Die Pleite bringt Barça neue Hoffnung

  11 März 2021    Gelesen: 982
  Die Pleite bringt Barça neue Hoffnung

Der FC Barcelona verabschiedet sich zum ersten Mal seit 2007 wieder im Achtelfinale der Champions League, es ist die nächste Enttäuschung für den großen Verein. Doch in Paris bietet das Team im Umbruch eine so starke Leistung, dass in der Pleite viel Hoffnung steckt.

Nein, zum Wunder hat es für den FC Barcelona nach der 1:4-Vorgabe aus dem Hinspiel nicht gereicht, rechnerisch waren die Spanier mit dem 1:1 im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals nicht mal nah dran, Paris Saint-Germain doch noch aus dem Wettbewerb zu werfen. Beim spanischen Großklub aber, der sich derzeit durch die dunkelsten Tage seiner jüngeren Geschichte kämpft, deuten sie das Spiel schon zum glänzenden Morgen nach der quälend langen Götterdämmerung um. Natürlich geht es auch um Superstar Lionel Messi.

"Leo sieht seit einiger Zeit, dass sich das Team dank der ganzen Veränderungen verbessert", sagte Barças Trainer Ronald Koeman nach dem Ausscheiden, dem frühesten Champions-League-Aus seit 2007. "Insbesondere haben wir junge Spieler mit großartiger Qualität. Vor uns liegt eine großartige Zukunft. Leo kann keine Zweifel daran haben, was die Zukunft für dieses Team bereithält", sagte Koeman am Mittwochabend in Paris. Rund ums Camp Nou hofft man wieder auf den Verbleib Messis, des ewigen Schutzheiligen des FC Barcelona und hängt das auch an der Vorstellung in Paris auf.

"Er kann es nicht akzeptieren"

Das Hinspiel war noch ein Albtraum in 90 Minuten. Da habe der ehrgeizige Messi gespielt, "um zu wissen, ob er im Camp Nou noch sein Glück finden kann oder ob er nach Paris fliehen muss, um seine verlorene Hoffnung zu finden", wie es die spanische Sportzeitung "Sport" pathetisch schrieb. Die Demontage im eigenen Wohnzimmer lieferte seinerzeit klare Antworten. Am Ende eines schlimmen Abends schlich Messi, der sich schnell nach dem Abpfiff voller Frust seines Trikots entledigt hatte, mit hängendem Kopf vom Platz. In seinem Rücken feierte die Zukunft, der FC Barcelona der Gegenwart, das war klar, ist europäische Vergangenheit.

"Er kann nicht akzeptieren, dass andere Teams die Champions League gewinnen. Und Barça, mit Lionel, dem besten Spieler in der Geschichte des Spiels, hat kein Team, das wettbewerbsfähig genug ist, um sie zu gewinnen", berichtete Joan Laporta, zwischen 2003 und 2010 und inzwischen wieder gewählter Präsident des FC Barcelona. Messi wollte schon im Sommer aus der Asche seiner großen Barça-Generation fliehen, im fortgeschrittenen Fußballer-Alter von 33 Jahren noch einmal Teil von etwas Großem sein und nicht Teil eines schmerzhaften Neuaufbaus.

Die "Remuntada" wiederholt sich nicht

Nun könnte sich der Wind tatsächlich noch einmal drehen. Der FC Barcelona lieferte gegen den Vorjahresfinalisten, den Mauricio Pochettino in Abwesenheit von Superstar Neymar in Bestbesetzung ins Rennen geschickt hatte, ein starkes Spiel ab. Am Ende standen 72 Prozent Ballbesitz auf der Habenseite der Katalanen - und hätte nicht ausgerechnet Messi in der Nachspielzeit der ersten Hälfte einen Elfmeter zum möglichen 2:1 vergeben, wer weiß, ob sich nicht doch die Erinnerung an die "Remuntada" in die Knochen der Pariser geschlichen hätte.

