Das unsinnigste NBA-Spiel der Geschichte

  07 März 2021    Gelesen: 515
  Das unsinnigste NBA-Spiel der Geschichte

Das All Star Game der NBA sorgt angesichts der Corona-Pandemie für Zoff: Spieler keifen, das Spiel sei ein "Schlag ins Gesicht", der Austragungsort warnt vor Partys. Die Angst vor einem Superspreader-Event geht um, aber Geld wird Gesundheit und Sicherheit vorgezogen.

Dass die ganz Großen unisono in eine Richtung austeilen, gibt es selten. "Das All-Star-Spiel interessiert mich wirklich nicht", sagt der MVP, der wertvollste Spieler der Liga, Giannis Antetokounmpo. Und auch der wichtigste und einflussreichste aller Basketballer hält sich nicht zurück: "Ich habe null Energie und null Begeisterung für ein All-Star-Game in dieser Saison", erklärt LeBron James von den Los Angeles Lakers. "Ich werde physisch anwesend sein, aber nicht mental."

Für James und Antetokounmpo geht es bei der Kritik am All Star Game (0.30 Uhr in der Nacht auf Montag/DAZN) vor allem um die kurze Pause für die Profis zwischen dem Ende der vergangenen NBA-Saison und dem Start in diese Spielzeit. Die Spieler hatten die NBA-Blase in Florida im Spätsommer mit der Erwartung verlassen, dass die Saison 2020/21 ausschließlich im Jahr 2021 ausgetragen werden würde. Sie hatte ursprünglich im Januar beginnen sollen, möglicherweise sogar erst im März. Der Eröffnungsabend wurde dann relativ kurzfristig auf den 22. Dezember verschoben, auf Drängen der beiden nationalen TV-Partner der Liga. Zum Start ins Jahr 2020/21 hieß es dennoch, es würde kein All Star Game geben. Die NBA-Superstars hatten sich auf eine Auszeit zur Regenration gefreut, wollten Zeit mit ihren Familien verbringen.

"Ich finde das dumm"

Aber in ihrer Kritik erkennen James und Co. auch, dass man sich noch immer inmitten der Corona-Pandemie befindet und ein wertloses Showevent, das keine Rolle spielt, ein unsinniges Risiko darstellt. "Um ehrlich zu sein, finde ich das dumm", sagt De'Aaron Fox von den Sacramento Kings. "Wenn wir eine Maske tragen müssen und dies alles für ein reguläres Spiel tun müssen, was bringt es dann, das All Star Game zurückzubringen?" Nets-Guard James Harden erklärt: "Aktuell gibt es so viel zu tun, um das Virus in Schach zu halten - und wir veranstalten solch ein Event? Ich kenne die Gründe, aber in diesem engen Spielplan wird den Spielern so viel aufgezwungen." Der Versuch der Liga, ein "sicheres" Showevent inmitten einer globalen Pandemie zu veranstalten, bei der jeden Tag immer noch Tausende von Menschen ums Leben kommen und die US-Bürger durch Corona-Regeln eingeschränkt sind, sendet nicht nur ein verheerendes Zeichen.

Das All Star Game könnte auch ein perfekter Nährboden für die weitere Ausbreitung des Coronavirus werden, weil - anders als bei herkömmlichen NBA-Spielen, bei denen es auch schon eine Vielzahl von Infektionen gab - diesmal nicht die Spieler zweier Mannschaften aufeinander treffen, sondern Basketballer aus allen Ecken des Landes zusammen gekarrt werden. Anschließend fliegen sie wieder in ihre Städte und könnten auch das Virus dorthin tragen. Dasselbe gilt für die Organisatoren und Helfern, schließlich braucht es große Anzahl von Arena-Arbeitern, Presse-Leuten und so weiter, um solch eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen.

