Was Bayern besser macht als Jürgen Klopp

  09 März 2021    Gelesen: 639
  Was Bayern besser macht als Jürgen Klopp

Morgen kämpft Jürgen Klopp mit seinem Team gegen RB Leipzig nicht nur um den Verbleib in der Champions League. Für den Trainer des FC Liverpool geht es mittlerweile um alles. Hätte er schon früher selbst die Reißleine ziehen müssen? Und was hat der FC Bayern damit zu tun?

Zugegeben: Die Überschrift ist etwas ketzerisch. Denn einen kompletten Verein mit einer einzelnen Person zu vergleichen, scheint auf den ersten Blick wenig Sinn zu ergeben. Doch tatsächlich ist da etwas, das den zweiten Blick lohnt. Denn die momentane, katastrophale Lage des FC Liverpool in der Liga - nach der sechsten Heimpleite in Folge - ist vermutlich so selbstverständlich und natürlich, dass es am Ende wie üblich auch nur eine einzige Lösung aus dem Desaster heraus geben wird. So schade und tragisch das für den Verein und seinen Trainer auch sein mag.

Die letzten Tage und Wochen des Jürgen Klopp in Liverpool wirken wie eine Zeitreise zurück ins Jahr 2013. Damals beendete der BVB unter seinem Coach Jürgen Klopp die Saison zwar auf dem zweiten Tabellenplatz, doch das hatte weniger mit der eigenen Stärke zu tun gehabt, als mit dem Unvermögen der anderen Teams in der Liga. Der Spitzenreiter, der FC Bayern München, stand am Ende dieser Spielzeit jedenfalls unglaubliche 25 Punkte vor den Dortmundern. Doch am 25. Mai 2013 sprach beim BVB niemand mehr über die vergangene Saison - denn am Abend dieses denkwürdigen Tages konnten die Dortmunder damals noch die Champions League gewinnen. Finalgegner im Londoner Wembleystadion war, wie jeder weiß, ausgerechnet der FC Bayern München mit seinem Trainer Jupp Heynckes.

Ist Klopp am Ende des Weges angekommen?

Auch Klopp und seine Liverpooler legen morgen Abend in Budapest ihre ganzen Hoffnungen auf die Champions League. Gegen RB Leipzig wollen und müssen sie eine Runde weiterkommen. Denn anders als im Jahr 2013 mit dem BVB scheint jetzt schon klar zu sein, dass für den aktuellen Klub von Klopp eine erneute Teilnahme an der Champions League in der kommenden Spielzeit eher über den Gewinn des europäischen Wettbewerbs in diesem Jahr möglich ist, als über eine Top4-Platzierung in der Premier League. Allein das zeigt die Tragweite des Absturzes der Liverpooler in der Liga. Ein tiefer Fall innerhalb weniger Tage und Wochen, der natürlich für Kritik sorgt. Und dennoch hält der größte Teil der Fanszene zu ihrem Trainer Jürgen Klopp. Wenn sich das mal nicht rächt?

Denn obwohl alle Sympathien für den Liverpooler Coach nach den Triumphen der letzten Jahre natürlich vollkommen berechtigt sind, stimmt die Entwicklung des Klubs nicht gerade positiv. Vor allem dann nicht, wenn man sich noch einmal die weitere Entwicklung des BVB nach dem Jahr 2013 unter Jürgen Klopp anschaut. Der stete Niedergang des Vereins gipfelte im Winter 2014 mit dem achtzehnten Tabellenplatz am ersten und zweiten Spieltag der Rückrunde. Zwar kriegte der Klub damals gerade noch einmal die Kurve, doch allen Beteiligten - allen voran Jürgen Klopp selbst - war im Frühjahr 2015 klar, dass eine Trennung unter diesen Voraussetzungen im Sommer unvermeidbar war. Und genau so kam es schließlich ja auch. Klopp verließ den BVB und heuerte im Herbst desselben Jahres mit frischen Kräften und viel Engagement beim FC Liverpool an. Der Startschuss zu einer Bilderbuch-Erfolgsserie - die nun am Ende des Weges angekommen zu sein scheint.

Und was hat das alles dem FC Bayern zu tun? Etwas, das zwar offensichtlich erscheint, aber dennoch gerne verleugnet wird, weil es unter menschlich-romantischen Gesichtspunkten besser nicht so sein sollte, wie es aber häufig nun einmal einfach so ist. Als Jürgen Klopp bereits Trainer in Liverpool war, trainierte in München in seinem letzten Jahr ein gewisser Pep Guardiola. Und während Klopp beim Klub von der Merseyside langsam Fahrt aufnahm, musste Guardiolas Nachfolger beim FC Bayern, Carlo Ancelotti, schon wieder gehen. Jupp Heynckes übernahm kurzfristig. Und dann scheiterte mehr oder weniger deutlich Niko Kovač, bevor Hansi Flick kam und das Triple gewann.

Vielleicht überrascht Klopp noch einmal

Vermutlich würden sie auch in München nie in Versuchung geraten, diese häufigen Wechsel auf der Trainerposition als Erfolgsgeschichte zu verkaufen - doch genau das ist sie, wenn man die sportlichen Triumphe der Bayern in den letzten Jahren nüchtern betrachtet. Und wahrscheinlich sind diese im heutigen, äußerst schnelllebigen Fußball auch gar nicht mehr anders zu erreichen, als durch beständige Fluktuation. Entweder wechselt man beim Spielermaterial munter durch - oder eben auf der Trainerposition. Denn der natürliche Verschleiß durch die tägliche Zusammenarbeit macht letztendlich vor keiner Mannschaft halt.

Und nun also zurück zur etwas ketzerischen Überschrift und warum sie nicht besonders fair gegenüber Jürgen Klopp ist. Denn selbstverständlich denkt und handelt ein Coach immer anders als ein Verein. Während ein Klub und seine Offiziellen stets das große Ganze im Blick behalten müssen, hat ein Trainer natürlich nur sich selbst im Fokus der Betrachtung. Und wenn man ehrlich ist: Nach dem Gewinn der Meisterschaft im vergangenen Sommer wäre es wohl auch zu viel des Guten gewesen, von Jürgen Klopp zu erwarten, dass er im Moment des größten Triumphs freiwillig abtritt. Aber es wäre im Nachhinein wohl besser gewesen. Für ihn und den Verein. Nun wird es vermutlich auch bei ihm so laufen wie eigentlich immer im Fußballgeschäft.

Und genau das ist es, was der FC Bayern in den letzten Jahren wirklich gut gemacht hat. Anders als so viele andere Vereine haben die Münchener extrem frühzeitig die Reißleine gezogen, wenn sie erkannten, dass die Zeit reif dafür ist. Und damit konnten sie in jeder Saison wenigstens noch das "Minimalziel" Meisterschaft retten - häufig sogar noch (viel) mehr. Dafür ist es in Liverpool mittlerweile zu spät. Voller Spannung werden die Fußballfans deshalb nun umso neugieriger auf die Insel schauen, um live mitzuerleben, wie die Geschichte ausgeht. Und wer weiß: Vielleicht überrascht uns Jürgen Klopp wieder einmal. Zuzutrauen wäre es ihm. Auch, wenn es im Moment ganz und gar nicht danach ausschaut.

Quelle: ntv.de


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