Warum viele Dänen keine deutschen Ortsnamen wollen

  14 März 2016    Gelesen: 1074
Warum viele Dänen keine deutschen Ortsnamen wollen
Deutsche Ortsschilder unterm Dannebrog? Für viele Dänen undenkbar. Doch die deutsche Minderheit in Nordschleswig kämpft weiter. Ein Minister lässt sie hoffen, doch die Vergangenheit wiegt schwer.
Tondern oder Tønder, Schleswig oder Slesvig: Es sind nur wenige Buchstaben, die die deutschen von den dänischen Namen unterscheiden. Doch auch knapp ein Jahr nach dem bislang letzten Schilder-Streit im Grenzgebiet, schwelt der Konflikt über die politisch korrekte Beschriftung der Ortsschilder weiter.

"Es ist reine Symbolpolitik und ich kann keinen Sinn darin erkennen", sagte etwa Apenrades (Aabenraas) rechtsliberaler Bürgermeister Thomas Andresen nun auf Anfrage. Symbolpolitik im besten Sinne, findet dagegen Hinrich Jürgensen, Sprachrohr der deutschen Minderheit in Dänemark. "Einsprachige Ortsschilder sind auch Symbole", sagte der Hauptvorsitzende des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN). "Ein zweisprachiges Schild ist ein Symbol für Toleranz und Offenheit und dass man die jeweils andere Seite der Grenze willkommen heißt." Es gehe darum, auf die jeweils andere Kultur aufmerksam zu machen.

Während Flensburg Ankommende bereits am Ortseingang stolz auch in der Sprache der dänischen Minderheit (Flensborg) begrüßt, stand das erste zweisprachige Ortsschild auf dänischer Seite nur wenige Tage. Haderslebens (Haderslevs) Bürgermeister Hans Peter Geil hatte es im Frühjahr 2015 aufstellen lassen, heimlich und als Experiment, wie er später sagte. Unbekannte rissen es nach knapp zwei Wochen aus dem Boden und warfen es über einen Zaun. Heute gibt es in dem Ort laut einem Stadtsprecher keine Pläne, die Sache wieder aufzunehmen. "Der Bürgermeister hat keinen weiteren Kommentar dazu", teilte er mit.

Die Vorbehalte der Dänen

Noch immer sind die Vorbehalte in Dänemark groß, insbesondere bei Anhängern der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, aber auch wegen des langen Schattens der Geschichte. Mit der Niederlage im deutsch-dänischen Krieg 1864 schrumpfte die einst bedeutende Mittelmacht im Ostseeraum erheblich. Im Bewusstsein der Dänen unvergessen ist die Besetzung des Landes durch die Nazis 1940.

Aktuell hätten die vier südjütländischen Kommunen mehr denn je die Chance, zweisprachige Schilder aufzustellen. Der dänische Verkehrsminister Hans Christian Schmidt hatte Anfang März angekündigt, die Kommunen sollten selbst bestimmen, ob sie auch deutsche Schilder aufstellen wollten. "Falls sie diese Wahl gerne treffen wollen, dann finde ich, sollte man das respektieren", sagte er Danmarks Radio. Eine Ministeriumssprecherin bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, Schmidt halte weiter daran fest.

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Eine Wendung, die Hinrich Jürgensen freut. "Es zeigt, dass die Politiker im Folketing nichts dagegen haben. Wenn die Entscheidung auf Christiansborg in Kopenhagen fallen würde, wären wir uns längst einig", ist er überzeugt. Nun könne Kopenhagen nicht mehr als Ausrede dienen und Süddänemark müsse sich öffnen – auch als Zeichen für die zahlreichen deutschen Touristen. Doch keine der vier südjütländischen Kommunen hat das Thema bislang wieder aufgegriffen.

Einfluss der Dänischen Volkspartei

"Nördlich der Grenze reagieren die zuständigen Bürgermeister leider noch sehr zurückhaltend", teilte ein Sprecher der Landesregierung in Schleswig-Holstein dazu mit. Die regierungstragenden Fraktionen in Schleswig-Holstein haben zudem einen Gesetzentwurf eingebracht, um alle Minderheitensprachen im Land zu schützen. Außer Dänisch betrifft dies Friesisch im Kreis Nordfriesland sowie auf der Insel Helgoland und Niederdeutsch, etwa im Herzogtum Lauenburg. Eine aktuelle Studie des europäischen Zentrums für Minderheiten (ECMI) zeigt außerdem am Beispiel von zehn Regionen, welch verschiedenen Wege Regionen bei der Beschilderung für Minderheiten gehen können.

Apenrades Bürgermeister Andresen dagegen will lieber prüfen, "ob das Geld nicht besser für andere Dinge verwendet werden sollte" als für deutsche Ortsschilder. So sei Deutsch für Schulkinder ab der 3. Klasse in seiner Gemeinde inzwischen ein Pflichtfach, was man für Dänisch auf deutscher Seite nur bedingt beanspruchen könne. "Schmidts Aussage", ergänzte er, "heißt noch längst nicht, dass es dafür zusätzliches Geld gibt". Zudem seien die Schilder bei der Stadt offiziell noch nie beantragt worden.

BDN-Mann Jürgensen sagte, das hätte auch keinen Sinn. Denn in den Stadträten gebe es keine Mehrheiten für den Vorschlag. "Manche Politiker würden ihr Gesicht verlieren", sagte Jürgensen – und die Kommunalwahlperiode in Dänemark laufe noch bis Ende 2017. Doch selbst dann könnte es weiterhin schwierig bleiben: "Durch die Flüchtlingskrise befürchte ich, dass die Dänische Volkspartei noch stärker wird. Und sie mischt alles zusammen. Die sagt dann, wenn es deutsche Schilder gibt, bräuchte es auch arabische. Das ist natürlich Quatsch und geschichtslos, aber was will man machen?", fragte Jürgensen, der seit 2008 für die Schilder wirbt.

Doch es gibt Hoffnung: Anders als 2008, als der BDN die Schilder das erste Mal vorschlug, sei die Diskussion zuletzt sachlicher gewesen. "Damals gab es außer jeder Menge Leserbriefe auch Briefe, bei denen ich froh war, dass ich sie geöffnet habe und nicht meine Kinder", sagte Jürgensen. Und sollten die Schilder je kommen, ist sich der Deutsche mit dem dänischen Pass sicher: "Natürlich werden sie auch beschmiert werden."

Quelle : welt.de

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