Auch die zwangsläufigen Watch-Partys sorgen für unnötige Gefahren, wie schon das Drumherum des Super Bowls bewies. NBA-Fans wollen auch nach Atlanta reisen, wo das All Star Game stattfindet. Die Millionenstadt und der Bundesstaat Georgia mit derzeit mehr als 100 Corona-Toten pro Tag sind bekannt für vergleichsweise laxe Corona-Regeln. Keisha Lance-Bottoms, die Bürgermeisterin Atlantas, ruft deshalb dazu auf, nicht für das NBA-Spiel in ihre Stadt zu reisen und dort Party zu machen. "Unter normalen Umständen wären wir sehr dankbar für die Gelegenheit, das NBA All-Star-Spiel auszurichten, aber dies ist kein typisches Jahr", sagt Lance-Bottoms. Die Partyplaner der Metropole hält das anscheinend aber nicht davon ab, zu Feiern aufzurufen - was für die Menschen der Stadt in einem Desaster enden könnte.

Es geht um viel Geld

Mit Blick auf die so unnötigen wie realen Risiken stellt sich die Frage, für wen das All Star Game dieses Jahr überhaupt ausgerichtet wird. Normalerweise ist das Spiel ein Event für die Fans. Sie können ihren Lieblingsstars, die sie per Abstimmung ausgewählt haben, zujubeln. Aber in der Pandemie sind keine Zuschauer zugelassen. "Wir alle wissen, warum das Spiel stattfindet", sagt Clippers-Superstar Kawhi Leonard und hat eine klare Meinung: "Es geht ums Geld. Es ist eine Gelegenheit, mehr Geld zu verdienen. Die Liga stellt Geld über die Gesundheit." Spielen wird Leonard dennoch, denn wer nominiert wird und nicht antritt, muss eine heftige Strafe zahlen.

Auch Fox von den Sacramento Kings urteilt: "Geld regiert die Welt." Dass die Liga sich einen weiteren Umsatzschub wünscht, da sie etwa 40 Prozent des normalen Umsatzes ohne Fans in den Hallen verpasst derzeit, scheint offensichtlich. Andererseits hätte die NBA an diesem Wochenende auch einfach mehrere reguläre Spiele stattfinden lassen können, was die Risiken minimiert und trotzdem Umsätze eingebracht hätte.

Es geht aber wohl eher um das Geld, dass die TV-Netzwerke machen wollen, mit denen die Liga Verträge hat - auch über das All Star Game. Das Spiel des vergangenen Jahres allein generierte rund 15 Millionen US-Dollar für den TV-Sender TNT, der mehr als 160 Werbespots in seine Sendung packte. Damals zog die Übertragung mehr als sieben Millionen Zuschauer an, eine höhere Einschaltquote als für eines der beliebten Weihnachtsspiele. Insgesamt bringt ein All-Star-Wochenende zwischen 30 und 60 Millionen US-Dollar ein - Geld, das die NBA TNT ohne das Event geschuldet hätte. Die Liga hat für neun Jahre gültige Verträge mit TNT und Disney über 24 Milliarden US-Dollar abgeschlossen.

Konsole statt Coronarisiko

Immerhin will die NBA auch zweieinhalb Millionen US-Dollar an Hochschulen spenden, die von ihrem Ursprung her Ausbildungsorte für Afroamerikaner sind. Auch Kampagnen im Kampf gegen Covid-19 sollen finanziert werden, was in Hinsicht auf die mit dem All Star Game eingegangenen Risiken paradox wirkt. Die Schlacht gegen das Virus hätte mit einer Absage des Spiels sicherlich eher gewonnen werden können.

Bis zu diesem Zeitpunkt wurden in der NBA 31 Spiele aufgrund von Covid-19 verschoben. Das Virus hat die ganze NBA-Saison durchbohrt und die Liga sollte sich eher darum sorgen, die Saison vernünftig zu Ende zu bringen, als ein unsinniges All Star Game auszutragen, das Menschen in Gefahr bringt. Dass es anders geht, zeigen die Football-Liga NFL und die deutschen Basketball-Klubs der BBL: Ihre All-Star-Spiele fanden statt, digital an der Konsole.

Quelle: ntv.de


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