Die New York Times sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel nach den Wahlen vor der "härtesten Herausforderung ihrer politischen Karriere". Die Ergebnisse machten deutlich, wie stark der Einfluss der Flüchtlingskrise auf die Politik und das tägliche Leben im Land seien. Es habe sich gezeigt, dass es eine "erhebliche Opposition" gegen die Position von Angela Merkel gebe. Die Weigerung der anderen Parteien, mit der AfD Koalitionsgespräche einzuführen, sieht die Zeitung kritisch. "Das ist riskant, weil die Wähler, die für die Antimigrantenpartei gestimmt haben, so weiter entfremdet werden."
Der britische Guardian wertet die Ergebnisse als Zeichen für die zunehmende Polarisierung der politischen Debatte in Deutschland. Auf der einen Seite habe die AfD die politische Landschaft "mit dramatischen Zuwächsen durchgeschüttelt". Die Partei werde, anders als von Merkel behauptet, nicht bloß ein kurzzeitiges Phänomen bleiben. Andererseits seien auch Kandidaten bestätigt worden, die in der Flüchtlingskrise den Kurs der Kanzlerin vertreten hätten. Dadurch sei die Position der Kanzlerin nicht gefährdet. Die CDU habe zwar "schmerzhafte Niederlagen" einstecken müssen, doch hätten sich die Spitzenkandidaten der Partei im Wahlkampf deutlich von der Kanzlerin distanziert.
"Noch ist die AfD nicht im Bundestag vertreten, aber sie hat am Sonntag drei große Schritte in diese Richtung gemacht", schreibt der Wiener Standard. Inhaltlich sei sie nach wie vor eine Protestpartei, "sie hat ja noch nicht einmal ein eigenes Parteiprogramm". Trotzdem solle nach diesem Sonntag niemand mehr die AfD als Bewegung unterschätzen, die bald wieder verschwinden könnte. "Der Erfolg von rechten Parteien ist der Misserfolg der regierenden großen Koalitionen."
"Auf den Triumph der AfD gibt es zwei mögliche politische Antworten", meint die Neue Zürcher Zeitung. Die erste: Die etablierten Parteien ziehen Konsequenzen und erkennen an, "dass der Großteil der Wähler des Aufsteigers nicht einfach ein Haufen trüber Rassisten, Extremisten und Dummköpfe ist, die man am besten ignoriert". Oder zweitens: Es folgt "ein empörter Aufschrei in Medien und Politik über die Bedrohung durch die AfD", der in der weiteren Ausgrenzung der Partei und ihrer Wähler endet. In diesem Fall werde die Legitimationsbasis der Bundesregierung weiter schrumpfen, während die Spannungen und die Unzufriedenheit in der Bevölkerung zunehmen würden. "Das zweite Szenario ist aller Erfahrung nach das wahrscheinlichere. Doch für ein Umdenken wäre es nicht zu spät."
Der belgische De Standaard sieht die AfD durch die Flüchtlingskrise vom Sterbebett auferstanden. "Auch das starke, stabile, wohlhabende und durch die eigene Geschichte geimpfte Deutschland ist nicht mehr immun gegen den Lockruf des Rechtspopulismus", schreibt die Zeitung. Zum ersten Mal seit 1945 müssten sich die Christdemokraten nun rechts von sich einen "lebensfähigen Herausforderer" tolerieren.
"Eins steht fest: Mit dem Aufmarsch der AfD ist jene politische Ordnung an ein Ende gekommen, wie Deutschland sie seit 1949 kannte", schreibt der niederländische de Volkskrant. Plötzlich reiche es im Zweifel nicht mehr für die Volksparteien CDU und SPD aus, sich zu einer Koalition zusammenzuschließen. Stattdessen komme es jetzt auf Dreier-Konstellationen an. "Das ist etwas, was in Deutschland bislang eher als Notlösung betrachtet wurde."
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