Beinahe genau vier Jahre zuvor hatte Barça noch ein 0:4 aus dem Hinspiel mit einem rauschhaften 6:1 im Camp Nou vom Tisch gewischt. Die "Remuntada", die Wiederauferstehung, ist Teil der jüngeren Geschichte beider Klubs. Gereicht hat es diesmal nicht, weil Barça seine drückende Überlegenheit und mehrere gute Chancen nicht in Tore umwandeln konnte. Die sind nun mal die Hauptzutat für Fußball-Wunder. Aber der Glaube war da, die Hoffnung war bis tief in einer starke zweite Hälfte lebendig. Vielleicht das entscheidende Element für Messi, doch noch einen Sinneswandel bezüglich seiner Zukunft zu vollziehen? Koeman zumindest dürfte sich über die Werbung freuen, die sein Team im Umbruch in eigener Sache gemacht hatte: wettbewerbsfähig im Duell mit einer der besten Mannschaften der Welt.

Messis Wunsch, in Barcelona zu bleiben, ist stark, für einen Wechsel muss er gewaltige innere Widerstände überwinden, das ist klar. Sein Klub, dem er seit zwei Jahrzehnten dient, machte es ihm im vergangenen Jahr einfach: "Barçagate", die nach Überzeugung der Justiz von Ex-Präsident Josep Bartomeu mitbefeuerte Diffamierungskampagne auch gegen Messi, sorgte für schwere Zeiten, der sportliche Verfall des einstigen Großklubs unterstützte den Frust. Bartomeu ist seit seinem Rücktritt im November Klubgeschichte, "Barçagate" ein Fall für den Staatsanwalt. Nach einer Razzia, unter anderem in Büroräumen des FC Barcelona, musste Bartomeu eine Nacht in Haft verbringen. Messi, der immer wieder auf Bartomeu geschimpft hatte, dürfte ein wohliges Gefühl bei den Bildern gehabt haben.

"Wenn ich gehe, würde ich gerne zurückkehren"

Für Bartomeus Vorgänger und Nachfolger, Laporta, ist ein Verbleib Messis nun, mit seiner eigenen Wahl, nur noch ein wenig Fleisch entfernt: "Das löse ich auf einer Grillparty", hatte der 58-Jährige erst drei Tage vor der Abstimmung versichert. "Wir sind alle eine große Familie", betonte der künftige Boss, der sein Amt antreten darf, sobald die Liga die vorgeschriebene Bürgschaft in Höhe von gut 124 Millionen Euro (15 Prozent des Klub-Etats) gutheißt. Messi hatte zum ersten Mal seine Stimme bei der Wahl eines Klub-Präsidenten abgegeben, dass er dafür seinen ältesten Sohn Thiago dabei gehabt hatte, werte Laporta als besonderen Beweis der Zuneigung Messis.

Abseits des Platzes ist mit der Wahl Laportas das Feld bereitet. Bartomeu habe ihn "in vielen Dingen getäuscht, über die ich aber nicht reden möchte, da ich es nicht mag, über private Dinge zu sprechen, die vorgefallen sind und die gesagt, aber nicht eingehalten wurden", sagte Messi im Interview mit dem TV-Sender La Sexta Ende vergangenen Jahres, "aber ich kann versichern, dass es viele Dinge über viele Jahre waren." Messis Herz hängt an Stadt und Verein, als er seiner Familie von seinem Entschluss, Barça zu verlassen berichtete, habe es viele Tränen gegeben. "Wenn ich gehe, würde ich gerne irgendwann zurückkehren, um in der Stadt zu leben und im Verein zu arbeiten", versprach der Argentinier bei La Sexta.

Was auch immer nach der laufenden Saison passieren werde: "Alles wird immer überwunden und wir werden das Ende sehen." Möglicherweise ist in der Enttäuschung von Paris auch bei Lionel Messi der Glaube zurückgekehrt, dass sich seine nähere sportliche Zukunft ganz einfach bei einer Grillparty wird klären lassen.

Quelle: ntv.de


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