Im Kampf gegen das Coronavirus sind die meisten Schulen in Deutschland - abgesehen von einer Notbetreuung - seit Mitte Dezember geschlossen. Noch im Februar sollen sie nach dem Wunsch vieler Bundesländer nun schrittweise wieder öffnen. Doch wie steht es mit der Infektionsgefahr? Sind mobile Luftreiniger eine Lösung oder reicht der altmodische Griff zum Fenster? Ein Faktencheck.
Angesichts der Corona-Pandemie preisen viele Hersteller mobile Luftreiniger als ideale Lösung für öffentliche Räume an. Luftreiniger mit sogenannten Hepa-Filtern ("High Efficient Particulate Air") sammeln Viruspartikel aus der hindurchströmenden Luft. In einigen Klassenzimmern sind die Geräte schon im Einsatz.
Wissenschaftler aber zeigen sich skeptisch. "Der Einsatz von mobilen Luftreinigern allein ist kein Ersatz für ausreichendes Lüften an Schulen", stellt die Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) beim Umweltbundesamt (UBA) fest. "Mobile Luftreiniger wälzen die Raumluft lediglich um und ersetzen nicht die notwendige Zufuhr von Außenluft." Der Kommission gehören mehr als 20 Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an.
Stoßlüften ist Maß aller Dinge
Um die Infektionsgefahr über Aerosole in der Luft zu verringern, ist regelmäßiges Stoßlüften über weit geöffnete Fenster das Maß aller Dinge, wie die Kommission erläutert. Denn erstens sei die Wirksamkeit mobiler Luftreinigungsgeräte bislang nicht eindeutig nachgewiesen. Zweitens beseitige die Technik nicht die in Klassenzimmern übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), das für Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sorgt.
"Lüften funktioniert nun mal am besten", sagte UBA-Präsident Dirk Messner. Viele Menschen hofften in der Corona-Pandemie zwar auf technische Lösungen, Luftreiniger könnten aber dazu verführen, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. "Lüften ist die einfachste und wirksamste Maßnahme, um Viren aus der Luft in Klassenzimmern zu entfernen."
Eine Untersuchung aus Hessen bestätigt diese These: In einem nicht genutzten Klassenzimmer einer Wiesbadener Schule verglichen Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) die Wirkung von Luftfiltergeräten mit der von Lüften. Dafür wurden freigesetzte Aerosole per Ventilator im Raum verteilt. Ein grundlegendes Ergebnis: Die Öffnung aller Fenster für drei Minuten bei Außentemperaturen von 7 bis 11 Grad senkte die Konzentration an Aerosolen bis zu 99,8 Prozent.
Mit vier mobilen Luftfiltergeräten sei hingegen erst nach etwa 30 Minuten eine um nur 90 Prozent verringerte Konzentration gemessen worden. Die Wissenschaftler verweisen zudem auf den störenden Lärm der Geräte sowie die hohen Anschaffungskosten. Sollten sich Fenster allerdings nicht ausreichend weit öffnen lassen und auch keine Zu- und Abluftanlagen eingebaut werden können, kämen Luftreiniger "als flankierende Maßnahme zur Minderung eines Infektionsrisikos" infrage, erklären die Experten des Umweltbundesamtes.
Fest installierte Lüftungsanlagen
Dabei setzen sie jedoch weniger auf mobile als auf zentral oder in einzelnen Räumen fest installierte Geräte. "Fest installierte Lüftungsanlagen sind auch nach der Corona-Pandemie noch von großem Nutzen", meint UBA-Präsident Messner. Anders als viele mobile Luftreiniger verursachten sie nur geringe Geräusche und ließen sowohl die Menge an Krankheitserregern als auch an Kohlendioxid und ausgedünsteten Schadstoffen sinken. Außerdem seien fest installierte Anlagen aus Gründen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes empfehlenswert.
Klar ist laut Umweltbundesamt aber, dass weder Stoßlüften noch Lüftungsgeräte eine Infektion komplett verhindern können - und die üblichen Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus auch im Klassenzimmer erforderlich bleiben: Abstand halten, Hände waschen, Maske tragen.
Quelle: ntv.de, Michael Kirner, dpa
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