Unter Lebensgefahr geben zwei Syrerinnen der Welt Einblicke in den Alltag unter der Herrschaft des Islamischen Staat (IS). Sie filmen heimlich in ihrer Heimat, der IS-Hochburg Rakka, und lassen die Aufnahmen dem schwedischen Fernsehsender Expressen TV zukommen. Nun hat der Sender CNN das Material mit englischen Untertiteln veröffentlicht.
Die beiden Frauen bleiben während der Aufnahmen anonym - sollte der IS herausfinden, was sie getan haben, könnten sie als Verräterinnen zu Tode gesteinigt werden. Dennoch waren die mutigen Frauen bereit, das Risiko auf sich zu nehmen. Obwohl die versteckten Aufnahmen einer öffentlichen Hinrichtung zeigen, was in Rakka mit Menschen passiert, die sich den Anweisungen der Dschihadisten widersetzen.
Nur in männlicher Begleitung
Das Leben unter der Terrorherrschaft ist besonders für Frauen kaum zu ertragen. Zwar galt Rakka immer schon als eher konservative Stadt – Frauen durften dort allerdings immerhin studieren und sich alleine in der Öffentlichkeit bewegen. Inzwischen ist die Vollverschleierung obligatorisch und Frauen dürfen das Haus nur noch in männlicher Begleitung verlassen. Die Filmaufnahmen zeigen: An jeder Ecke lauern Spione des IS, die sämtliche Vergehen melden und – teils ohne Angaben von Gründen – hart bestrafen.
Die Syrerinnen haben ihre Kameras und Mikrofone unter der schwarzen Vollverschleierung versteckt und führen auf diese Weise heimlich Interviews, die zeigen, unter welchen Bedingungen sie den alltäglichsten Dingen nachgehen. Ähnliche Aufnahmen gelangen immer wieder durch die syrischen Aktivisten des Netzwerks "Raqqa Is Being Slaughtered Silently" ins Ausland. Ihre Mitglieder werden vom IS unerbittlich gejagt.
Die Frauen fragen einen Taxifahrer, ob er Frauen ohne männliche Begleitung in seinem Auto mitnehmen würde. "Sie würden das Auto stoppen und einen mit 30 Peitschenhieben bestrafen. Die Frau würde auch bestraft", antwortet er. Dann erzählt er, wie die Dschihadisten ihn zwangen, eine Vollverschleierung für seine Tochter zu kaufen. Dabei sei diese noch ein kleines Kind, klagt er.
"Ich will die Dunkelheit loswerden"
Die grausige Ideologie des IS macht vor kaum einem Teil des öffentlichen Lebens Halt. Selbst vor der Drogerieabteilung eines Supermarktes nicht. Eine der Filmerinnen fragt nach einem Haarfärbemittel: Sie bekommt aus der Türkei importierte Packungen gezeigt – die Gesichter der Models auf den Verpackungen sind jedoch schwarz übermalt. "Musstet ihr die Gesichter übermalen?", wird der Verkäufer gefragt. "Ja, mussten wir."
Schwarz in Form von Dunkelheit scheint der ständige Begleiter von Frauen unter der Terrorherrschaft der Dschihadisten: "Ich will die Vollverschleierung endlich wieder loswerden und die Dunkelheit, die uns umhüllt", sagt eine von ihnen. "Ich will leben, wie ich will. Ich will allein aus dem Haus gehen können, in Freiheit, ohne einen männlichen Begleiter". Und stellt fest: "Freiheit ist das wichtigste", dann bricht die Aufnahme ab.
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