreffer kassiert. Das sind die sechstwenigsten der Liga. Sogar die Bayern haben sich nur ein Tor weniger gefangen. Am 21. Spieltag der vergangenen Spielzeit standen bei Werder unglaubliche 19 (!) Gegentreffer mehr auf dem Konto. Dieses Jahr hat Kohfeldts Mannschaft gar erst zweimal mehr als zwei Tore kassiert. Das Problem: Sie hat auch erst dreimal mehr als zwei geschossen und stellt neben der sechstbesten Abwehr auf den sechstschlechtesten Angriff. Würde auch die Offensive funktionieren, könnten die Hanseaten durchaus in der oberen Tabellenhälfte stehen. Aber davon sind die "stabilen Männer" doch noch ein gutes Stück entfernt.
Eintracht krönt sich zum Gewinner des Spieltags
Eintracht Frankfurt schaute sich am Samstag genüsslich an, wie die Konkurrenz eine Unentschieden-Flutwelle surfte. Der BVB entkam gerade noch einer Niederlage gegen Hoffenheim, Bayer Leverkusen fing sich zwei späte Tore gegen Mainz. Gladbach und Wolfsburg, das war schon vor dem Spieltag klar, würden sich die Punkte gegenseitig klauen. Also ging es die Eintracht gegen den FC Köln engagiert an und fuhr den vierten Sieg im vierten Rückrundenspiel ein - eine Premiere. Ein Champions-League-Platz, inzwischen sogar mit dezent komfortablem Vorsprung auf Europa-League-Platz 5, ist das Ergebnis für die Mühen.
Gar acht der letzten neun Spiele konnten die Frankfurter für sich entscheiden, die damit die beste Mannschaft im Jahr 2021 sind. Genau zum richtigen Zeitpunkt kommt es am nächsten Wochenende zum Spitzenspiel gegen Bayern München. Vielleicht macht Eintracht dann ganz genüsslich den Meisterschaftskampf noch einmal spannend, Kapitän Makoto Hasebe schickte schon mal eine Kampfansage raus: "Wir sind momentan sehr gut drauf und können die Bayern auch schlagen."
Der 1. FSV Mainz 05 spielt (ein bisschen) auf Champions-League-Niveau
14 Punkte hat der 1. FSV Mainz 05 in den bisherigen 21 Partien gesammelt, nur der abgeschlagene Letzte aus Gelsenkirchen (9) war noch weniger erfolgreich. Was die Rheinhessen aktuell aber ganz offensichtlich können, sind Spiele gegen die Champions-League-Teilnehmer der Bundesliga. Denn mit dem 2:2 bei Bayer Leverkusen ist es dem weiterhin stark abstiegsbedrohten FSV in den vergangenen vier Wochen gelungen, bei Borussia Dortmund (1:1), gegen RB Leipzig und nun eben bei der Werkself ungeschlagen zu bleiben.
Fünf der 14 Zähler entstammen diesen drei Partien, mit dem 1:0-Erfolg über den 1. FC Union Berlin sammelte Mainz 57 Prozent seiner Punkte seit dem 16. Januar. Fast wäre diese Serie übrigens noch eindrucksvoller, denn: Zum Auftakt ins Jahr 2021 führte Mainz in der Partie beim FC Bayern nach 45 Minuten so überraschend wie sensationell mit 2:0, das Endergebnis lautete dann jedoch 2:5. In der kommenden Woche geht's übrigens zu Borussia Mönchengladbach.
Quelle: ntv.de
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